Synonym(e)
Definition
Januskinase-(JAK-)Inhibitoren sind i.A. oral applizierbare, vereinzelt auch lokal applizierbare, entzündungshemmende, selektiv immunmodulierende und antiproliferative Wirkstoffe. Sie hemmen intrazelluläre Signalwege, die im Netzwerk der inflammatorischen Zytokine von zentraler Bedeutung sind. Strukturell zeichnen sich Januskinase-Inhibitoren durch Stickstoff-Heterozyklen aus, die häufig kondensiert sind. Ist der JAK- Signalweg auf zellulärer Ebene blockiert, hemmt diese Blockade indirekt die Zytokinwege. Die Rezeptoren im JAK/STAT-Signalweg sind Proteine, die extrazellulär mit Liganden interagieren. Die wichtigsten sind dabei die von Zellen sezernierten Zytokine (Glykoproteine). Die Zytokine werden hinsichtlich der Klassifikation der Rezeptoren an die sie sich binden, in:
- Klasse I Zytokine (Interleukin-2-Familie/Interleukin-6-Familie sowie die Interleukine-12,-13,-23, TLP u.a.)
- und
- Klasse II Zytokine (Typ I-, II- und Typ III-Interferone), Interleukin-10-Familie)
unterteilt.
Die Zytokinrezeptoren an die sie binden, bestehen aus mehreren, meistens 2 transmembranösen Proteinketten (Hetero- und Homodimere) mit einem extrazellulären und einem zytosolischen Anteil. Die zytosolischen Anteile bestehen aus mehreren strukturellen Domänen, die auch als „Motive“ bezeichnet werden und Bindungsstellen für JAK und STAT aufweisen. Bei einigen Rezeptorketten finden sich zwischen dem JAK-und dem STAT-Bindungsmotiv Bindungsstellen für inhibitorische Regulatorproteine, wie z.B. die SOCS-Proteine.
Da die JAK/STAT-Signalübertragung sehr dynamisch abläuft und eine rasche Transmission von der Zellmembran in den Zellkern mit komplex organisierter Antwort erfolgt, bedarf es sowohl aktivierender als auch regulierender Faktoren. Zu den regulierenden Faktoren gehören die SOCS-Proteine (SOCS1-7; CIS). Diese werden durch STAT induziert und sind die wichtigsten Rückkopplungs-Inhibitoren des JAK/STAT-Signalwegs.
Januskinase-(JAK-)Inhibitoren können mehrere Entzündungs-induzierende Zytokine z.B. Interleukin-6, Interleukin-12, Interleukin-13 gleichzeitig blocken, anders als klassische direkte Zytokininhibitoren (Biologika) die nur ein spezifisches Zytokin, z.B. Il-13,Il-17,IL-23 hemmen. Je nach dem welches JAK-Rezeptorpaar blockiert wird, werden eine Vielzahl von Zytokinen blockiert. Dies führt zu einem größeren Spektrum an Nebenwirkungen, aber auch zu einem „Mehr“ an Einsatzmöglichkeiten, was für ihren klinischen Einsatz relevant ist.
Biologika (z.B. TNF-alpha-Antagonisten) verhindern außerhalb der Zelle das Andocken von inflammatorischen Botenstoffen an spezifische Zellrezeptoren. Januskinase-Hemmer wirken breiter, weil sie durch die Hemmung des Kinase-Weges mehrere Zytokine zugleich modulieren.
Einteilung
Vier Mitglieder der JAK-Familie werden unterschieden:
Die Januskinase-Inhibitoren-haben eine unterschiedliche Selektivität. Entsprechend ihrer unterschiedlichen Selektivität kann folgende Einteilung vorgenommen werden. Zur ersten Generation (alpha-Gruppe) gehören kleine Moleküle wie Baricitinib und Tofacitinib, die als nicht-selektive Inhibitoren von JAK wirken. Sie weisen untereinander eine molekulare Ähnlichkeit auf.
Die Medikamente der zweiten Generation (Beta-Gruppe) wie Filgotinib und Upadacitinib hingegen haben eine höhere selektive inhibitorische Wirkung gegen JAK. Dieser Unterschied in der Selektivität der beiden Generationen ist mit einigen Unterschieden in ihrer Sicherheit und Wirksamkeit verbunden.
Alpha-Gruppe der JAK-Inhibitoren:
- Baricitinib - Olumiant®
- Ruxolitinib - Jakavi®
- Tofacitinib - Xeljanz®
Beta-Gruppe der JAK-Inhibitoren:
- Abrocitinib - Cibinqo®
- Deucravacitinib - Sotyktu®
- Filgotinib - Jyselecta®
- Upadacitinib - Rinvoq®
Auch interessant
Pharmakodynamik (Wirkung)
Der Janus-Kinase-Signaltransduktor und Transkriptionsaktivator (JAK-STAT) ist ein wichtiger Entzündungsweg bei einer Reihe von dermatologischen, hämatologischen und rheumatologischen Erkrankungen und JAK-Inhibitoren sind eine neue Behandlungsoption für diese Erkrankungen. Baricitinib und Ruxolitinibphosphat wirken auf JAK1 und JAK2, Fedratinibhydrochlorid wirkt auf JAK2, Tofacitinibcitrat wirkt auf JAK1, JAK2 und JAK3, Ritlecitinib auf JAK3, Upadacitinib und Abrocitinib wirken nur auf JAK1 und Deucravacitinib hemmtt allosterisch nur TYK2 (Tyrosinkinase 2).
Bemerkung: Bei der allosterischen Inhibition wird nicht das aktive Zentrum des Rezeptors blockiert sondern der JAK-Hemmer bindet an einer anderen Stelle des Moleküls. Die Folge ist, dass die Kinase ihre molekulare Struktur verändert. Das Substrat passt nicht mehr ins aktive Zentrum. Die Aktivität sinkt!
Pharmakokinetik
Die Verteilung der einzelnen JAK-Inhibitoren wird nach Erlangen einer biochemischen Bioverfügbarkeit in unterschiedlicher Weise von der Plasmaeiweißbindungsrate beeinflusst. Sie ist je nach Vertreter unterschiedlich. Um den Ort der Wirkung zu erreichen, müssen die JAK-Inhibitoren jedoch ungebunden vorliegen. Deshalb interagieren sie in unterschiedlicher Weise mit versch. Arzneistofftransportern (Carrierproteine). Diese erhöhen den Konzentrationsgradienten (solute carriers/SLC) oder transportieren aktiv unter ATP- Verbrauch (ATP-binding cassette/ABC). SLC dienen bevorzugt der Aufnahme (Uptake), ABCs der Abgabe (Efflux) von Arzneimitteln (so auch bei JAK-Inhibitoren) in und aus der Zelle. Für Baricitinib und Upadacitinib fungiert z.B. als Transporter das BCRP (Breast cancer resistance protein). Die „organic anionic transporter 1und 3 (OAT1/3) transportieren Tofacitinib. Einzelne Transportproteine können jedoch auch durch JAK-Inhibitoren gehemmt werden (OCT1/2 durch Abrocitinib) (Veeravilli V et al. 2020). Auch Ruxolitinib inhibiert im Darm beide Transporterproteine (OAT1/3) wodurch die Transportkapazität für andere Arzneistoffe (z.B. Ciclosporin) gehemmt werden kann. JAK-Inhibitoren können auch die Expression von Transportproteinen funktionsabhängig regulieren. Beispielhaft gilt dies für Ruxolitinib und PXR (pregnance X receptor) (Alim K et al. 2021). Wichtig ist, dass die Wirkung der JAK-Inhibitoren wesentlich von ihrer Haftung an die Bindungstasche ihrer Rezeptoren abhängig ist. Dieses Zeitfenster wird als „resident time“ bezeichnet.
Die Metabolisierung von JAK-Inhibitoren findet in unterschiedlichem Umfang im endoplasmatischen Retikulum in Hepatozyten und nach epikutaner Applikation auch in Keratinozyten statt. Die bestimmende Reaktionspartner sind die Monooxygenasen des Cytochrom P450-Systems (CYP). In einem zweiten Reaktionsschritt werden die Oxydationsprodukte über die eingeführten funktionellen Gruppen mit wasserlöslichen Molekülen, z.B. Glucuronsäure verbunden und können somit renal oder fäkal ausgeschieden werden. Die Cytochom-P450-Systeme weisen zahlreiche Untertypen auf. Am häufigsten greift der Untertyp CYP3A4, seltener der Untertyp CYP2C19 in die Metabolisierung ein. Die Vertreter der Beta-Gruppe der Januskinasen werden hauptsächlich über CYP3A4 metabolisiert, z.T. auch über CYP2D6 (Upadicinib). Die Biotransformation der JAK-Inhibitoren kann auch durch Interaktionen der Pharmakokinetik mit bestimmten ko-applizierten Arzneistoffen verändert werden. Die Vertreter der JAK-Alpha-Gruppe sind dafür weniger sensibel. Die Vertreter der Beta-Gruppe hingegen konkurrieren mit den CYP2C19-Inhibitoren wie Fluvoxamine oder Fluconazol. Die Anwendung von Abrocitinib gilt bei gleichzeitiger Gabe von Rifampicin (CYP3A4-Induktor) als kontrainduziert. Für Upadacitinib wird eine Dosisreduktion bei gleichzeitiger Gabe von CYP3A4-Inhibitoren (z.B. Ketoconazol) empfohlen.
Indikation
Die umfangreichste Studienlage gibt es in den Indikationen: Atopische Dermatitis, Psoriasis und Psoriasisarthritis, Alopecia areata, chronisches Handekzem, Vitiligo. Die Indikationen im Einzelnen:
Dermatologische Indikationen:
- Upadacitinib (Atopische Dermatitis, Rheumatoide Arthritis, Psoriasisarthritis, Ankylosierende Spondylitis)
- Abrocitinib (Atopische Dermatitis)
- Baricitinib (Atopische Dermatitis, Alopecia areata)
- Ritlecitinib (Alopecia areata)
- Delgocitinib (Atopische Dermatitis, chronisches Handekzem)
- Ruxolitinib (systemisch bei Myelofibrose (MF) und Polycythaemia vera; topisch bei nichtsegmentaler Vitiligo und bei atopischer Dermatitis)
- Deucravacitinib (Psoriasis vulgaris)
- Bemerkung: Aufgrund ihrer physikochemischen Eigenschaften werden JAK-Inhibitoren sowohl systemisch als auch topisch angewendet. Der Molmassenbereich von 300-400g/mol lässt auf eine kutane Bioverfügbarkeit schließen, wobei die topische Effizienz auch von der der galenischen Formulierung und den erheblichen Unterschieden in der Löslichkeit abhängen.
Rheumatologische Indikationen:
- Tofacitinib (Rheumatoide Arthritis; Colitis ulcerosa; Psoriasisarthritis)
- Filgotinib (Rheumatoide Arthritis)
Hämatologische Indikationen:
- Fedratinib (Splenomegalie sowie bei der primären und sekundären Myelofibrose)
Schwangerschaft/Stillzeit
Der Einsatz von JAK-Hemmern ist nach derzeitigem Wissensstand nicht erlaubt.
Unerwünschte Wirkungen
Allg. Information: Eine Überprüfung der EMA hat ergeben, dass Januskinase (JAK)-Inhibitoren zur Behandlung chronisch-entzündlicher Erkrankungen (rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis, juvenile idiopathische Arthritis, axiale Spondyloarthritis, Colitis ulcerosa, atopische Dermatitis, Alopecia areata uhnd Vitiligo) im Vergleich zu TNF-alpha-Inhibitoren mit einem höheren Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse, venöse Thromboembolien (VTE), bösartige Erkrankungen, schwere Infektionen und einer höheren Gesamtmortalität verbunden sind (BfArM-Risikoinformationen)! Prinzipiell ist das Nebenwirkungsrisiko ist wie bei allen JAK-Inhibitoren und den Biologika ähnlich: An erster Stelle steht das erhöhte Infektionsrisiko.
Im Gegensatz zu den etablierten Biologika wie den TNF-alpha-Antagonisten kommt es unter der Therapie mit Januskinase-Inhibitoren zu einer erhöhten Rate an Varizella-zoster-Reaktivierungen – vor allem beim Einsatz höherer Dosierungen. In einer aktuellen Metaanalyse mit fast 6. 000 Patienten ergab sich ein generelles Risiko von 3,2 für Herpes-zoster-Infektionen je 100 Patientenjahre. Die relativen Risiken für die einzelnen Januskinase-Inhibitoren betragen circa 2,0 für Tofacitinib, 3,2 für Baricitinib und 3,0 für Upadacitinib.
Thromboserisiko: Für Tofacitinib (Xeljanz) besteht für die höhere Dosierung von 2 x 10 mg/Tag ein Warnhinweis. Für die anderen JAK-Hemmer scheint dieses Risiko weniger zu bestehen.
Akne: In zahlreichen klinischen Studien wird Akne als UAW mit einer JAK-Inhibitoren-Therapie in Verbindung gebracht. Über die Gesamtinzidenz von Akne unter JAK-Inhibitoren gibt es keine gesicherten Daten. Die Daten einer Metaanalyse zeigen einen signifikanten Anstieg der Akne-Inzidenz beim Einsatz kombinierter JAK1- und JAK2-Inhibitoren sowie mit dem TYK2-Inhibitor Deucravacitinib (Martinez J et al. 2023).
Hautkrebs: Nicht auszuschließen ist ein zusätzliches Risiko für die Entwicklung von Hautkrebs in Verbindung mit einer JAKi-Therapie. Diskutiert wird ein erhöhtes Risiko für Merkelzell-Karzinome (Jalles C et al. 2022).
Langzeiteffekte: Versch. Autoren berichten, dass die Notwendigkeit einer Chemotherapie bei Patienten die zuvor JAK-Inibitoren eingenommen hatten, deutlich erhöht war (Harada T et al. 2021)!
Wechselwirkungen
Viele Januskinase-Inhibitoren sind Substrate von CYP450-Isoenzymen und es sind Wechselwirkungen mit CYP-Inhibitoren und -Induktoren möglich. Immunsuppressiva können die unerwünschten Wirkungen der JAK-Inhibitoren verstärken.
Präparate
- Baricitinib - Olumiant®
- Fedratinib - Inrebic®
- Ruxolitinib - Jakavi®
- Tofacitinib - Xeljanz®
- Upadacitinib - Rinvoq®
- Abrocitinib - Cibinqo ®
Weitere Vertreter:
- Oclacitinib - Apoquel® - Tierarzneimittel
Hinweis(e)
Wie bei allen Dauertherapien, die das Immunsystem beeinträchtigen, müssen regelmäßige Kontrolluntersuchungen im Labor erfolgen (Blutbild, Lipidstoffwechsel, Leber, Niere) und auch Auffälligkeiten unbedingt abgeklärt werden. Januskinase-Hemmer sind mit Vorsicht anzuwenden, wenn viel zu wenige rote Blutkörperchen vorliegen (starke Anämie), da JAK-Hemmer diesen Effekt verstärken können.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

- Alim K et al. (2021) Interactions of janus kinase inhibitors with drug transporters and consequences for pharmacokinetics and toxicity. Expert Opin Drug Metab Toxicol 17:259-271
- Fleischmann R et al. (2012) Placebo-controlled trial of tofacitinib monotherapy in rheumatoid arthritis. N Engl J Med 367:495–507.
- Harada T et al. (2021) Outcomes of methotrexate-associated lymphoproliferative disorders in rheumatoid arthritis patients treated with disease-modifying anti-rheumatic drugs. Br J Haematol 194:101-110.
- Jalles C et al. (2022) Skin cancers under Janus kinase inhibitors: A World Health Organization drug safety database analysis. Therapie 77:649-656.
- Martinez J et al. (2023) Janus Kinase Inhibitors and Adverse Events of Acne: A Systematic Review and Meta-Analysis. JAMA Dermatol 159:1339-1345.
- O'Shea JJ et al. (2013) Janus kinase inhibitors in autoimmune diseases. Ann Rheum Dis 72 Suppl 2: ii111-115
- Pavithran K et al. (2012) Janus kinase inhibitors: jackpot or potluck? Oncol Rev 6: e13
- Prechter F et al. (2019) Januskinase-Inhibitoren: Therapie mit Wermutstropfen: Reaktivierung von Herpes zoster. Dtsch Arztebl 116: A-1540 / B-1271 / C-1251.
- Triyangkulsri K et al. (2018) Role of janus kinase inhibitors in the treatment of alopecia areata. Drug Des Devel Ther 12: 2323-2335
- Tsai SY et al. (2024) Comparative safety of oral Janus kinase inhibitors versus dupilumab in patients with atopic dermatitis: A population-based cohort study. J Allergy Clin Immunol 154:1195-1203.e3.
- van Vollenhoven RF et al. (2012) Tofacitinib or adalimumab versus placebo in rheumatoid arthritis. N Engl J Med 367:508–519.
- Veeravalli V et al. (2020) Critical Assessment of Pharmacokinetic Drug-Drug Interaction Potential of Tofacitinib, Baricitinib and Upadacitinib, the Three Approved Janus Kinase Inhibitors for Rheumatoid Arthritis Treatment. Drug Saf 43:711-725.