Synonym(e)
Definition
Sehr seltene hereditäre Genodermatose, die durch die Kombination aus Ichthyosis linearis circumflexa, Haarschaftanomalien (Bambus-Haare = Trichorrhexis invaginata), erhöhte IgE-Spiegel und Immundefizienz mit Gedeihstörungen gekennzeichnet ist. Fakultativ assoziiert sind u.a. Störungen im Aminosäurestoffwechsel, evtl. Oligophrenie u. zerebrale Krampfanfälle.
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Vorkommen/Epidemiologie
Die Inzidenz liegt bei 1:200.000; die Prävalenz bei 1:100.000; bis heute sind etwa 150 Patienten mit Netherton-Syndrom (Comèl-Netherton-Syndrom) beschrieben worden.
Ätiopathogenese
Autosomal-rezessiver Erbgang. Nachgewiesen wurde Mutationen des SPINK5 Gens (5q31-q32), das LEKTI kodiert, ein Serin-Protease Inhibitor. LEKTI wird in Epithelien, Thymus, Tonsillen, Nebenschilddrüse und Trachea exprimiert. Weiterhin kann es im Stratum corneum und granulosum sowie in den Hautanhangsgebilden nachgewiesen werden. Dieses Protein inhibiert eine Reihe von Serin-Proteasen, wie Plasmin, Trypsin, Subtilisin A, Cathepsin G oder Elastase. Die durch eine LEKTI-Defizienz verusachte "Hyperaktivität" dieser proteolytischen Enyzme führt zu einer wesentlichen Störung der Funktion der epidermalen Barriere. Dies erfolgt über eine gesteigerte Degradierung von Desmoglein 1 und einen gesteigerten Abbau von Desmosomen. Die gestörte Hautbarriere erleichtert das Eindringen von Allergenen in die Haut.
Bemerkung: Die besondere Expression des SPINK5-Gens im Thymus führt zu einer fehlerhaften T-Zell-Differenzierung, einer konsekutiven unbalanzierten Th2-Antwort und einem stark erhöhten IgE (es bestehen Analogien zum Hyper-IgE-Syndrom) .
Klinisches Bild
Integument: Häufig im Kindesalter mit einer kongenitalen ichthyotischen Erythrodermie beginnend, die sich im heranwachsenden Alter bei klinisch milden Fällen zu einer Ichthyosis linearis circumflexa rückentwickeln kann. Hierbei Ausbildung großflächiger, häufig zirzinär begrenzter, wandernder, girlandenartig begrenzter, braunroter oder roter, von einer doppelten Schuppenleiste gesäumten, oberflächenrauer, schuppender Plaques. Unterschielidch starker Juckreiz in der befallenen Haut. Lichenifikation der großen Gelenkbeugen. Zeitweilig Blasenbildung möglich.
Obligat sind begleitende Haarschaftanomalien ( Bambus-Haare, Trichorrhexis nodosa, Pili torti), Alopezie, Rhagaden im Mundwinkelbereich sowie Papillome im Genitalbereich.
Nachweis einer erhöhten Aktivität der sauren Phosphatasen, β-Glucuronidase, Transglutaminase in Hautschuppen.
Extrakutane Manifestationen: Gefürchtet sind rezidivierende Superinfektionen mit Septikämien als Folge eines Immundefektes.
Nahezu obligat sind Typ I Sensibilisierungen auf Nahrungsmittel und Umweltallergene.
Labor
Histologie
Differentialdiagnose
Therapie
Eine kausale Therapie existiert nicht. Insofern ist je nach Aktuitätsgrad der Hauterscheinung eine symptomatische Therapie angezeigt.
Therapie allgemein
Interne Therapie (Ergänzung):
Einzelfallberichte weisen auf eine gute Wirksamkeit von Dupilumab bei NS hin (Off-Label Use). Die Dosierung entspricht dabei der zugelassen Dosierung für die atopische Dermatitis (Initial 600mg s.c., gefolgt von alle 14 Tage 300mg).
Externe Therapie
Bewährt haben sich Harnstoff/ Milchsäure/Polidocanol-haltige Salben, Cremes oder Lotionen sowie Ammoniumlaktat-haltige Externa (z.B. Kerapil, Optiderm, rp. 102 , rp. 104 , rp. 113 ).
Eine Anwendung von lokalen Retinoiden, z.B. Tazarotene, z.B. Zorac 0,05% oder 0,1% kann versucht werden. Therapielimitierend ist ihr irritierendes Potential.
Ein Versuch mit Tacrolimus (Protopic) ist lohnenswert.
Interne Therapie
Hinweis(e)
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

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Verweisende Artikel (19)
Bambus-Haare; Cathepsine; Comèl, Marcello; Comel-Netherton-Syndrom; Comèl-Netherton-Syndrom; Eosinophilie, Hautveränderungen; Erythrodermia desquamativa; Erythrodermie neonatale; Erythrokeratodermia progressiva symmetrica; Harnstoff-Creme hydrophile 5 oder 10% (NRF 11.71.); ... Alle anzeigenWeiterführende Artikel (21)
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