Synonym(e)
Definition
Infektion der Haut mit Mycobacterium tuberculosis gefolgt von den selteneren Auslösern M.bovis und BCG-Bacillus (=attenuierter M-bovis-Stamm zur Impfung) - s.a. Tabelle 1.
- Exogen: Als Folge eines Primär- oder Superinfektes.
- Endogen: Durch lymphogene bzw. hämatogene Ausbreitung.
Auch interessant
Erreger
Erreger: Mycobacterium tuberculosis Komplex.
Hierzu gehören follgende Spezies:
- (M.) tuberculosis (99%; Mensch als Reservoir)
- M. bovis (Rindertuberkulose)
- M. africanum (Mensch als Reservoir, s. Mykobakterien).
Einteilung
Folgende klinisch kutane Tuberkulosevarianten (s.u. Tuberkulose) können als Entitäten klinisch morphologisch unterschieden werden:
- Tuberculosis cutis luposa (Lupus vulgaris)
- Tuberculosis cutis colliquativa
- Tuberculosis cutis miliaris disseminata
- Tuberculosis cutis verrucosa (Schlachtertuberkel)
- Tuberculosis fungosa serpiginosa
- Tuberculosis ulcerosa mucosae et cutis
- Tuberculosis subcutanea et fistulosa
-
Tuberkulide
- Erythema induratum Bazin (Noduläre Vaskulitis)
- Lichenoides Hauttuberkulid (Tuberculosis cutis lichenoides)
- Papulonekrotisches Tuberkulid
Vorkommen/Epidemiologie
Schätzungsweise 1/3 der Menschheit ist mit Tuberkuloseerreger infiziert. Etwa 15% der Infizierten erkranken relevant an aktiver Tuberkulose. Etwa 95% der Erkrankungs- und Todesfälle betreffen die Entwicklungsländer. Hierfür ist neben dem allg. Ernährungszustand die hohe HIV-Durchseuchung verantwortlich.
Die durchschnittliche Inzidenz liegt in Deutschland bei 5,4/100.000 Einwohner/Jahr. Sie ist bei versch. Risikogruppen (HIV-Infizierte, Immunsuppressionen, Drogenabhängige, Unterernährte, Migranten aus Hochrisikoländern) deutlich höher.
Tbc ist die häufigste Todesursache bei AIDS-Patienten. Zum zunehmenden Problem werden multiresistente (MDR= multidrug-resistant tuberculosis = Resistenz gegen mindestens INH+RMP) Tuberkulosen (die Zahl der Infizierten wird weltweit auf 50 Mio Menschen geschätzt). Länder mit hoher Belastung durch MDR-Tuberkulosen sind (gemäß WHO, Stand 2013: Äthiopien, Armenien, Aserbaidschan, Bangladesch, Bulgarien, China, Kongo, Estland, Georgien, Indien, Indonesein, Kasachstan, Kirgistan, Lettland, Litauen, Moldawien, Myanmar, Nigeria, Pakistan, Philippinen, Russland, Südafrika, Tadschikistan, Ukraine, Usbekistan, Vietnam, Weißrussland). Auf den Philippinen lag die Inzidenz im Jahre 2016 bei 544 Fällen pro 100.000 Einwohnern (Veronese F et al. 2020).
Verteilungsmuster und Prävalenzen der unterschiedlichen Entitäten:
- Tuberculosis cutis colliquativa: relativ hohe Prävalenz in endemischen Gebieten von 50 -70% - vs. 2,8% in nicht-endemischen Gebieten
- Tuberkulöse Gummen: 0%-13% der kutanen Tuberkulosen; bei unterernährten oder immunsupprimierten Patienten
- Tuberculosis cutis luposa: in Europa die häufigste Form der Hauttuberkulose (45-63%)
- Tuberculosis cutis verrucosa: 3%-19% der Hauttuberkulosen, Pat. mit guter Immunitätslage
- Tuberculosis mucosae: 2,1% der Hauttuberkulosen, Pat. mit schlechter Immunitätslage
- Tuberkulide
- Erythema induratum Bazin (Tuberkulid): 18,7% -40% der kutanen Tuberkulosen. Vermehrt in Japan und China.
- Lichenoides Hauttuberkulid: variabele Prävalenzen, 0,1% der kutanen Tuberkulosen in Japan vs. 33% in Indien.
-
Papulonekrotisches Tuberkulid: 3%-12,8% der kutanen Tuberkulosen. V.a.Kinder und junge Erwachsene.
Diagnose
Die Diagnosestellung der kutanen Tuberkulose umfasst immunologische Tests, direkte Erregernachweismethoden, Resistenztestungen sowie die Ausbreitungsdiagnostik (Gramminger C et al. 2025). Beweisend ist der Erregernachweis in Kultur oder PCR aus Biopsiematerial. Mittels PCR ist neben dem Keimnachweis ebenfalls der Nachweis häufiger Resistenzmutationen möglich. Bei multibazillären Formen (im Gegensatz zu den paucibazillären) gelingt der Erregernachweis meist. Eine sofortige Isolierung der Patienten ist notwendig.
Histologisch lassen sich die säurefesten Stäbchen erst ab einer ausreichenden Keimzahl z.B. mittels Ziehl-Neelsen-Färbung nachweisen.
Immunologische Tests (Tuberkulin-Hauttest oder T-Spot) zeigen ob sich der Organismus bereits immunologisch mit Tuberkulose auseinandergesetzt hat. Beim T-Spot werden im Blut zirkulierende Lymphozyten mit Antigenen des M-tuberculosis-Komplexes inkubiert und anschließend die gamma-Interferon-Freisetzung gemessen.
Therapie
Grundsätzlich ist die Therapie der Hauttuberkulose identisch zur Lungentuberkulose. Auch hier gilt die Sensibilitätstestung vor Therapieeinleitung als obligatorisch. Für Erwachsene bleibt die empfohlen Standardtherapie unverändert aus einer Kombination von Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid für zwei Monate, gefolgt von einer viermonatigen Weiterbehandlung mit Isoniazid und Rifampicin. Dabei ist eine regelmäßige Überwachung der häufigsten Nebenwirkungen (Hepatitis, Neuritis, Neuropathie, Hyperurikämie, Thrombozytämie) erforderlich. Im Behandlungsregime wird nicht zwischen Tuberkuliden oder anderen kutanen Tuberkuloseformen unterschieden. Ein Therapieerfolg ist nach 4-6 Wochen zu erwarten, mit einem vollständigen Abheilen der Läsion nach 1-5 Monaten.
Weltweit nimmt die Antibiotikaresistenz gegen Tuberkulose zu. In Deutschland bleibt die Situation mit einer Resistenzrate von 5,7 % im Jahr 2022 bisher stabil niedrig (Gramminger C et al. 2025).
Besondere Bedeutung kommt der multiresistenten Tuberkulose (MDR – TBC) zu, bei der Resistenzen gegen die beiden Hauptmedikamente Isoniazid und Rifampicin vorliegen. Aktuell wird für die MDR – TBC eine mindestens sechsmonatige Therapie mit Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid, Moxifloxacin (BPaLM-Regime) empfohlen. Eine Monoresistenz gegen Rifampicin wird analog zur MDR – TBC behandelt.
Zu den zusätzlichen Resistenzen zählen die prä – XDR – TBC, bei der Resistenzen gegen Isoniazid, Rifampicin und Fluorchinolone vorliegen, sowie die XDR-TBC, die zusätzlich Resistenzen gegen Bedaquilin oder Linezolid aufweist.
Weitere Einzelheiten s. u. dem jeweiligen, unter Definition aufgeführten klinischen Formen.
Tabellen
Kutane Tuberkulosen
Genese |
Form/Ausbreitung |
Krankheitsbild |
|
|
|||
Exogen |
Inokulationstuberkulose |
Tuberkulöser Primärkomplex |
|
Tuberculosis cutis verrucosa |
|||
Tuberculosis cutis luposa (teilweise) |
|||
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|||
Endogen |
Sekundäre Tuberkulose |
per continuitatem |
Tuberculosis cutis miliaris disseminata |
per Autoinokulation |
Tuberculosis cutis colliquativa (Scrofuloderm) |
||
Periorifizielle Tuberkulose |
|||
|
|||
Hämatogene Tuberkulose |
Tuberculosis cutis miliaris disseminata |
||
Tuberculosis cutis luposa |
|||
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Tuberkulide |
mikropapulös |
Lichen scrophulosorum |
|
papulös |
Papulonekrotisches Tuberkulid |
||
nodös |
Erythema induratum (Bazin) |
||
Knotige Vaskulitiden (teilweise) |
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

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-
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Verweisende Artikel (9)
Dermatitis perianalis fistulosa; Glukortikosteroide topische; Hauttuberkulose; Inokulations-Tbc; Primärkomplex, tuberkulöser der Haut; Rehabilitation, dermatologische; Tuberculosis cutis luposa; Tuberculosis primaria cutis; Zirkumzisionstuberkulose;Weiterführende Artikel (17)
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