Tuberculosis cutis (Übersicht) A18.4

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 24.08.2025

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Synonym(e)

Hauttuberkulose; kutane Tuberkulose; Primärkomplex tuberkulöser der Haut; Tuberculosis primaria cutis

Erstbeschreiber/Historie

Koch, 1882

Definition

Infektion der Haut mit Mycobacterium tuberculosis gefolgt von den selteneren Auslösern M.bovis und BCG-Bacillus (=attenuierter M-bovis-Stamm zur Impfung) -  s.a. Tabelle 1.

  • Exogen: Als Folge eines Primär- oder Superinfektes.
  • Endogen: Durch lymphogene bzw. hämatogene Ausbreitung.

Erreger

Erreger:  Mycobacterium tuberculosis Komplex.

Hierzu gehören follgende Spezies:  

  • (M.) tuberculosis (99%; Mensch als Reservoir)
  • M. bovis (Rindertuberkulose)
  • M. africanum (Mensch als Reservoir, s. Mykobakterien).

Vorkommen/Epidemiologie

Schätzungsweise 1/3 der Menschheit ist mit Tuberkuloseerreger infiziert. Etwa 15% der Infizierten erkranken relevant an aktiver Tuberkulose. Etwa 95% der Erkrankungs- und Todesfälle betreffen die Entwicklungsländer. Hierfür ist neben dem allg. Ernährungszustand die hohe HIV-Durchseuchung verantwortlich.

Die durchschnittliche Inzidenz liegt in Deutschland bei 5,4/100.000 Einwohner/Jahr. Sie ist bei versch. Risikogruppen (HIV-Infizierte, Immunsuppressionen, Drogenabhängige, Unterernährte, Migranten aus Hochrisikoländern) deutlich höher. 

Tbc ist die häufigste Todesursache bei AIDS-Patienten. Zum zunehmenden Problem werden multiresistente (MDR= multidrug-resistant tuberculosis = Resistenz gegen mindestens INH+RMP) Tuberkulosen (die Zahl der Infizierten wird weltweit auf 50 Mio Menschen geschätzt). Länder mit hoher Belastung durch MDR-Tuberkulosen sind (gemäß WHO, Stand 2013: Äthiopien, Armenien, Aserbaidschan, Bangladesch, Bulgarien, China, Kongo, Estland, Georgien, Indien, Indonesein, Kasachstan, Kirgistan, Lettland, Litauen, Moldawien, Myanmar, Nigeria, Pakistan, Philippinen, Russland, Südafrika, Tadschikistan, Ukraine, Usbekistan, Vietnam, Weißrussland). Auf den Philippinen lag die Inzidenz im Jahre 2016 bei 544 Fällen pro 100.000 Einwohnern (Veronese F et al. 2020).   

Verteilungsmuster und Prävalenzen der unterschiedlichen Entitäten:

  • Tuberculosis cutis colliquativa: relativ hohe Prävalenz in endemischen Gebieten von 50 -70% - vs. 2,8% in nicht-endemischen Gebieten
  • Tuberkulöse Gummen: 0%-13% der kutanen Tuberkulosen; bei unterernährten oder immunsupprimierten Patienten 
  • Tuberculosis cutis luposa: in Europa die häufigste Form der Hauttuberkulose (45-63%)
  • Tuberculosis cutis verrucosa: 3%-19% der Hauttuberkulosen, Pat. mit guter Immunitätslage
  • Tuberculosis mucosae: 2,1% der Hauttuberkulosen, Pat. mit schlechter Immunitätslage
  • Tuberkulide
    • Erythema induratum Bazin (Tuberkulid): 18,7% -40% der kutanen Tuberkulosen. Vermehrt in Japan und China.
    • Lichenoides Hauttuberkulid: variabele Prävalenzen, 0,1% der kutanen Tuberkulosen in Japan vs. 33% in Indien.
    • Papulonekrotisches Tuberkulid: 3%-12,8% der kutanen Tuberkulosen. V.a.Kinder und junge Erwachsene. 

Diagnose

Die Diagnosestellung der kutanen Tuberkulose umfasst immunologische Tests, direkte Erregernachweismethoden, Resistenztestungen sowie die Ausbreitungsdiagnostik (Gramminger C et al. 2025). Beweisend ist der Erregernachweis in Kultur oder PCR aus Biopsiematerial. Mittels PCR ist neben dem Keimnachweis ebenfalls der Nachweis häufiger Resistenzmutationen möglich. Bei multibazillären Formen (im Gegensatz zu den paucibazillären) gelingt der Erregernachweis meist. Eine sofortige Isolierung der Patienten ist notwendig.     

Histologisch lassen sich die säurefesten Stäbchen erst ab einer ausreichenden Keimzahl z.B. mittels Ziehl-Neelsen-Färbung nachweisen.

Immunologische Tests (Tuberkulin-Hauttest oder T-Spot) zeigen ob sich der Organismus bereits immunologisch mit Tuberkulose auseinandergesetzt hat. Beim T-Spot werden im Blut zirkulierende Lymphozyten mit Antigenen des M-tuberculosis-Komplexes inkubiert und anschließend die gamma-Interferon-Freisetzung gemessen.   

 

Therapie

Grundsätzlich ist die Therapie der Hauttuberkulose identisch zur Lungentuberkulose. Auch hier gilt die Sensibilitätstestung vor Therapieeinleitung als obligatorisch. Für Erwachsene bleibt die empfohlen Standardtherapie unverändert aus einer Kombination von Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid für zwei Monate, gefolgt von einer viermonatigen Weiterbehandlung mit Isoniazid und Rifampicin. Dabei ist eine regelmäßige Überwachung der häufigsten Nebenwirkungen (Hepatitis, Neuritis, Neuropathie, Hyperurikämie, Thrombozytämie) erforderlich. Im Behandlungsregime wird nicht zwischen Tuberkuliden oder anderen kutanen Tuberkuloseformen unterschieden. Ein Therapieerfolg ist nach 4-6 Wochen zu erwarten, mit einem vollständigen Abheilen der Läsion nach 1-5 Monaten.

Weltweit nimmt die Antibiotikaresistenz gegen Tuberkulose zu. In Deutschland bleibt die Situation mit einer Resistenzrate von 5,7 % im Jahr 2022 bisher stabil niedrig (Gramminger C et al. 2025).

Besondere Bedeutung kommt der multiresistenten Tuberkulose (MDR – TBC) zu, bei der Resistenzen gegen die beiden Hauptmedikamente Isoniazid und Rifampicin vorliegen. Aktuell wird für die MDR – TBC eine mindestens sechsmonatige Therapie mit Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid, Moxifloxacin (BPaLM-Regime) empfohlen. Eine Monoresistenz gegen Rifampicin wird analog zur MDR – TBC behandelt.

Zu den zusätzlichen Resistenzen zählen die prä – XDR – TBC, bei der Resistenzen gegen Isoniazid, Rifampicin und Fluorchinolone vorliegen, sowie die XDR-TBC, die zusätzlich Resistenzen gegen Bedaquilin oder Linezolid aufweist.

Weitere Einzelheiten s. u. dem jeweiligen, unter Definition aufgeführten klinischen Formen.

Tabellen

Kutane Tuberkulosen

Genese

Form/Ausbreitung

Krankheitsbild

 

Exogen

Inokulationstuberkulose

Tuberkulöser Primärkomplex

Tuberculosis cutis verrucosa

Tuberculosis cutis luposa (teilweise)

 

Endogen

Sekundäre Tuberkulose

per continuitatem

Tuberculosis cutis miliaris disseminata

per Autoinokulation

Tuberculosis cutis colliquativa (Scrofuloderm)

Periorifizielle Tuberkulose

 

Hämatogene Tuberkulose

Tuberculosis cutis miliaris disseminata

Tuberculosis cutis luposa

 

Tuberkulide

mikropapulös

Lichen scrophulosorum

papulös

Papulonekrotisches Tuberkulid

nodös

Erythema induratum (Bazin)

Knotige Vaskulitiden (teilweise)

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Fernandes NC et al. (2023) Erythema induratum of Bazin. Rev Soc Bras Med Trop 56:e0465.
  2. Gramminger C et al. (2025) Recognising cutaneous tuberculosis. J Dtsch Dermatol Ges 23:793-802. 
  3. Joshi HS et al. (2014) Lichen scrofulosorum. BMJ Case Rep:bcr2013200858. doi: 10.1136/bcr-2013-200858.

  4. Koch R (1882) Die Aetiologie der Tuberculose. Berliner klinische Wochenschrift 19: 221-230
  5. Koch R (1884) Die Aetiologie der Tuberculose. Mittheilungen aus dem Kaiserlichen Gesundsheitsamte 2: 1-88
  6. Meghana V et al. (2017) Papulonecrotic Tuberculid. Am J Trop Med Hyg 97:987-988.
  7. Mello RB et al. 2016) Scrofuloderma: a diagnostic challenge. An Bras Dermatol 94:102-104.
  8. Peters F et al. (2016) Keim oder kein Keim: Herausforderungen bei der Diagnose mykobakterieller Infektionen der Haut.  J Dtsch Dermatol Ges 14:1227-1236
  9. Schmekal B et al. (2002) Skin tuberculosis with atypical mycobacteria 8 years after combined pancreas-kidney transplantation. Am J Nephrol 22: 566-568
  10. Senol M et al. (2003) A case of lupus vulgaris with unusual location. J Dermatol 30: 566-569
  11. Utikal J et al. (2003) Cutaneous non-Langerhans' cell histiocytoses. J Dtsch Dermatol Ges 1: 471-491
  12. van Zyl L et al. (2015)  Cutaneous tuberculosis overview andcurrent treatment regimens. Tuberculosis (Edinb) 95:629-638
  13. Veronese F et al. (2020) Disseminated ulcers with sporotrichoid distribution. J Dtsch Dermatol Ges 18:153-156. 
  14. Mann D et al. (2019) Cutaneous tuberculosis in Rio de Janeiro, Brazil: description of a series of 75 cases. Int J Dermatol doi: 10.1111/ijd.14617.

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