Pemphigus foliaceus L10.2

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Co-Autor: Sietske Poortinga

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Zuletzt aktualisiert am: 07.12.2023

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Synonym(e)

Cazenavesche Krankheit

Erstbeschreiber

Cazenave, 1844

Definition

(Minus-) Variante des Pemphigus vulgaris mit hoher intraepidermaler (subkornealer) Kontinuitätstrennung und dadurch sehr dünner, flüchtiger, leicht einreißender Blasendecke. Schleimhautveränderungen fehlen beim Pemphigus foliaceus im Gegensatz zum Pemphigus vulgaris stets.  

Einteilung

Man unterscheidet:

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: 0.5-1/1 Million Einwohner/Jahr.

Ätiopathogenese

Autoimmunerkrankung mit Bildung von Autoantikörpern gegen Desmoglein 1. Provozierend wirken unspezifische Faktoren, u.a. Stress oder Sonnenlicht.

Manifestation

Vor allem zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auftretend (selten auch bei Kindern möglich).

Lokalisation

Gesicht seborrhoische Zonen, seborrhoische Zonen am Stamm (vordere und hintere Schweißrinne) sowie Capillitium. Kein Schleimhautbefall!  

Klinisches Bild

Zunächst umschriebener Beginn meist am Kopf (insbes. Gesicht) oder im Bereich der vorderen oder hinteren Schweißrinne (seborrhoische Zonen). Flache rote Papeln und Plaques mit blätterteigartigen Schuppenkrusten, hyperkeratotische Schuppen, nässende, klebrig-feuchte Erosionen und unangenehmem Foetor infolge bakterieller Zersetzung. Selten können Bläschen oder Pusteln im Randbereich der Plaques beobachtet werden. Plötzliche Exazerbationen mit Ausbreitung bis zur Erythrodermie ist möglich (Umschlagen der typischerweise lokalisierten Erkrankung in das generalisierte Stadium des Pemphigus vulgaris).

Das Nikolski-Phänomen I ist positiv.

Die Mundschleimhaut bleibt im Gegensatz zum vulgären Pemphius und zum paraneoplastischen Pemphigus frei (Erklärung: nur Desmoglein-1-AK; Desmoglein-1 wird durch Schleimhautepithelien nicht exprimiert).

Häufig sind Alopezie und schmerzhafte Paronychie.

Labor

Pemphigusantikörper  (Desmoglein-1-AK) sind nicht immer nachweisbar.

Histologie

Akantholytische Blasenbildung im oberen Stratum spinosum oder Stratum granulosum. Auch Akanthose, Papillomatose, Hyperkeratose oder dyskeratotische Veränderungen sind vorhanden.

Bemerkung: Hinsichtlich der Besonderheiten bei der Biopsietechnik s.u. Pemphigus vulgaris

Indirekte Immunfluoreszenz

Pemphigusantikörper nicht immer nachweisbar.

Komplikation(en)

Sepsis bei Sekundärinfektion.

Externe Therapie

Konsequenter textiler Lichtschutz sowie Anwendung physikalischer oder chemischer (z.B. Anthelios) Lichtschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF > 15). Desinfizierende oder antiphlogistische bzw. adstringierende Badezusätze mit synthetischen Gerbstoffen (z.B. Tannolact, Tannosynt) sind zur Behandlung von Sekundärinfektionen erforderlich. Zudem Anwendung mittelstarke Glukokortikoide wie 0,1% Triamcinolon-Creme, 0,25% Desoximethason-Salbe (z.B. Topisolon) oder 0,25% Prednicarbat-Creme (z.B. Dermatop). S.u. Pemphigus vulgaris.

Interne Therapie

Bei ausgedehntem Befall immunsuppressive Therapie mit Glukokortikoiden wie Prednisolon (z.B. Decortin® H) initial 1,0-2,0 mg/kg KG/Tag p.o. in Kombination mit

Rituximab (MabThera®, Anti-CD20 AK, Dosierung: 375 mg/m2 KO am Tag 1 und 14(-21) i.v. Zeit bis zum Ansprechen der Therapie etwa 7 Wochen. Evtl. Wiederholung des Therapieregimes nach 1 Jahr),

oder  Azathioprin (z.B. Imurek®, 1,0-1,5 mg/kg KG/Tag p.o.).

Reduktion der Glukokortikoide entsprechend klinischer Symptomatik auf 2,5-10 mg/Tag.

Verlauf/Prognose

Günstiger als beim Pemphigus vulgaris. Beim Erwachsenen chronischer Verlauf. Bei Kindern gelegentlich Spontanheilung.

Literatur
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