Anuläre Dermatosen (Übersicht)

Zuletzt aktualisiert am: 29.12.2023

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Definition

Unter dem Begriff „anuläre Dermatosen“ (AD) wird eine große Anzahl klinisch und ätiogenetisch heterogener Hauterkrankungen subsumiert, deren gut erkennbares, gemeinsames Merkmal die initial punkt- oder scheibenförmige, später ringförmige morphologische Struktur der zentrifugal expandierenden Läsionen ist. Die Diagnose wird klinisch durch eine angemessene Anamneseerhebung sowie durch eine Analyse des klinischen Aspektes (akut/chronisch, isoliert/mehrere Läsionen, Erythem/Purpura, histologisches Substrat usw.) gestellt. Eine diagnostische Bestätigung kann der mikroskopische Befund liefern (lymphozytär, eosinophil, neutrophil, lichenoid).

Die Fähigkeit der Haut zur Ausbildung anulärer Strukturen wird im Folgenden als “Anularität“ bezeichnet. Anularität ist definiert als eine charakteristische, mehrphasige, pathologische Reaktionsweise der Haut. Abgesehen von der oralen Schleimhaut wird Anularität an sonstigen epithelialen Oberflächen nicht beobachtet.  

Grundsätzlich kann Anularität unterteilt werden in:

  • Primäre Anularität
  • und
  • Sekundäre Anularität.

Bei der primären Anularität ist das ringförmige Muster, unabhängig von ihrer Genese ein intrinsisches Merkmal der jeweiligen Dermatose und definiert sie (Erythema anulare centrifugum, Erythema gyratum repens, Erythema chronicum migrans, Granuloma anulare u.a.).

Bei der sekundären Anularität treten die anulären Musterungen mehr oder weniger zufällig unter ihren sonstigen, andersartigen klinischen Erscheinungsformen auf. Ihr diagnostische Wert ist insofern begrenzt. Die Liste dieser sekundär anulären Erytheme ist lang. 

Einteilung

Pädiatrische anuläre Erytheme

Klinisches Bild

Bei der primären Anularität kann zwischen infektiöser und nicht-infektiöser (idiopathischer) Anularität unterschieden werden.

Die infektiöse Anularität

  • Die infektiöse primäre Anularität (Beispiele: Dermatophytosen, Erytheme chronicum migrans, Pityriasis rosea) nimmt insofern eine Sonderstellung ein, da das anuläre Muster durch das Wachstum der Erreger (z.B. Dermatophyten oder Borrelien) definiert wird. Sie ist Ausdruck einer Abwehrreaktion der Haut auf das Vordringen der Pathogene. Insofern ist die Kausalität eindeutig.

Die nicht-infektiöse Anularität

  • Das Wesen der nicht-infektiösen, idiopathischen, primären Anularität ist unbekannt. Der Prototyp für diesen Reaktionstyp ist das Erythema anulare centrifugum. Diskutiert werden parainfektiöse, autoimmunologische, autoinflammatorische, paraneoplastische oder Arzneimittel-bedingte Ursachen. Sein histologisches Muster ist durchaus unterschiedlich und reicht von unspezifischen lymphohistiozytären (Beispiel= Erythema anulare centrifugum), zu neutrophilen (Neutrophiles figuriertes Erythem), zu eosinophilen (Eosinophiles anuläres Erythem) und gemischtzelligen (Granuloma anulare) Infiltraten. Und doch beruht diese Art der Ringbildung, trotz erheblicher Diversifität, auf einem unverwechselbaren, einzigartigen Reaktionsmechanismus der Haut, der zu einem gleichartigen morphologischen Resultat, dem  anulären Phänotyp führt.

Diagnostik

Grundsätzlich ist die Anularität einer Dermatose kein statischer sondern stets ein dynamischer Prozess. Die anulären Figuren auf der Haut verändern sich mit der Zeit, auch kurzfristig zwischen zwei Konsultationen. Insofern macht es Sinn die Dynamik bei der Anamneseerhebung zu erfragen und bei Mehrfachbesuchen zu dokumentieren.

Zu Beginn stellen sich anuläre Erytheme (AD) als flache, zentrifugal wachsende, erythematöse Papeln oder Plaques dar, die durch zentrale Abblassung ihre Anularität ausbilden. Das Zusammentreffen benachbarter zunächst geschlossener Läsionen führt zu bogenförmig offenen, polyzyklischen auch bandförmigen Mustern. Die International League of Dermatological Societies (ILDS) hat in ihrer jüngsten Aktualisierung des Glossars der beschreibenden Begriffe für Hautläsionen die Verwendung folgender Begriffe vorgeschlagen: anulär, bogenförmig, polyzyklisch oder oval (Nast A et al. 2016).

Durch eine sorgfältige Untersuchung der Oberfläche der Läsion kann festgestellt werden, ob der Prozess von der Epidermis (z.B. bei Dermatophytosen) oder von der Dermis (z.B. beim Erythema chronicum migrans) ausgeht. Eine anuläre Purpura ist diaskopisch einfach abzuklären.

Eine besondere Stellung nehmen im Schrifttum die heterogenen, pädiatrischen, anulären Erytheme ein (Tab). Ihre Beziehungen zu den anulären Dermatosen im Erwachsenenalter sind nicht immer klar eruierbar.

Histologie

Nach volriegendem histologischem Muster kann wie folgt eingeteilt werden:

  • Lymphozytäre anuläre Dermatosen (Erythema anulare centrifugum, Erythema chronicum migrans)
  • Eosinophile anuläre Dermatosen (Eosinophiles anuläres Erythem)
  • Neutrophile anuläre Dermatosen (Neutrophiles figuriertes Erythem des Kindesalters)
  • Gemischtzellige anuläre Dermatosen (Granuloma anulare, Erythema anulare centrifugum)

Literatur
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