Synonym(e)
Definition
Häufige, exanthematische, selbstlimitierende, entzündliche Hauterkrankung unbekannter (wahrscheinlich virale Genese) Ätiologie mit typisch zweiphasigem Verlauf.
Auch interessant
Ätiopathogenese
Unbekannt. Zunehmend häufiger wird die Rolle der Herpesviren HHV-6 (HHV-7), möglicherweise auch HHV-8 diskutiert, zumal deren Antigene in den Läsionen nachweisbar waren und die Erkrankung auf antivirale Substanzen wie Aciclovir anspricht.
Bei einzelnen Fällen wurde über eine Assoziation mit dem H1N1-Virus und COVID-19 berichtet (Martora F et al. 2022); weiterhin wurde das Auftreten nach COVID-19 -Vakzinierung beobachtet (Dormann H et al. 2021; Gambichler T et al. 2022).
Assoziationen zu anderen Viren (EBV, CMV) oder zu Streptokokken-Infekten konnten nicht nachgewiesen werden.
Weiterhin werden als auslösende Momente diskutiert: Stress, Medikamente, imprägnierte Kleidungsstücke.
Manifestation
Bei gesunden Menschen im Alter von 10-35 Jahren auftretend (Leung AKC et al. 2021). Ein Auftreten der Pityriasis rosea bei Kindern <10 Jahren ist eher ungewöhnlich. Frauen scheinen bevorzugt befallen zu sein (m:w = 1:2). Weltweit gleichermaßen auftretend. Endemisches Auftreten v.a. in Frühjahr und Herbst möglich.
Lokalisation
Rumpf (bis zum Nackenansatz) und proximale (etwa oberes Drittel) Extremitäten. Kopf, Hals, periphere Extremiäten bleiben frei. Eine inverse Form (Pityriasis rosea inversa) befällt die Axillen und die Leistenregion.
Klinisches Bild
Gelegentlich gehen leichte Prodromi wie respiratorische Symptome (etwa 50% der Patienten), Übelkeit, Unwohlsein, Mattigkeit, Fieber und Kopfschmerzen den ersten Hautveränderungen voraus. Seltener werden vergrößerte Lymphknoten und Arthralgien nachgewiesen (bei 5 % der Patienten - Leung AKC et al. 2021).
Initial zeigt sich eine 0,4-7,0 cm große, ovale, hell-rote bis rosafarbene, meist schuppende (Collerette-Schuppung), randbetonte Plaque ("Primärmedaillon"). Das Primärmedaillon (Tache mère, Herald patch) ist ein regelmäßig auftretendes Symptom in > 50% der Fälle und tritt oftmals am Stamm auf.
Im weiteren Verlauf schubartige, über 1-2 Wochen andauernde, exanthematische (symmetrische) Ausbreitung (stammbetont) von nach den Spaltlinien ausgerichteten (Tannenbaum-Muster; Baldachin-Zeichen), 0,2-1,0 cm großen, ovalen oder länglichen, wenig erhabenen, schuppigen Flecken und schuppigen Papeln und Plaques (s.Abbn.). Auch hier ist bei einzelnen Plaques der Nachweis einer sog. Collerette-Schuppung möglich, einer nach innen gerichteten zarten Schuppenkrause. Diese Art der Schuppung ist ein tragendes diagnostisches Phänomen (s. Abb.). Die später auftretenden Herde sind meist kleiner als das Primämedaillon. Dieses ist im Exanthemstadium nicht immer nachweisbar.
Gesicht, Hals und distale Extremitätenhälften bleiben meist frei. Oropharyngeale Schleimhautläsionen sind selten, sind jedoch dem Krankheitsbild zuzuordnen (Ciccarese G et al. 2017).
Als (seltene) Sonderformen sind follikuläre Exantheme, hämorrhagische und urtikarielle Exantheme, zirzinäre, vesikulöse, squamöse oder psoriasiforme Varianten zu beachten.
Eine inverse Form wird bevorzugt bei Kindern sowie Afro-Amerikanern beobachtet (Pityriasis rosea inversa).
Merke! Bei Farbigen erscheint das Exanthem stärker infiltriert als bei Weißen mit deutlicher Tendenz zu Hyperpigmentierungen! Hierbei fehlt, je nach Pigmentierungsgrad, der in weißer Haut so typische Rotton der Hauterscheinungen.
Histologie
Unspezifische superfizielle Dermatitis mit mäßiger Akanthose, gering verlängerten Reteleisten, Papillenödem, perivaskulärem und interstitiellem lymphozytärem Infiltrat; gelegentlich Beimengungen von eosinophilen Granulozyten. Deutliche Epidermotropie mit fokaler spongiotischer Auflockerung des Epithels und fokaler, aufgeschichteter Parakeratose (histologisches Pendant der Collerette-Schupung). Selten Erythrozytenextravasate.
Differentialdiagnose
- Klinische Differenzialdiagnosen:
- Tinea corporis: nie exanthematisch, sondern chronisch kontinuierlicher Verlauf (seltene Ausnahme ist die Mikrosporie, hier besteht Eigenfluoreszenz unter Wood-Licht); beweisend sind Erregernachweis mittels Nativuntersuchung und Kultur.
- Psoriasis vulgaris: Erstmanifestation einer akuten, exanthematischen Psoriasis als wichtige DD. Das Auspitz-Phänomen ist bei Pityriasis rosea stets negativ!
- Parapsoriasis en plaques (benigne kleinherdige Form): chronischer Prozess, nie akut-exanthematisch. Einzeleffloreszenzen deutlich größer als bei der Pityriasis rosea. Typisch ist eine "Pseudoatrophie der Oberfläche".
- Arzneimittelexanthem: Akutes monomorphes Exanthem; selten ekzematös oder psoriasiform. Medikamentenanamnese mit zeitnaher Neuverordnug eines Medikamentes.
- Pityriasis lichenoides: Vom Verteilungsmuster ähnlich. PLEVA und PLC zeigen jedoch eine wegweisende Polymorphie (buntes Bild) der Effloreszenzen.
- Frühsyphilis: Syphilide sind meist von LK-Schwellungen begleitet. Verteilungsmuster: häufig Befall von Handflächen und Gesicht. Serologie ist beweisend! Histologie ist wegweisend (plasmazellige Dermatitis).
- Histologische Differenzialdiagnosen:
- Akutes und subakutes Ekzem: Spongiose, flächige Parakeratose, beim atopischen Ekzem mögliche markante Eosinophilie. Häufig nicht zu unterscheiden.
- Psoriasis guttata: Akanthose, flächige Hyper- und Parakeratose mit Neutrophilen-Einschlüssen, diffuses, auch perivaskulär verdichtetes lymphozytäres Infiltrat mit neutrophilen Granulozyten, keine Erythrozytenextravasate, kräftiger Epidermotropismus.
- Parapsoriasis en plaques: Fibrose des Stratum papillare; Oberflächenepithel eher atrophisch, Epidermotropie vorhanden, kaum Spongiose, keine Parakeratose!
- Allergisches Kontaktekzem: Klinisch deutlich zu unterscheiden! Markante, flächige Spongiose, Oberflächenepithel akanthotisch, lange Parakeratosehügel. Histologisch nur im Zusammenhang mit klinischen Angaben sicher zu differenzieren.
- Tinea corporis: Vielgestaltiges histologisches Muster, das von der Akuität der Infektion geprägt ist. In frühen Stadien geringes superfizielles perivaskuläres Lymphozyteninfiltrat, fokale Spongiose; späteres Stadium mit Neutrophilenkomponente. Kompakte Ortho- und Parakeratose. Im PAS-Präparat Nachweis von Hyphen (dann sichere DD); ansonsten ist eine sichere DD nur im Zusammenhang mit klinischen Angaben möglich.
- Erythema anulare centrifugum: Klinisch deutlich zu unterscheiden; histologisch nur im Zusammenhang mit klinischen Angaben sicher zu differenzieren! Meist dichte perivaskuläre Infiltrathülsen.
- Arzneimittelexanthem: Spongiotische Arzneimittelexantheme sind selten! Meist kombiniert mit einer Interface-Dermatitis.
- Frühsyphilis: Interface-Dermatitis mit psoriasiformer Epidermisreaktion dichtes, bandförmiges Infiltrat in der oberen und mittleren Dermis (Lymphozyten, Histiozyten und Plasmazellen. Ausdehnung des Infiltrates auf den tiefen Gefäßplexus).
Therapie
Therapie allgemein
Externe Therapie
Cave! Irritation durch aggressive Externa. Keine fetten Cremes oder Salben. Behandlung z.B. mit Tannolact Lotio, Tannosynt Lotio (Schüttelmixtur), Optiderm Lotio. Blande Hautpflege mit O/W-Emulsion (z.B. Eucerin O/W). Empfehlenswert insbes. bei Juckreiz sind 5% Polidocanol-haltige Creme oder Schüttelmixtur R200 oder schwach wirksame Glukokortikoide wie 0,5% Hydrocortison-Emulsion R123 .
Bestrahlungstherapie
Bei hellhäutigen Patienten mit ausgedehntem Befall kann eine milde UVB-Breitbandtherapie angesetzt werden (Villalon-Gomez JM 2018).
Interne Therapie
Ggf. orale Antihistaminika wie Levocetirizin (z.B. Xusal Tbl.) 1mal/Tag 5 mg p.o. oder Desloratadin (z.B. Aerius Tbl.) 1mal/Tag 5 mg p.o.
Alternativ: Aciclovir; in einer randomisierten Studie an einem mittelgroßen Kollektiv konnte ein positiver klinischer Effekt (Verkürzung der Erkrankungsdauer) durch eine orale, 7 Tage lange Gabe von Aciclovir (OFF Label Use) nachgewiesen werden (400 mg/5xTag p.o.). Diese Therapieoption sollte im Hinblick auf den selbstlimitierenden Verlauf der Erkrankung sorgfältig abgewogen werden.
Alternativ: Orales Erythromycin (250mg 4x/Tag über 2 Wochen) ist nach einer Metaanalyse signifikant erfolgreich (Chuh A et al. 2005)
Verlauf/Prognose
Abheilung in 3–8 Wochen, allgemein ohne bleibende Hautveränderungen. Hyperpigmentierung, Leukoderm-Bildung, Narbenbildung sind möglich. Rezidive sind selten (<3%) (Pityriasis rosea recidivans).
Hinweis(e)
Merke! Ein Primärmedaillon ist ein regelmäßig auftretendes, diagnostisch verwertbares, Symptom; in > 50% der Fälle.
Merke! Die Pityriasis rosea befällt (fast) nie das Gesicht und die Schleimhäute; nur selten die Extremitäten! Patienten haben kein gestörtes Allgemeinbefinden!
Merke! Der Verlauf einer Pityriasis rosea ist v.a. bis zur 15. Schwangerschaftswoche kritisch für den Fetus mit einem erhöhten Risiko (57%) eines Aborts oder einer Frühgeburt (Monastirli A et al. 2016).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

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