Synonym(e)
Definition
Seltene, chronische, autoimmunologische, blasenbildende Dermatose mit linearer IgA- und C3-Ablagerung an der dermo-epidermalen Junktionszone, die zur Pemphigoid Gruppe gezählt wird. Grundsätzlich werden unterschieden:
- LAD im Erwachsenalter:
- idiopathische LAD
- medikamentös ausgelöste LAD (z.B. durch At1-Rezeptor-Blocker)
- LAD im Kindesalter = benigne chronische bullöse Dermatose bei Kindern
Auch interessant
Vorkommen/Epidemiologie
Inzidenz (für Deutschland und Frankreich): Ca. 0,02-0,05/100.000 Einwohner/Jahr. In größeren Kontingenten blasenbildender Erkrankungen finden sich weniger als 1% an Patienten mit linearer IgA-Dermatose.
Ätiopathogenese
- Grundsätzlich müssen aus ätiopathogenetischer Sicht bei der LAD im Erwachsenenalter 2 Formen unterschieden werden.
- Idiopathische LAD: Bei dieser Variante sind Zusammenhänge mit anderen Autoimmunerkrankungen sowie malignen Tumoren beschrieben.
- medikamentöse LAD: Folgende Medikamente wurden als auslösend beschrieben: Vancomycin, Diclofenac, Glibenclamid, Jod, Penicillin, Piperacillin, Interferon gamma, Sulbactam, Zytostatika.
- Nachgewiesen wurden mit einem hohen Prozentsatz IgA-Antikörper (bei 60% der Fälle), mit einem geringeren Prozentsatz IgG-Antikörper (30%) und seltener beide Ak-Typen (20%) gegen Autoantigene.
- Zielautoantigene sind das 120 kDa-Protein LAD-1 (entsteht durch Proteolyse am NH2-Terminus der extrazellulären Domäne von BP 180 = bullöses Pemphigoid Antigen).
- Seltener sind IgA-Antikörper gegen BP230. Unterschiede im Auftreten der Antikörper zwischen Erwachsenen und Kindern (chronische bullöse Dermatose des Kindesalters) existieren nicht.
- Ultrastrukturell können die Antigene an den Ankerfibrillen der Lamina lucida und an der Lamina densa nachgewiesen werden.
Manifestation
Häufigste blasenbildende Erkrankung des Kindesalters, meist im Alter von 2-4 Jahren (Durchschnitt 2,7 Jahre) erstmals auftretend. Jungen sind im Kindesalter häufiger betroffen (m:w= 1,78 :1,0).
Beginn im Erwachsenenalter meist zwischen dem 20.-40. LJ und nach der 6. Dekade (in größeren Kontingenten lag der Durchschnitt bei Erwachsenen bei rund 60 Jahren). Im Erwachsenenalter w:m= 2:1
Lokalisation
Stamm, hier ohne besondere Prädilektionsstellen ggf. mit Betonung der Sakralregion, der Leisten - und Anogenitalregion. Diese (klassische großblasige Form) ist von ihrem Verteilungsmuster nicht von dem bullösen Pemphigoid zu unterscheiden.
Extremitäten einschließlich der Handrücken und Handflächen können betroffen sein.
Häufig ist der Befall des Gesichts (v.a. perioral und Ohren) und /oder des Kapillitiums
Varianten mit klinischer (kleinblasiger) Analogie zur Dermatitis herpetiformis zeigen eine streckseitige Betonung (Ellenbogen, Kreuzbeinregion) kleinblasiger herpetiform gruppierter Bläschen.
Varianten mit klinischer Analogie zu dem vernarbenden Schleimhautpemphigoid zeigen Schleimhautbefall von Mundschleimhaut, Pharynx, Nase, Augen.
Klinisches Bild
Vielfach herpetiform oder rosettenartig angeordnete, aber auch anuläre oder girlandenartig konfigurierte, mäßig bis intensiv juckende, urtikarielle Plaques mit randständigen vesikulösen oder bullösen Läsionen. Die Rosettenform entsteht durch das schubweise Auftreten von ringförmigen blasigen Neubildungen um ältere noch nicht abgeheilte Blasen.
In Einzelfällen kann das Bild der bullösen Dermatose durch eine IgA-Purpura (Purpura Schönlein-Henoch) ergänzt werden.
Bemerkung: Die klinischen Bilder entsprechen einerseits der Dermatitis herpetiformis, andererseits auch dem bullösen Pemphigoid. In seltenen Fällen finden sich auch ausgedehnte, an das Erythema exsudativum multiforme erinnernde Hauterscheinungen, auch unter dem klinischen Befund des Stevens-Johnson-Syndroms.
Bei 50% der Pat. finden sich Schleimhautveränderungen, insbes. an Mundschleimhaut und Konjunktiven;
seltener assoziiert: Colitis ulcerosa, M. Crohn, eine IgA-Nephropathie oder eine eosinophile Pneumonie.
Histologie
- Die Histologie der LAD ist nicht diagnostisch!
- Gefunden werden sowohl subepidermale Blasenbildung mit Infiltrat aus Lymphozyten und zahlreichen neutrophilen Granulozyten sowie gelegentlich intrapapillären Mikroabszessen, als auch subepidermale Blasenbildung mit perivaskulärem und interstitiellem lymphozytärem Infiltrat.
- Immunelektronenmikroskopisch lassen sich 2 Typen unterscheiden, der häufigere Lamina lucida-Typ und der Sublamina densa-Typ.
Direkte Immunfluoreszenz
Differentialdiagnose
- Klinisch: Bullöses Pemphigoid, Pemphigoid, vernarbendes (Schleimhautpemphigoid), Dermatitis herpetiformis Duhring, Epidermolysis bullosa acquisita, bullöse Impetigo, bullöses Arzneimittelexanthem, Erythema exsudativum multiforme.
- Histologisch: Dermatitis herpetiformis Duhring, inflammatorische Epidermolysis bullosa acquisita, Bullöses Pemphigoid, bullöses Arzneimittelexanthem.
Komplikation(en)
Als assoziierte Ekrankungen wurden meist in Einzelfallkusistiken beschrieben:
- M.Crohn
- Gluten-sensitive Enteropathie (0-24%)
- Colitis ulcerosa
- systemischer Lupus erythematodes
- Dermatomyositis
- Malignome (B-Zell-Lymphom, myeloische Leukämie)
Externe Therapie
Antipruriginöse und antientzündliche Behandlung z.B. mit 3-5% Polidocanol-Lotio (z.B. Optiderm, R200) im Wechsel mit schwachen bis mittelstarken Glukokortikoiden wie 1% Hydrocortison-Creme (z.B. Hydrogalen, R119 ), 0,1% Hydrocortison-17-butyrat-Creme (z.B. Laticort), 0,1% Methylprednisolon-Creme (z.B. Advantan), 0,1% Mometason-Fettcreme (z.B. Ecural). Bewährt hat sich auch die Behandlung mit synthetischen Gerbstoffen, z.B. Tannosynt, Tannolact.
Interne Therapie
Mittel der 1. Wahl ist DADPS (z.B. Dapson-Fatol). Einschleichende Dosierung, initial 50-75 mg/Tag, nach 2 Wochen volle Dosis von 100-150 mg/Tag bis max. 300 mg/Tag. Erhaltungsdosis nach Klinik (große Schwankungsbreite). Zu Beginn adjuvant Prednison (z.B. Decortin) 20-40 mg/Tag p.o. Bei Befundverbesserung Dapson als Monotherapie fortsetzen, bei Verschlechterung temporäre adjuvante Gabe von Prednisolon. Auslassversuch frühestens nach 6 Monaten Erscheinungsfreiheit.
Falls der klinische Erfolg unbefriedigend ist, kommt der Einsatz von Azathioprin (z.B. Imurek) 1-2 mg/kg KG/Tag in Kombination mit systemischen Kortikoiden infrage. Weitere Therapieoptionen sind Cyclophosphamid, Mycophenolatmofetil, Colchizin, Methotrexat und Ciclosporin A.
Zur Reduktion des Juckreizes evtl. zusätzlich systemische Gabe von Antihistaminika wie Desloratadin (z.B. Aerius) 5 mg/Tag p.o. oder Levocetirizin (z.B. Xusal) 10 mg/Tag p.o.
Diätetische Maßnahmen sind bei der IgA-linearen Dermatose weitgehend wirkungslos.
Operative Therapie
Verlauf/Prognose
Bei der idiopathischen LAD muss mit einem jahrelangem Verlauf gerechnet werden.
Bei der medikamentös ausgelösten LAD ist nach Absetzen der auslösenden Medikation mit einer Abheilung innerhalb weniger Wochen/Monate zu rechnen.
Während die Hautveränderungen narbenlos abheilen, kann eine Augenbeteiligung zu Vernarbungen, im Extremfall zur Erblindung führen.
Die Prognose der Erkrankung hängt auch von den Organbeteiligungen ab: Colitis ulcerosa, M. Crohn, IgA-Nephropathie, Gluten-sensitive Enteropathie
Hinweis(e)
Lineare IgA-Dermatose, bullöses Pemphigoid, Pemphigoid gestationis und Schleimhautpemphigoid haben das identische Zielantigen (BP 180/Typ VIII-Kollagen). Im Gegensatz zu diesen gehört der Autoantikörper der linearen IgA-Dermatose jedoch zur IgA-Klasse.
Die Rolle der Colitis ulcerosa, als seltene Begleiterkrankung der IgA-linearen Dermatose bleibt bisher unklar. Sie kann der LAD um Jahre vorausgehen.
Fallbericht(e)
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

- Allen J, Wojnarowska F (2003) Linear IgA disease: the IgA und IgG response to dermal antigens demonstrates a chiefly IgA response to LAD 285 and a dermal 180-kDa protein. Br J Dermatol 149: 1055-1058
- Avci O et al. (2003) Acetaminophen-induced linear IgA bullous dermatosis. J Am Acad Dermatol 48: 299-301
- Chorzelski TP, Jablonska S (1975) Diagnostic significance of immunofluorescent pattern in dermatitis herpetiformis. Int J Dermatol 14: 429-436
- Chorzelski TP, Jablonska S (1979) IgA linear dermatosis of childhood. Br J Dermatol 101: 535-542
- Choudhry SZ et al. (2015) Vancomycin-induced linear IgA bullous dermatosis demonstrating the isomorphic phenomenon. Int J Dermatol 54:1211-1213
- Georgi M et al. (2001) Autoantigens of subepidermal bullous autoimmune dermatoses. Hautarzt 52: 1079-1089
- Hollo P et al. (2003) Linear IgA dermatosis associated with chronic clonal myeloproliferative disease. Int J Dermatol 42: 143-146
- Kim JS et al. (2015) Concurrent Drug-Induced Linear Immunoglobulin A Dermatosis and Immunoglobulin A Nephropathy. Ann Dermatol 27:315-318
- Klein A et al. (2010) Lineare IgA-Dermatose mit Augenbeteiligung in Assoziation mit Colitis ulcerosa. Hautarzt 61:55-57
- Lings K et al. (2015) Linear IgA bullous dermatosis: a retrospective study of 23 patients in Denmark. Acta Derm Venereol 95: 466-471
- Palmer RA et al. (2001) Vancomycin-induced linear IgA disease with autoantibodies to BP180 and LAD285. Br J Dermatol 145: 816-820
- Pena-Penabad C et al. (2003) Linear IgA bullous dermatosis induced by angiotensin receptor antagonists. Am J Med 114: 163-164
- Romani L et al. (2015) A Case of Neonatal Linear IgA Bullous Dermatosis with Severe Eye Involvement. Acta Derm Venereol 95:1015-1017
- Zone JJ (2001) Clinical spectrum, pathogenesis and treatment of linear IgA bullous dermatosis. J Dermatol 28: 651-653
Verweisende Artikel (11)
Autoimmundermatosen, bullöse; Dermatitis herpetiformis; Hydrophile Hydrocortisonacetat-Creme 0,25/0,5 oder 1% (NRF 11.15.); IgA; IgA-Dermatose lineare; Linear IgA disease; Pemphigoid gestationis; Pemphigus IgA-Pemphigus; Polidocanol-Zinkoxidschüttelmixtur 3/5 oder 10% (NRF 11.66.) [weiß/hautfarben]; Schleimhautpemphigoid; ... Alle anzeigenWeiterführende Artikel (31)
Antihistaminika, systemische; Arzneimittelexanthem bullöses; Azathioprin; Candesartan; Ciclosporin A; Colchicin; Colitis ulcerosa; Cyclophosphamid; DADPS; Dermatitis herpetiformis; ... Alle anzeigenDisclaimer
Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.