Inkontinenz-assoziierte Dermatitis L22.-

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.12.2020

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Synonym(e)

Diaper dermatitis; IAD; Windeldermatitis

Definition

Bei der Inkontinenz-assoziierten Dermatitis handelt es sich um eine akute oder chronische, irritative, toxische Kontaktdermatitis, die v.a. ältere und/oder bettlägerige Stuhl— und/oder Urin-inkontinente Menschen betrifft. Durch den ständigen Kontakt der Haut mit Stuhl und/oder Harn kommt es zur Schädigung der Hautbarriere und zu einer ständigen Irritation der Haut.

Einteilung

Die  IAD wird nach „leicht“, „mäßig“ und „schwer“ eingeteilt.

Vorkommen/Epidemiologie

Die Inkontinenz-assoziierte Dermatitis ist im Gesundheitswesen ein häufig auftretendes Problem. Die Prävalenzrate von IAD in den in Frage dürfte bei der in Frage kommenden Populationen zwischen 5,6 und 50% liegen.

Ätiopathogenese

Die Hauptursache der Inkontinenz-assoziierten Dermatitis ist die Stuhlinkontinenz (allein oder in Kombination mit Harninkontinenz). Hierbei spielt die Stuhlfrequenz, die Zusammensetzung des Stuhls, die konsekutive ständige Befeuchtung der Haut, Ammoniak, PH-Wert, Stuhlenzyme sowie Alter der Betroffenen und Immobilität eine wichtige Rolle. Weiterhin können ungeeignete Hautreinigungsprodukte (alkalisierende Produkte), Reibung und Scherkräfte innerhalb der Epidermis (z.B. durch fehlerhafte Druckbelastung der Haut bei Bettlägerigen, unsachgemäßes Abtrocknen der Haut), Keimbesiedlung bzw. Keimwachstum und okklusive Inkontinenzprodukte die IAD maßgeblich beeinflussen.

Lokalisation

Intertriginöse Bereiche (Leistenregion, Perianalbereiche, Gefäßpartien, seltener Unterbauch und Rücken)

Klinisches Bild

Im Initialstadium sind die intertriginösen Bereiche flächig gerötet, evtl. geschwollen und schuppend, juckend oder schmerzend.

Spätere Stadien der Inkontinenz-assoziierten Dermatitis sind durch scharf oder unscharf begrenzte flächenhafte Erosionen, evtl. durch überlagernde mykotische oder bakterielle Infektionen (mikrobiologischer Nachweis) gekennzeichnet. Dies kann zu einer unscharfen gesprenkelten Berandung der an sich scharf begrenzten Kontaktläsion führen.    

Differentialdiagnose

Wichtig ist die Differenzierung zwischen IAD und Dekubitus dar. Die Schwierigkeit liegt darin, dass das Erscheinungsbild der beginnenden bis mäßigen IAD dem ersten Grad (Klassifizierung nach NPUAP) des Dekubitus ähnelt. Wichtig ist weiterhin die Abgrenzung zu genuinen dermatologischen Erkrankungen wie mykotische (meist Hefepilze)- und bakterielle Infektionen (Fölster-Holst R 2018), intertriginöse Psoriasis sowie selten Morbus Darier oder Pemphiguserkrankungen.   

Therapie allgemein

Das Instrument besteht zunächst in der „Klassifizierung in Schweregraden“der IAD. Therapeutisch sind 2 Hauptinterventionen entscheidend.

  1. Management der Inkontinenz
  2. Umsetzung eines strukturierten Hautpflegeprogramms.

Das Management der Inkontinenz zielt darauf den Hautkontakt mit Harn und/ oder Stuhl zu minimieren oder gänzlich zu verhindern und dadurch die Schutzfunktion zu erhalten. Reversible Ursachen der Inkontinenz müssen erkannt und dementsprechend behandelt werden. (z.B. Harnwegsinfekt, Diuretika, Obstipation).

Diese Ursachen werden gewöhnlich mit nicht-invasiven Verhaltensinterventionen wie beispielsweise Optimierung der Ernährung und Flüssigkeitszufuhr behandelt. Kontinenzfördernde Maßnahmen, wie z.B. Beckenbodenübungen oder auch Blasen – oder Darmtrainingsprogramme sind parallel einzuleiten. Beim Mann kann ein Urinalkondom verwendet werden.  Bei sehr ausgeprägter toxischer Dermatitis und Harninkotinenz sollte zur Behandlungsoptimierung vorübergehend ein transurethralen Katheter gelegt werden. Weiterhin sind ggfs. andere Hilfsmittel wie Fäkalkollektoren, Analtampons oder Stuhldrainagesysteme zu verwenden.

Wichtig: Wenn aufsaugende Produkte verwendet werden müssen, sind offene körpernahe Inkontinenz-Produkte (Netzhose mit Einlage), einem geschlossenen System (Slip) vorzuziehen.

Parallel zu diesen supportiven Maßnahmen kommen dem Zustand der Haut entsprechende Externtherapeutika (initial milde Glucocorticoid-haltige, gfls. im Wechsel mit antimikrobiellen Externa) zur Anwendung. Später nach Abheilung der Akutdermatitis prophylaktische Anwendung von Zink-haltigen abdeckenden und hautschützenden Salben. Reinigung der Areale mit milden Pflanzenölen.

Hinweis(e)

Die Inkontinenz-assoziierten Dermatitis ist bislang v.a. bei Säuglingen unter dem Begriff „Windeldermatitis“ bekannt. In den letzten Jahren hat sich für diese toxisch-irritative Dermatitis bei Erwachsenen mit durch Inkontinenz bedingten Hautschäden, zunehmend der Begriff „Inkontinenz-assoziierte Dermatitis (IAD)“ durchgesetzt.  

Literatur
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  1. Cecchi R et al. (2017) Jacquet erosive diaper dermatitis with Stenotrophomonas maltophilia colonization. G Ital Dermatol Venereol 152:186-187.
  2. Fölster-Holst R (2018) Differential diagnoses of diaper dermatitis. Pediatr Dermatol 35 Suppl 1:10-18. 
  3. Fujimura T et al. (2016) The influence of incontinence on the characteristic properties of the skin in bedridden elderly subjects. Int J Dermatol 55: e234-240.
  4. Holroyd S et al. (2014) Prevention and management of incontinence-associated dermatitis using a barrier cream. Br J Community Nurs Suppl Wound Care: 32-38.
  5. Takahashi H et al. (2017) Preventive effects of topical washing with miconazole nitrate-containing soap to diaper candidiasis in hospitalized elderly patients: A prospective, double-blind, placebo-controlled study. J Dermatol 44:760-766.

 

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