Pethidin

Zuletzt aktualisiert am: 20.12.2020

This article in english

Synonym(e)

CAS-Nummer: 57-42-1; Pethidine, Meperidine

Definition

Pethidin ist ein vollsynthetischer Opioid-Agonist und wirkt auf das ZNS und auf periphere Organe ähnlich wie Morphin. Schmerzwahrnehmung und –weiterleitung werden durch Pethidin unterdrückt.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Pethidin besitzt eine ausgeprägte Affinität zu den µ-Opioid-Rezeptoren. Seine Affinität zu den δ- und κ-Rezeptoren ist gering. Neben seinem stark analgetischen Effekt zeigt Pethidin auch eine sedierende, antitussive sowie atemdepressive Wirkung (etwa dem Morphin gleichgestellt). Pethidin senkt den Tonus der glatten Gefäßmuskulatur und wirkt dadurch blutdrucksenkend. Das Arzneimittel führt zu einer Erhöhung der Herzfrequenz.

Auch interessant

Pharmakokinetik

Pethidin wird enteral gut resorbiert; deshalb orale Verabreichung möglich. Maximale Plasmakonzentrationen werden nach 1-2 Stunden erreicht. Aufgrund des ausgeprägten First-Pass-Effekts liegt die Bioverfügbarkeit bei oraler Applikationsweise lediglich bei 48-63%. Nach intramuskulärer Anwendung werden maximale Plasmakonzentrationen innerhalb von 15 Minuten erreicht. Die Bioverfügbarkeit liegt bei 93 bis 98%. Pethidin liegt zu 37-73% an Plasmaeiweiß gebunden vor. Mittlere Halbwertszeit: ca. 6.0 H. Eliminationshalbwertszeit: 3,2-8,0 H.

Metabolisierung: Pethidin wird in der Leber relativ zügig durch Hydrolyse der Estergruppe inaktiviert. Pethidin + Metaboliten werden borwiegend renal ausgeschieden. Bei Nierenfunktionsstörungen können Pethidin bzw. seine Abbauprodukte (z.B. Norpethidin) kumulieren.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Pethidin steht in Form von Injektionslösungen, als Zäpfchen oder oral in Form von Tropfen zur Verfügung

Indikation

Behandlung  starker bis sehr starker Schmerzen, wenn nicht-opioide Schmerzmittel oder schwach wirksame Opioide keine oder nur ungenügende Wirkung zeigen. Dies betrifft Tumorschmerzen oder traumatische Schmerzen nach Unfällen und Operationen. Nicht indiziert ist Pethidin zur Dauerbehandlung chronischer Schmerzen.

Schwangerschaft/Stillzeit

Pethidin passiert praktisch ungehindert die Plazentaschranke und tritt auch in die Muttermilch über. Die Plasmahalbwertzeit bei Neugeborenen ist zwei- bis siebenmal länger als bei Erwachsenen. Somit wird eine Anwendung von Pethidin während Schwangerschaft und Geburt nicht empfohlen. Es liegen derzeit nur unzureichende Erfahrungen vor.

Stillzeit: Pethidin und sein Metabolit Norpethidin gehen in die Muttermilch über, weshalb bei einer Behandlung mit Pethidin nicht gestillt werden sollte. 

Dosierung und Art der Anwendung

Übliche Einzeldosen enthalten zwischen 25 und 150 mg (i.m. und s.c.) oder 50 mg (i.v.).

Tropfen zum Einnehmen (50 mg/ml): Die Einzeldosis für Erwachsene liegt zwischen 25 bis 150 mg Pethidinhydrochlorid (10 und 60 Tropfen). Die Tagesdosis für Erwachsene sollte 500 mg Pethidinhydrochlorid nicht überschreiten.

Für Kinder ab 1 Jahr sind lediglich die Tropfen zugelassen. Diese werden in Abhängigkeit vom Körpergewicht dosiert. Die Einzeldosis beträgt 0,6 bis 1,2 mg Pethidinhydrochlorid pro Kilogramm Körpergewicht (entspricht 1 bis 2 Tropfen pro 4 kg Körpergewicht).

Unerwünschte Wirkungen

Häufig:

Verwirrung, Stimmungsveränderungen (meist Euphorie, gelegentlich Dysphorie); Veränderungen der kognitiven und sensorischen Leistungsfähigkeit (z. B. hinsichtlich Entscheidungsverhalten sowie Wahrnehmungsstörungen), Schwindel, Sedierung, Atemdepression.

Gelegentlich:

Erhöhung der Amylase- und Lipasekonzentration, Erhöhung der Lebertransaminasen

Überempfindlichkeitsreaktionen (urtikarielle Exantheme, Urtikaria, Anaphylaxie, unter Umständen bis zum lebensbedrohlichen Schock), Flush, Schwitzen und Pruritus infolge Histaminfreisetzung (Aníbarro B et al. 2000)

Sehr selten:

Psychosen

Nebenwirkungen mit unbekannter Häufigkeit:

Tachykardie, Bradykardie, hypotensive Kreislaufreaktionen, Myokardinfarkt (Kounis-Syndrom), Tremor, unwillkürliche Muskelbewegungen, Krampfanfälle (insbesondere bei höherer Dosierung, eingeschränkter Nierenfunktion und erhöhter Krampfbereitschaft), Sehstörungen, Miosis (vor allem nach rascher intravenöser Applikation), Bronchospasmus, Singultus (jeweils vor allem nach rascher intravenöser Applikation), Übelkeit, Erbrechen (jeweils vor allem nach rascher intravenöser Applikation), trockener Mund, Appetitlosigkeit, Kontraktion der Gallenwege und des Pankreasgangs, Orientierungslosigkeit, Delirium, Schlafstörungen.

Insbesondere bei längerer Anwendung kann es aufgrund einer Tonuserhöhung der glatten Muskulatur zu Obstipation bzw. zu Miktionsbeschwerden wie z. B. Harnretention kommen.

Wechselwirkungen

Vorsicht ist geboten bei gleichzeitiger Gabe von Pethidin mit folgenden Substanzen/Arzneimitteln:

Ritonavir kann die Plasmakonzentration des Metaboliten Norpethidin erhöhen.

Phenytoin kann den hepatischen Metabolismus von Pethidin verstärken. Bei gleichzeitiger Gabe sind eine verringerte Halbwertzeit und Bioverfügbarkeit von Pethidin sowie eine erhöhte Konzentration von Norpethidin die Folge.

Cimetidin reduziert die Clearance und das Verteilungsvolumen von Pethidin sowie die Bildung von Norpethidin.

Benzodiazepine: Die Anwendung von Benzodiazepinen in Kombination mit Opioiden kann durch gegenseitige Verstärkung der zentraldämpfenden Wirkung das Risiko von Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod erhöhen. Dosen und Dauer einer gleichzeitigen Anwendung sind zu beschränken.

Barbiturate: Gemeinsame Anwendung mit Barbituraten und anderen zentraldämpfenden Pharmaka kann aufgrund additiver ZNS-dämpfender Wirkung zu einem verminderten Bewusstseinszustand oder zu Atemdepression führen.

Alkohol erhöht das Risiko von Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod aufgrund der gegenseitigen Verstärkung der zentraldämpfenden Wirkung.

Phenothiazine können das Risiko einer Hypotension erhöhen.

Phenobarbital kann bei einer Dauertherapie die Verstoffwechselung von Pethidin erhöhen.

Partielle Opioid-Rezeptorantagonisten (Pentazocin, Nalbuphin und Buprenorphin) können den analgetischen Effekt von Pethidin reduzieren und zu Entzugssymptomen aufgrund des kompetitiven Rezeptorantagonismus führen.

MAO-Hemmer: Mögliche lebensbedrohliche Wechselwirkungen auf Zentralnervensystem, Atmungs- und Kreislauffunktion sind nach Vormedikation mit MAO-Hemmstoffen innerhalb der letzten 14 Tage vor Opioid-Applikation möglich. 

Serotonerge Arzneimittel (z. B. selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs) und Johanniskraut-Präparate) können ebenfalls zum Auftreten eines Serotonin-Syndroms führen.

 

Kontraindikation

  • Überempfindlichkeit gegen Pethidin
  • gleichzeitige Behandlung mit MAO-Hemmern oder innerhalb von 14 Tagen nach der letzten Einnahme
  • schwere respiratorische Insuffizienz sowie pathologische Zuständen, bei denen eine Dämpfung des Atemzentrums vermieden werden muss
  • schwere Leberfunktionsstörung, akute hepatische Porphyrie, Gallenkoliken, Post-Cholezystektomiesyndrom, Pankreatitis
  • Schädeltrauma, erhöhter Hirndruck
  • Supraventrikuläre Arrhythmien
  • Alkoholismus und Drogenabhängigkeit.

Präparate

Dolantin® 50 mg Injektionslösung, Tropfen, Zäpfchen; Dolcontral® 100 mg, Zäpfchen; Pethidin-hameln® 50 mg/ml, 1 ml;

Hinweis(e)

Weitere Details zu diesem Wirkstoff können Sie den jeweiligen Fachinformationen entnehmen. Keine Verkehrstüchtigkeit unter Pethidin.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Aníbarro B et al. (2000) Urticaria induced by meperidine allergy. Allergy 55:305-306.
  2. Clark RF et al. (1995) Meperidine: therapeutic use and toxicity. J Emerg Med 13:797-802.
  3. Latta KS et al. (2002) Meperidine: a critical review. Am J Ther 9:53-68.
  4. Mather LE et al. (1978) Clinical pharmacokinetics of pethidine. Clin Pharmacokinet 3:352-368.
  5. Graefe KH et al. Nozizeptives System. In: Graefe KH et al (Eds) Pharmacology and Toxicology. Georg Thieme Publisher Stuttgart S. 228-239
Abschnitt hinzufügen

Zuletzt aktualisiert am: 20.12.2020