Harnsteinarten

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 29.03.2021

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Synonym(e)

Harnsteine

Erstbeschreiber

Wollaston beschrieb 1810 erstmals einen mit dem Urin ausgeschiedenen Zystinstein (Hoffmann 2014). Im Jahre 1817 untersuchte Marcet als Erster einen Nierenstein chemisch. Dieser bestand aus reinem Xanthin (Opitz 1965).

 

 

Einteilung

Man differenziert bei Harnsteinen zwischen folgenden Arten:

1. Kalziumsteine: Bei Kalziumsteinen spielt der pH- Wert des Urins eine große Rolle: Bei niedrigem pH- Wert bilden sich Kalzium- Oxalatsteine, bei hohem pH Kalzium- Phosphatsteine (Kuhlmann 2015).

Zu einer Hyperkalziurie (ab > 5 mmol / d ist eine Metaphylaxe gerechtfertigt) kann es kommen durch:

  • absorptive Hyperkalziurie (durch eine gesteigerte enterale Resorption)
  • resorptive Hyperkalziurie (ist Folge einer gesteigerten Mobilisation von Kalzium aus den Knochen bei z. B. M. Bechterew, Immobilisation, Osteoporose etc.)
  • Hyperparathyreoidismus 
  • renal- tubuläre Azidose (= RTA, eine autosomal- dominante Erkrankung) (Herold 2020 / Seitz 2018)

1. a. Kalzium- Oxalatsteine: Kalzium- Oxalatsteine unterteilt man auf Grund der Mineralform in:

  • Weddellit- Steine
  • Whewellit- Steine (Wendt- Nordahl 2014)

Der Normwert der Oxalatausscheidung im Urin liegt bei < 40 mg / d bzw. < 0,36 mmol / d. Eine Hyperoxalurie mit nachfolgender Steinbildung kann auftreten bei:

  • übermäßiger Zufuhr oxalathaltiger Lebensmittel wie z. B. Rhabarber, rote Beete, Nüsse, Spinat, Petersilie, (dunkle)Schokolade, Weizenkleie, Kakao, Cola, Kaffee, Tee etc.
  • vermehrter enteraler Absorption durch z. B. Zustände mit Malabsorption bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
  • primär bedingter Hyperoxalurie (sehr seltene, genetisch bedingte Erkrankung) (Kuhlmann 2015)

Im 24 h- Sammelurin sollten u. a. auch die Ausscheidung von Kalzium, Oxalat, Zitrat, Kreatinin, Harnsäure, und Magnesium bestimmt werden (Seitz 2018).

Falls bei der Basisdiagnostik ein erhöhtes Albumin- korrigiertes bzw. ionisiertes Kalzium nachweisbar sein sollte, empfiehlt sich zum Ausschluss eines Hyperparathyreoidismus die zusätzliche Bestimmung von Parathormon (Seitz 2018).

Bei 70 % der Kalzium- Oxalatsteinbildner findet sich keine der o. g. Risikofaktoren. In solchen Fällen spricht man von „idiopathischen Steinbildnern“ (Wendt- Nordahl 2014).

1. b. Kalzium- Phosphatsteine: Die Kalzium- Phosphatsteine unterteilt man auf Grund der Ätiologie in:

  • Dahllit (= Karbonatapatit)
  • Brushit

Dahllit- / Karbonatapatitsteine: Does  treten bevorzugt bei hohen Urin- pH- Werten von > 6,8 auf und sind deshalb häufig mit einem Infekt assoziiert. Aus diesem Grund sollte bei Auftreten von Karbonatapatitsteinen immer eine Urinkultur angelegt werden. Falls kein Harnwegsinfekt nachweisbar sein sollte, empfiehlt sich bei konstant neutralem oder alkalischem Urin ein Ammoniumchlorid- Belastungstest. Mit diesem lässt sich eine renal- tubuläre Azidose nachweisen, die z. B. durch einen genetischen Defekt oder eine erworbene Schädigung der Nierenepithelzellen [Brandes 2019] verursacht werden kann und zu einer gestörten Bikarbonat- oder H+- Ionenausscheidung führt (Wendt- Nordahl 2014) (Seitz 2018)

Bei Brushitsteinen findet sich ein Urin- pH zwischen 6,5 – 6,8. Zusätzlich sind im Urin hohe Konzentrationen von Kalzium und Phosphat nachweisbar. Die Infektassoziation spielt hierbei keine Rolle (Seitz 2018). Brushitsteine wachsen rasch, sind sehr hart und sprechen deshalb schlecht auf eine ESWL- Behandlung an (Wendt- Nordahl 2014).

2. Harnsäurehaltige Steine : Hierbei differenziert man auf Grund ihrer Ätiologie zwischen den rein harnsäurehaltigen Steine und den Ammonium-Uratsteinen.

2. a. Rein harnsäurehaltige Steine: Harnsäure stellt das Endprodukt des Purinstoffwechsels dar. Rein harnsäurehaltige Steine treten bevorzugt im konstant sauren Urin (pH < 5,8 [Seitz 2018]) und bei gleichzeitig bestehender hoher Harnsäureausscheidung auf (Kasper 2015).

Die Ursachen können exogen sein durch:

  • fehlerhafte Ernährung (z. B. eine hohe tierische Proteinzufuhr) oder endogen sein durch z. B.:
  • Hyperurikämie
  • katabole Stoffwechsellagen (z. B. beim metabolischen Syndrom)
  • Enzymdefekte
  • myeloproliferative Störungen
  • Medikamente
  • Tumorlyse- Syndrom (Seitz 2018)

2. b. Ammonium- Uratsteine: Ammonium- Uratsteine entstehen bevorzugt in einem pH- Bereich von > 6,5.

Die Ursachen für die Steinbildung können sein:

  • Infektion
  • Malabsorption 
  • Malnutrition
  • stark harnsäurehaltige, vegetarische Ernährung

Da Ammonium- Uratsteine am häufigsten mit einer Infektion assoziiert sind, sollte auf jeden Fall eine Urinkultur angelegt werden (Seitz 2018).

3. Infektsteine (z. B. Struvite): Bei Infektsteinen handelt es sich i. d. R. um Mischsteine, die durch ein rasches Wachstum gekennzeichnet sind (Wendt- Nordahl 2014). Infektsteine bilden sich bevorzugt im alkalischen Bereich (pH > 6.5) und entstehen durch Urease- produzierende Bakterien wie z. B. 

  • Corynebacterium urealyticum
  • Morganella morganii
  • Proteus spp.
  • Providencia rettgeri 
  • Ureaplasma urealyticum

und auch durch fakultative Ureasebildner wie z. B.:

  • Enterobacter gergoviae
  • Klebsiella spp.
  • Providencia stuartii
  • Serratia marcescens 
  • Staphylococcus spp. (Kaufmann 2015 / Wendt- Nordahl 2014)

Bevorzugt treten Infekte auf bei neurogenen Blasenentleerungsstörungen, benignem Prostatasyndrom, Subpelvinstenosen, Blasendivertikel, Zystozelen, Harnröhrenstrikturen und Fremdkörpern wie z. B. Blasenkatheter (Wendt- Nordahl 2014).

4. Zystinsteine: Die Zystinurie wird verursacht durch Mutationen von 2 Transportern einer bibasischen Aminosäure. Der Vererbungsgang ist autosomal rezessiv. Zystinsteine entstehen ausschließlich durch Übersättigung des Urins mit Zystin.  Man differenziert dabei, je nach genetisch verändertem Transporter, zwischen Typ A, Typ B und Typ AB.(Kuhlmann 2015 / Hautmann 2013)

5. Seltene Steine wie z. B.:

  • 5. a. Xanthinsteine: Zur Bildung von Xanthinsteinen kommt es in erster Linie durch einen Defekt der Xanthinoxidase. Durch diesen steigt die Exkretion des Xanthins im Urin an. Die Erkrankung wird ebenfalls autosomal rezessiv vererbt (Seitz 2018). Typisch dabei sind die erhöhte Xanthinausscheidung bei gleichzeitig deutlicher Verminderung der Harnsäure, sowohl im Urin als auch im Serum (Kuhlmann 2015). Extrem selten kann es durch die Gabe von Allopurinol (Xanthinoxidasehemmer) zu einer medikamentös induzierten Form der erhöhten Xanthinausscheidung im Urin kommen (Seitz 2018).

 

Vorkommen

  • Kalziumsteine sind die mit Abstand am häufigsten auftretende Steinart:
    • Kalziumoxalatsteine kommen mit 70 % - 80 % am häufigsten aller Steinarten vor und treten 3 x häufiger bei Männern als bei Frauen auf
      • Whewellit: 60 % - 70 %
      • Weddellit: 10 % - 15 %
    • Kalziumphosphatsteine finden sich bei ca. 5 % - max. 10 % aller Harnsteine
      • Karbonatapatit / Dahllit: ca. 5 %
      • Brushit: ca. 1 %
  • Harnsäure-haltige Steine zwischen 0,5 % - 10 %
    • reine Harnsäuresteine ca. 10 %
    • Ammonium- Uratsteine 0,5 % - 1 %
  • Infektsteine: in 5 % - 10 % (kommen bei Frauen 3 – 5 x häufiger vor und sind in Entwicklungsländern deutlich häufiger als in Westeuropa)
  • seltene Steine: < 1 %
    • Xanthin < 0,5 % (Seitz 2018 / Wendt- Nordahl 2014)

 

 

Ätiologie

Ätiologisch unterteilt man die Harnsteine in:

  • nicht- infektionsbedingte Steine wie z. B:
    • Kalzium- Oxalat
    • Kalzium- Phosphat: Brushit
    • reine Harnsäure

 

  • infektionsbedingte Steine wie z. B:
    • Struvit
    • harnsäurehaltige: Ammonium- Urat
    • Kalzium- Phosphat: Dahllit (= Karbonatapatit)

(Kuhlmann 2015)

 

  • genetisch bedingte Steine wie z. B.:
    • Zystin
    • Xanthin

(Weigert 2018)

  • Steinbildung durch genetische Erkrankungen wie z. B.:
    • Cystinurie Typ A, B und C
    • 2,8- Dihydroxyadenurie 
    • Lesch- Nyhan- Syndrom
    • Mukoviszidose
    • primäre Hyperoxalurie
    • renale tubuläre Azidose

(Seitz 2018)

 

  • medikamentös bedingte Steinbildung durch z. B:
    • Sulfonamide
    • Indinavir (zur Behandlung HIV- positiver Patienten [Husstedt 2013])

(Kuhlmann 2015)

 

Lokalisation

Je nach Lokalisation der Harnsteine differenziert man zwischen:

  • Nephrolithiasis (in der Niere)
  • Ureterolithiasis (im Harnleiter)
  • Urethralithiasis (in der Harnröhre)
  • Zystolithiasis (in der Harnblase)

(Herold 2020)

Bildgebung

Röntgen:

  • Kalziumsteine:
    • Kalzium- Oxalat: schattengebend
    • Kalzium- Phosphat: schattengebend
  • Harnsäurehaltige Steine:
    • reine Harnsäuresteine: nicht schattengebend 
    • Ammonium- Uratsteine: nicht schattengebend 
  • Infektsteine schwach schattengebend
  • Zystinsteine: schwach schattengebend
  • seltene Steine:
    • z. B. Xanthinsteine: nicht schattengebend (Herold 2020 / Seitz 2018)

Natives CT

Das native CT zählt inzwischen zur Standarddiagnostik bei V. a. Harnsteine. Die Sensitivität liegt zwischen 94 % - 100 % und die Spezifität zwischen 92 % - 100 % (Seitz 2018).

Prognose

Harnsteine haben eine hohe Tendenz zum Rezidiv. Ohne eine entsprechende Metaphylaxe liegt die Rezidivquote bei 50 % und sinkt bei – entsprechend der Harnsteinart - angepasster Metaphylaxe auf 15 % (Herold 2020).

Die Grundlage für die Metaphylaxe bildet die Analyse der Harnsteinzusammensetzung, die grundsätzlich bei jedem Nierenstein erfolgen sollte (Seitz 2018).

Man unterteilt die Metaphylaxe in allgemeine Maßnahmen für Patienten der Niedriggruppe und in eine spezielle Maßnahmen für Hochrisikogruppen ein (Herold 2020).

Zur Hochrisikogruppe zählen:

  • frühes Auftreten einer Lithiasis (bereits im Kindesalter)
  • familiäre Steinformation
  • Einzelniere 
  • bestimmte Steine wie:
    • Brushitsteine (Form der Kalzium- Phosphatsteine)
    • harnsäurehaltige Steine
    • Infektsteine  (Seitz 2018)

Für alle Harnsteinbilder gilt:

  • bei Vorliegen eines Harnwegsinfektes umgehende dem Antibiogramm entsprechende Antibiose
  • Erhöhung der Trinkmenge bis auf eine Urinvolumen von mindestens 2 l 
  • zirkadianes Trinken 
  • Apfel- und Grapefruitsaft meiden
  • Harndichte < 1,010 kg / l
  • ballaststoffreiche, ausgewogene (mediterrane) Ernährung
  • Kaliumzufuhr 1 – 1,2 g / d
  • Proteinbegrenzung auf 0,8 – 1,0 g / kg KG / d
  • Kochsalzzufuhr < 6 g / d
  • Regulierung des Körpergewichtes 
  • adäquate körperliche Bewegung
  • Stressbegrenzung 

(Herold 2020 / Kasper 2015 / Kuhlmann 2015 / Schmelz 2006)

Zusätzlich zu den o. g. Allgemeinmaßnahmen gibt es für einzelne Steinarten spezielle Empfehlungen:

1. Kalziumhaltige Steine: Medikamentös lässt sich der Kalziumgehalt des Urins durch ein Thiaziddiuretikum senken. Das häufig verwendete Hydrochlorothiazid (HCT) kann – laut neuester Daten – bei Langzeitanwendung die Gefahr für den weißen Hautkrebs erhöhen. In der Leitlinie werden stattdessen empfohlen:

  • Chlortalidon (Dosierungsempfehlung z. B. Hygroton 25 mg – 50 mg / d) oder 
  • Indapamid (Dosierungsempfehlung: z. B. INDA- Puren 1,5 mg – 2,5 mg / d [Lemmer 2007]) (Seitz 2018)

Patienten sollten die von Ernährungswissenschaftlern empfohlene Kalziumzufuhr von 1 – 1,2 mg / d nicht reduzieren. Das gilt insbesondere auch für die an Osteoporose erkrankten Patienten. Es hat sich gezeigt, dass bei kalziumreduzierter Ernährung die Harnsteininzidenz sogar zunimmt (Herold 2020).

1 a. Kalzium- Oxalatsteine: Das Meiden oxalathaltiger Speisen (wie z. B. Rhabarber, rote Beete, Nüsse, Spinat, Petersilie, (dunkle) Schokolade, Weizenkleie, Kakao, Cola, Kaffee, Tee etc.) hilft nur bedingt, da auch im Intermediärstoffwechsel Oxalat anfällt (Herold 2020).

Auch Magnesium stellt einen protektiven Faktor bei der Bildung von Kalzium- Oxalatsteinen dar. Sollte die Konzentration von Magnesium im Urin vermindert sein, empfiehlt sich die orale Gabe von 200 mg – 400 mg Magnesium pro Tag (Tagesbedarf ca. 300 mg – 400 mg [Herold 2020]) . Bei einer bereits bestehenden Niereninsuffizienz ist Magnesium allerdings kontraindiziert (Wendt- Nordahl 2014). Sollten im Urin moderat erhöhte Werten von Kalzium auftreten (> 5 mmol / d bzw. bei Kindern 0,1 mmol / l / kg KW / d),wird eine Behandlung empfohlen mit

  • Alkalizitrat (Dosierungsempfehlung: 9 – 12 mg / d) 
  • oder Natriumbikarbonat 

Bei erheblich erhöhten Werten von > 8 mmol / d (bzw. 0,2 mmol / l / kg KW / d bei Kindern) kann die Kalziumausscheidung mit einem Thiaziddiuretikum wie z. B. Chlortalidon behandelt werden.  Dosierungsempfehlung: 25mg – 50 mg / d bzw. 0,1 mg – 0,2 mg / l / kg KW / d bei Kindern). Falls es sich um einen Patienten mit bereits bestehender Niereninsuffizienz handelt, sollten kaliumhaltige Präparate wegen der Gefahr einer Hyperkaliämie vermieden werden. Hinweis auf Hydrochlorothiazid (HCT) s. o. „1. Kalziumhaltige Steine“ (Seitz 2018)

1b. Kalzium- Phosphatsteine: Bei Auftreten von Kalzium- Phosphatsteinen sollten folgende Erkrankungen ausgeschlossen werden:

  • Hyperparathyreoidismus (Herold 2020)
  • primäre Hyperoxalurie 
  • sekundäre oder enterale Hyperoxalurie
  • renal- tubuläre Azidose (RTA) (Seitz 2018)

Im Fall rezidivierender Infekte kann eine antibiotische Dauertherapie zur Metaphylaxe erforderlich sein. Bei anhaltend erhöhtem Urin- pH - ohne Nachweis eines Infektes – sollte L- Methionin zur Senkung des pHs auf Werte zwischen 5,8 und 6,2 verabreicht werden (Dosierungsempfehlung: 500 mg 2 – 3 x / d). (Wendt- Nordahl 2014)

Falls eine Hyperkalziurie besteht, empfiehlt sich auch hierbei die Behandlung mit einem Thiaziddiuretikum wie z. B. Chlortalidon:   Dosierungsempfehlung: 25mg – 50 mg / d bzw. 0,1 mg – 0,2 mg / l / kg KW / d bei Kindern). Auch hier gilt: Bei Patienten mit bereits bestehender Niereninsuffizienz sollten kaliumhaltige Präparate wegen der Gefahr einer Hyperkaliämie vermieden werden. Hinweis auf Hydrochlorothiazid (HCT) s. o. „1. Kalziumhaltige Steine“

2. Harnsäuresteine:

2a: Reine Harnsäuresteine: Der pH- Wert im Urin ist bei reinen Harnsäuresteinen niedrig, da Harnsäure bei sauren pH- Werten auskristallisiert. Im alkalischen Milieu geht Harnsäure aber wieder in Lösung über. Bereits vorhandene Steine können somit durch Anhebung des pH- Wertes aufgelöst werden.

Die Auflösung von Harnsäuresteinen erfolgt medikamentös mit z. B. Kaliumcitrat. Die Dosierung ist individuell anzupassen bis zur Alkalisierung des pH- Wertes auf 7,0 – 7,2. Bei der Metaphylaxe mit Kaliumcitrat ist ein pH- Wert zwischen 6,2 – 6,8 anzustreben (Wendt- Nordahl 2014 / Seitz 2018).

Grundsätzlich sollte Patienten mit Harnsäuresteinen diätetische Maßnahmen wie z. B. Vermeidung purinhaltiger Speisen (wie z. B. Vermeiden von Innereien, Fleischextrakt (Gemüsebrühe statt Fleischbr<ühe verwenden), Schalen- und Krustentiere, Bohnen, Erbsen, Spargel, Spinat, Kaffe, Tee, Kakao etc. (Klein 2019 / Seitz 2018)

Falls es trotz der diätetischen Maßnahmen zu einem Persistieren der Hyperurikosurie kommt, empfiehlt sich die Gabe von Allopurinol 100 mg / d. Bei einer zusätzlichen Hyperurikämie sollte die Dosierung zwischen 100 mg - 300 mg / d liegen (Seitz 2018).

2. b. Ammonium- Uratsteine: Bei Ammonium- Uratsteinen gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte:

1. Bei erneut auftretenden Infekten umgehende antibiotische Behandlung entsprechend dem Antibiogramm.

2. Medikamentöse Ansäuerung des Urins mit L- Methionin (Dosierungsempfehlung: 500 mg 2 – 3 x / d) auf pH- Werte zwischen 5,8 – 6,2.

3. Medikamentöse Senkung der Harnsäurespiegel im Blut und / oder im Urin durch Allopurinol. Dosierungsempfehlung:100 mg - 300 mg / d. (Seitz 2018)

3. Infektsteine: Ein wesentlicher Bestandteil der Metaphylaxe bei Infektsteinen ist die komplette Steinsanierung, da sich bei verbliebenen Restfragmenten erneut Bakterien ansiedeln können (Wendt- Nordahl 2014). Bei erneutem Auftreten eines Harnwegsinfektes ist umgehend eine gezielte Antibiose entsprechend dem Antibiogramm einzusetzen (Herold 2020). Infektsteine bilden sich bevorzugt im alkalischen Urin. Der Patient sollte angehalten werden, vermehrt Apfelsaft oder Preiselbeersaft zu trinken, da dies zu einer Ansäuerung des Urins führt (Herold 2020).  Falls sich dadurch keine Verbesserung des pH- Wertes erreichen lässt, kann der Urin medikamentös mit L- Methionin bis zu einem pH von 5,6 – 6,2 gesenkt werden (Dosierungsempfehlung: 500 mg 2 – 3 x / d). (Kuhlmann 2015)

4. Zystinsteine: Auch bei den Zystinsteinen gibt es mehrere Ansatzpunkte:

  • Senkung der Konzentration von Zystin im Urin durch regelmäßige Trinkmengen von insgesamt > 3,5 l / d
  • Reduzierung der Zystinausscheidung durch salz- und proteinarme Ernährung
  • Alkalisierung des Urins mit Alkalizitraten oder Natriumbikarbonat bei allen Patienten mit Zystinurie, da dies zu einerbesseren Löslichkeit des Zystins führt. Die Dosis ist individuell anzupassen, bis ein Urin- pH von deutlich mehr als 7,5 erreicht wird.

Sollten diese Maßnahmen nicht zum Erfolg führen oder liegt eine extrem hohe Ausscheidung von Zystin vor (> 3 mmol / d), empfiehlt sich die medikamentöse Senkung mit z. B.: Tiopronin (Chelatbildner): Dosierungsempfehlung: initial 2 x 250 mg / d. Je nach Erfolg kann die Dosis auf maximal 2 g / d gesteigert werden. Zu beachten ist, dass es bei Tiopronin zu einer Tachyphylaxie kommen kann, durch die eine Dosissteigerung erforderlich wird, um eine gleiche Wirkung zu erzielen (Seitz 2018).

5. Seltene Steine:

5. a. Xanthinsteine:  Eine medikamentöse Therapie steht derzeit nicht zur Verfügung.  Es wird auch hierbei eine Steigerung der Trinkmenge auf > 3 l / d empfohlen und eine purinarme Kost wie z. B. Vermeiden von Innereien, Fleischextrakt (Gemüsebrühe statt Fleischbrühe verwenden), Schalen- und Krustentiere, Bohnen, Erbsen, Spargel, Spinat, Kaffe, Tee, Kakao etc. (Klein 2019) empfohlen (Seitz 2018).

Literatur
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  5. Husstedt I W (2013) HIV und AIDS: Fachspezifische Diagnostik und Therapie. Springer Verlag 26
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  19. Wendt- Nordahl G (2014) Metabolische Diagnostik und Prävention der Urolithiasis. Die Urologie 1 – 21  DOI 10.1007/978-3-642-41168-7_37-1

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