Lymphomatoide Papulose C86.6

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Co-Autor: Florian Burkhart

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Zuletzt aktualisiert am: 05.01.2023

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Synonym(e)

Anaplastische lymphomatoide Papulose; Angiozentrische lympomatoide Papulose; Epitheliotrope lymphomatoide Papulose; Gemischtzellige lymphomatoide Papulose; Lymphomatoid papulosis; LyP; Papulose lymphomatoide; T-Zell-Pseudolymphom

Erstbeschreiber

Dupont, 1956; Macauly, 1968

Definition

Niedrigmalignes, CD30-positives, besonders gutartig verlaufendes T-Zell-Lymphom (?) mit jahrelangem, rezidivierendem Verlauf, gekennzeichnet durch einzelne oder multiple, schmerzlose, papulo-nodöse oder ulzeröse Hautveränderungen mit spontaner Abheilung und monatelanger, evtl. sogar jahrelanger Latenz.

Bemerkung: Einige Autoren werten das Krankheitsbild als gutartig!

Vorkommen/Epidemiologie

Prävalenz 0,1/100.000 Einwohner/Jahr. Weltweites Auftreten. Überwiegend bei Angehörigen der kaukasischen Ethnien, der Anteil an den CTCL beträgt etwa 18%. 

Ätiopathogenese

Unbekannt. Virale Genese? Bei jugendlichen Patienten besteht eine erhöhte Assoziation zu atopischen Erkrankungen. Die nachweislichen Mutation in SDC1-, COL4A1- und Laminin-5-Genen können mit einem Tumorrezidiv oder einer Progression in ein höhergradiges Lymphom einhergehen (Wang TT et al. 2017). 

Manifestation

V.a. Erwachsene; Alter: 7-83 Jahre, Durchschnittsalter: 39 Jahre (Xiong J et al. 2015); in einer größeren Studie an 20 Patienten betrug das Durchschnittsalter 28,6 Jahre (Wang TT et al. 2017).  Sehr selten wird die Erkrankung auch bei Kindern und Jugendlichen angetroffen.

f:m=2,3:1 (nach anderen Quellen: 1:1).

Lokalisation

Rumpf>Extremitäten>Gesicht und Lider. Selten betroffen ist die Mundhöhle. 

Klinisches Bild

Meist mehrzählige, seltener nur einzählige (selten mehr als 5, disseminertes Auftreten ist möglich, aber die Ausnahme), sich innerhalb weniger Tage bildende (Eruptionsphase), rote bis rot-braune oder braun-violette, weich-elastische, schmerzlose, oberflächenglatte flache, rote Papeln. Diese entwickeln sich (überraschend schnell) zu roten stets schmerzlosen Knoten (bis 2 cm Ø) mit zunächst glatter Oberfläche.

Regelmäßig kommt es unter initialer hämorrhagischer Krustenbildung zu einem torpiden Zerfall der zentralen Knotenpartien. Dadurch entsteht Morphologiewandel! Klinisch imponiert in dieser Entwicklungsphase nur noch ein (dem Untersucher nicht erklärbares) unterschiedlich tiefes, meist kaum schmerzhaftes Ulkus. Gefahr der Sekundärinfektion (Bild der Pyodermie). Abheilung unter Ausbildung einer wenig spektakulären, hyper(hypo-)pigmentierten Narbe.

Nach 3-8 Wochen spontane Rückbildung unter Ausbildung von Schuppenkrusten.

Histologie

Typ A: Dichtes, diffuses, bis in die Subkutis reichendes, gemischtzelliges Infiltrat aus pleomorphen und anaplastischen lymphoiden Zellen sowie zahlreichen eosinophilen und neutrophilen Granulozyten, Histiozyten und kleinen Lymphozyten. Zahlreiche Mitosen.

Typ B: Bandförmiges dermales, epidermotropes Infiltrat aus kleinen bis mittelgroßen lymphoiden Zellen mit chromatindichten zerebriformen Kernen.

Typ C: Dichtes, diffuses, bis in die Subkutis reichendes Infiltrat aus großen anaplastischen Zellen. Nur wenige eosinophile oder neutrophile Granulozyten, Histiozyten und kleine Lymphozyten. Zahlreiche Mitosen (weitaus häufigste Typ- Wang TT et al. 2017).

Typ D: Dichtes, diffuses, bis in die Subkutis reichendes Infiltrat aus kleinen bis mittelgroßen CD8+ und CD30+ Lymphozyten. Deutliche Epidermotropie. 

Typ E (angioinvasiver Typ): Dichtes, angiozentrisches und angioinvasives, bis in die Subkutis reichendes, gemischtzelliges Infiltrat aus mittelgroßen pleomorphen und anaplastischen lymphoiden Zellen. Nachweis von Nekrosen und Ulkusbildung. Weiterhin eosinophile Granulozyten.

Immunhistologie: Tumorzellen sind positiv für CD3 (80-90%), CD4 (80-90%), CD8 (50% der Fälle), CD25. In Typ A und C exprimieren die anaplastischen, großen Zellen CD30 (s.u. CD-Klassifikation). T-Zell-Rezeptor-Gen-Rearrangement: Nur in vereinzelten Fällen Nachweis der Monoklonalität der T-Zell-Infiltrate. CD20 wird nur sehr selten, ALK1 nicht exprimiert. 

Differentialdiagnose

  • Lymphom, kutanes T-Zell-Lymphom, großzelliges, CD30-positives: Meist solitärer größerer Knoten; selten gruppierte Knötchen oder Knoten mit Neigung zur Ulzeration. Spontane Regressionen und erneute Rezidive sind möglich (bei bis zu 25% der Patienten).
  • Pityriasis lichenoides chronica: Sehr polymorphes klinisches Bild; initial kleine (meist < 0,5 cm), kalottenförmige, gerötete, derbe, oberflächlich stumpfe oder spiegelnde Papeln, die von einer feinen Schuppe bedeckt werden. Ausrichtung längs der Spannungslinien der Haut. Typisch: Ausbildung einer kompakten, oblatenförmigen, bedeckenden, zentral haftenden Schuppe. Die Erkrankung verursacht bis auf einen leichten bis mäßigen Juckreiz keine Beschwerden. Histologie ist i.A. diagnostisch.
  • Prurigo simplex subacuta: Meist buntes klinisches Bild mit Effloreszenzen unterschiedlicher Akuität "von frisch bis narbig abgeheilt". Typisch ist ein punktueller, unangenehm stechender Juckreiz, der mit einer ebenso umschriebenen und typischen Kratzreaktion (Auslöffeln) beantwortet wird; danach schlagartiges Sistieren des Juckreizes. Histologie schließt die Diagnose "lymphomatoide Papulose" sicher aus.

    Merke! Nicht die "störenden Effloreszenzen", sondern der quälende Juckreiz führt zum Arzt!

  • Pseudolymphome: das klinische Bild ist variabel; meist oberflächenstabile, nicht ulzerierte, wenig symptomatische Papeln. Histologie: meist bunt gemischtes, reifzelliges, B- und T-Zell Muster. Kein CD30+ Infiltrat.
  • Insektenstiche: Meist juckende "artifiziell" wirkende, urtikarielle Papeln und Plaques. Meist kurze Anamnese. Schwierig abzugrenzen bei persistierenden Arthropodenreaktionen. Histologie: wie bei Pseudolymphomen.
  • Syphilis: Anamnese; Histologie und Serologie sind diagnostisch.
  • Eosinophiles Ulkus der Mundschleimhaut: diese DD ist nur histologisch abzuklären. 

Komplikation(en)

40-60% der Patienten erkranken an einer weiteren lymphoproliferativen Erkrankung. Hierbei ist die Erkrankungsrate an Mycosis fungoides besonders hoch (durchschnittlich 78%). Patienten mit lymphomatoider Papulose Typ A sind bevorzugt betroffen (> 90%). Mycosis fungoides kann parallel zur lymphomatoiden Papulose (30-40%) auftreten oder ihr vorausgehen (60-70%).

Weitere lymphoproliferative Erkrankungen, die zusammen oder im Anschluss an eine lymphomatoide Papulose auftreten können, sind großzellige anaplastische Lymphome (12%). Vereinzelt wurde über das Auftreten eines M. Hodgkin berichtet.

Therapie

Die Therapie richtet sich in erster Linie nach der klinischen Ausprägung des Krankheitsbildes. Keine der verfügbaren Therapien beeinflusst den natürlichen Verlauf der Erkrankung. Alle Therapiemodalitäten sollten unter dem Aspekt der Krankheitskontrolle und nicht der Heilung eingesetzt werden.
  • Insofern empfiehlt sich bei lokalisiertem, blandem Befall eine zeitnahe proaktive Lokaltherapie mit mittelstarken topischen Glukokortikoiden gfls. unter Okklusion (Glukokortikoide Klasse II und III) wie 0,1% Betamethason-Lotio R030 , 0,1% Triamcinolon-Creme R259 oder intraläsionale Gabe von Triamcinolon (z.B. Volon A 1:1 verdünnt mit LA wie Scandicain).
  • Alternativ bei multifokaler Ausbreitung:
  • Halbjährliche Kontrolluntersuchung, auch wiederholte Hautbiopsien sind erforderlich, um ggf. Übergang in ein agressives kutanes T-Zell-Lymphom rechtzeitig zu erkennen!

Therapie allgemein

Insgesamt eher schlechtes Ansprechen auf die Therapie. Insofern ist symptomatisches Verhalten angezeigt. Evtl. Behandlung der Sekundärinfektionen.

Verlauf/Prognose

Meist gut, jahrelanger rezidivierender blander Verlauf, mit monatelanger oder jahrelanger Erscheinungsfreiheit.

Einschränkung der Lebenserwartung nur durch assoziierte Lymphome (bei bis zu 20% der Patienten entwickeln sich im Laufe von Jahren andere Lymphome: Mycosis fungoides, immunoblastisches oder großzelliges anaplastisches Lymphom, Morbus Hodgkin). Die Mortalitätsrate liegt bei rund 8%.  

Für Patienten, die eine lymphomatoide Papulose im Kindesalter entwickeln, ist die Wahrscheinlichkeit an einem Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken 200mal höher als in der Normalbevölkerung.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Dupont A, Thulliez A, Brosens M (1956) Reticulose histiomoncytaire et mycosis fungoide: remarques propos de quatre observations. Arch Belg Dermatol Syphil 12: 263-265
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