Synonym(e)
Definition
Seltene, eminent chronisch verlaufende follikuläre Entzündung des Kapillitiums, mit entzündlichen follikulären Papeln und Pusteln, die zur Zerstörung der Haarfollikel und Vernarbung führt und sich selbst perpetuiert. Der Folgezustand ist eine spiegelnde, narbige Alopezie mit resultierendem Pseudopéladezustand, s.a. Folliculitis sycosiformis atrophicans. Charakteristisch ist der Nachweis von Staphylokokkus aureus aus Pustelinhalten und das Auftreten von Büschelhaaren.
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Ätiopathogenese
Ungeklärt, evtl. Infektion mit Staphylococcus aureus (aus Pusteln sind fast stets S. aureus nachweisbar), möglicherweise Immundefekte. Familiäre Häufungen werden vereinzelt beobachtet, sind jedoch die Ausnahme. In seltenen Fällen ist eine Assoziation mit einer Acne vulgaris nachweisbar (s. Fallbeispiel).
Manifestation
Bevorzugt im Erwachsenenalter (20-40 Jahre) auftretend.
Männer sind wesentlich häufiger betroffen als Frauen (Verhältnis etwa 5:1).
Lokalisation
Kapillitium:
- Scheitelbereich (weitaus häufigste Region)
- Schläfenregion
Gesichtsbereich: Gleichartige Hautveränderungen können auch im Gesichtsbereich auftreten (Folliculitis decalvans faciei).
Klinisches Bild
Eminent chronische entzündliche, pyogene, Follikulitis des Capillitiums.
Häufig jahrelanger (manchmal jahrzehntelanger) kontinuierlicher oder schubweiser Verlauf der Erkrankung.
Zunächst disseminierte, kleine, follikuläre, mäßig schmerzhafte, diskrete rote Papeln. Im Laufe der Krankheitsprogression zunehmende Entzündungssymptomatik mit follikulären Pusteln, beginnender fleckförmiger, später auch großflächiger, spiegelnder Hautatrophie. Charakeristisch sind am Rande der Läsionen keratotische haarbodennahe Einscheidungen der Haarschäfte. Es bilden sich reisfeldartige Konglomeratfollikel (Büschelhaarbildung).
Nach Ausbildung einer zentralen, plattenartigen, spiegelnden Vernarbung (Glanzhaut), finden sich Follikulitiden nur noch in der Randzone der Herde. Diese sind das Zeichen der Progression der Erkrankung.
Befund: Es resultieren in typischer Ausprägung wenige oder zahlreiche, unregelmäßig geformte, atrophische, 2,0-5,0 cm große, haarlose, plattenartige, eingesunkene Narbenherde mit eigentümlich spiegelnder, atrophischer Glanzhaut, die insbes. bei seitlicher Beleuchtung und Betrachtung spiegelnd auffällig ist.
Ausbildung von sog. Büschelhaaren, von eigentümlichen großlumig erweiterten Poren aus denen 5-15 eng gefasste Haarbündel heraustreten.
Die Ränder der Läsionen erscheinen ausgefranst mit aktivem papulo-pustulösem Entzündungssaum.
Histologie
Frische Läsion: Perifollikuläre Abszesse aus poly- und mononukleären Zellen, Destruktion der Haarfollikel. Ältere Herde zeigen perifollikulär ein aus Lymphozyten, Fibroblasten und Plasmazellen bestehendes Granulationsgewebe, häufig mit Fremdkörperriesenzellen.
In ausgebrannten Herden sieht man lediglich eine Fibrose mit schütteren lymphozytären Infiltraten.
Externe Therapie
Desinfizierende Externa: mit antimikrobiell wirkenden Zusätzen wie verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung (hellrosa), Hydroxychinolin z.B. Chinolinol (z.B. Chinosol 1:1000), R042 , Clioquinol-Creme R049
Alternativ Antibiotika: Erythromycin-haltige Lösungen (z.B. R086 , Aknemycin Lösung).
Alternativ Glukokortikoide: topische Glukokortikoide als Cremes oder Lösungen, z.B. Betamethason 0,05% Lotio oder Salbe (Betamethasonvalerat-Emulsion hydrophile), evtl. unter Okklusivbedingungen. Auch wechselweise mit topischen Antibiotika
Calcineurininhibitoren: Einzelergebnisse liegen für Tacrolimus vor.
Interne Therapie
Tetracycline (z.B. Tetracyclin-Wolff) initial 1 g/Tag p.o., später Reduktion auf 500 mg/Tag. Therapieversuch mit Isotretinoin (z.B. Isotretinoin-ratiopharm; Aknenormin) 0,5 mg/kg KG/Tag.
In einigen Fällen werden gute Therapieeffekte mit der Kombination von Clindamycin und Rifampicin beschrieben (Bunagan MJ et al. 2015): Clindamycin/Rifampicin 300mg 2x/Tag über 10 Wochen (Vañó-Galván S et al. 2015).
Bei stärkerer Entzündung kurzfristig Glukokortikoide in mittlerer Dosierung 60-80 mg/Tag (z.B. Decortin H) in abfallender Dosierung.
Einzelfallberichte zeigten positive Erfolge mit einer Kombinationstherapie von Dapson (100 mg/Tag) und Isotretinoin (1 mg/kgKG/Tag) sowie von Adalimumab (Shireen F et al. 2018).
Bei der seltenen Kombination mit einer Acne vulgaris ist eine Therapie mit Isotretinoin empfehlenswert.
Ebenfalls werden in der Literatur über Erfolge durch die Therapie mit PDT mit Metvix® und LED Rotlicht, 37 J/cm², 4x im Abstand von 4 Wochen berichtet.
Eine Kasuistik berichtet über die erfolgreiche Therapie mit Apremilast
Nachsorge
Es empfiehlt sich die Büschelhaare operativ zu entfernen, da sie Eintrittspforte für Bakterien darstellen. Zur Rezidivprophylaxe ist ein desinfizierendes Shampoo zu wählen. Kopfhaut nach der Kopfwäsche trocken föhnen.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

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Verweisende Artikel (24)
Acne decalvans; Acne décalvante; Acne keloidalis nuchae; Acne necrotica; Apremilast; Betamethasonvalerat-Emulsion hydrophile 0,025/0,05 oder 0,1% (NRF 11.47.); Büschelhaare; Chinolinolsulfat-Monohydrat-Lösung 0,1% (NRF 11.127.); Clioquinol-Creme 0,5–2% (O/W); EEC-Syndrom; ... Alle anzeigenWeiterführende Artikel (15)
Adalimumab; Alopezie (Übersicht); Betamethasonvalerat-Emulsion hydrophile 0,025/0,05 oder 0,1% (NRF 11.47.); Büschelhaare; Calcineurininhibitoren; Clioquinol-Creme 0,5–2% (O/W); Erythromycin; Erythromycin-Lösung Ethanolhaltige 0,5/1/2 oder 4% (NRF 11.78.); Folliculitis sycosiformis atrophicans; Glukokortikosteroide systemische; ... Alle anzeigenDisclaimer
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