Urin-pH

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 04.02.2021

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Definition

Der pH- Wert stellt den negativen dekadischen Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration dar.

Er gibt in einer wässrigen Lösung den Anteil der freien H+ Ionen in Form von H 3 O+ Ionen an.

Eine Lösung mit einem pH- Wert < 7 wird als „sauer“ und mit einem pH- Wert > 7 als „alkalisch“ bezeichnet.

(Müller 2005).

Allgemeine Information

Der pH- Wert eines frischen Urins liegt normalerweise zwischen 4,6 – 8,0 (Herold 2021). Er ist abhängig von der Nahrung und damit großen Tagesschwankungen unterworfen (Manski 2019). 

 

Gemessen wird der pH- Wert üblicherweise mit einem Streifentest, der über einen pH- empfindlichen Farbstoff im Bereich von pH 5 – pH 9 verfügt (Eichenauer 2013) verfügt. Falls der pH- Wert außerhalb dieses Bereiches liegen sollte, erfolgt die Messung mit dem pH- Meter.

Der pH- Wert des Urins gibt Hinweise auf Störungen des Säure- Basen- Haushaltes.

(Kuhlmann 2015)

 

 

1. Alkalische Urin- pH- Werte

Sie können auftreten bei:

  • vegetarischer Ernährung
  • Alkalose 
  • langer Lagerung des Urins (durch bakterielle Überwucherung [Keller 2010])

(Herold 2021)

  • Medikamentöser Behandlung mit z. B. Kaliumcitrat, welches therapeutisch genutzt wird (Kuhlmann 2015).
  • Harnwegsinfektionen (Hegele 2015) mit Urease- produzierenden Bakterien wie z. B. Proteus, Klebsiellen, Pseudomonas, Staphylokokken etc. (Risler 2008)
  • erhöhter Ausscheidung von Na+, K+ und Bikarbonat (bei pH- Werten > 7 enthält der Urin immer hohe Konzentrationen an Bikarbonat)

(Kuhlmann 2015)

 

 

2. Saure Urin- pH- Werte

Sie finden sich bei:

  • fleischreicher Kost
  • Azidose (insbesondere bei diabetischer Ketoazidose [Luppa 2017])

(Herold 2021)

  • im Zustand des Fastens (Urin- pH < 5,0)
  • Diarrhoe
  • hohem Fieber

(Luppa 2017)

  • mangelnder Zufuhr von NH3 in das medulläre renale Interstitium im Rahmen einer Störung des Säure- Basen- Haushaltes

(Kuhlmann 2015)

Bei pH- Werten < 6 enthält der Urin kein Bikarbonat mehr (Kuhlmann 2015)

 

 

Nephrolithiasis

Klinisch spielt der pH- Wert des Urins eine große Rolle bei der Bildung bestimmter Formen von Nierensteinen (s.Harnsteinarten). 

(Kuhlmann 2015)

Bei einem Harnwegsinfekt z. B. kommt es durch gramnegative Bakterien (wie z. B. Proteus, Klebsiellen, Pseudomonas - außer E. coli) zu einer Veränderung des pH- Wertes, durch die der Harnstoff in NH3 und CO2 gespalten wird, was wiederum den pH- Wert des Urins erhöht. Dieses führt zu einer Änderung der Ionenlöslichkeit und damit zur Bildung von Nierensteinen.

Nephrolithiasis und Harnwegsinfekt begünstigen sich gegenseitig.

(Herold 2020)

 

Nierensteinbildung

  • Kalziumsteine

Bei Kalziumsteinen spielt der pH- Wert des Urins eine große Rolle: Bei niedrigem pH- Wert bilden sich Kalzium- Oxalatsteine, bei hohem pH Kalzium- Phosphatsteine (Kuhlmann 2015).

 

  • Ammonium- Uratsteine

Diese entstehen bevorzugt in einem pH- Bereich von > 6,5.

(Seitz 2018)

 

  • Dahllit- / Karbonatapatitsteine

Sie treten bevorzugt bei hohen Urin- pH- Werten von > 6,8 auf .

(Seitz 2018)

 

  • Reine Harnsäuresteine

Der pH- Wert im Urin ist bei reinen Harnsäuresteinen niedrig, da Harnsäure bei sauren pH- Werten auskristallisiert. Im alkalischen Milieu geht Harnsäure aber wieder in Lösung über. Dieses Prinzip nutzt man therapeutisch durch Anhebung des pH- Wertes. Selbst bereits vorhandene Steine können dadurch wieder aufgelöst werden (Wendt- Nordahl 2014 / Seitz 2018)

 

 

Löslichkeiten

Der pH- Wert hat ebenfalls Einfluss auf Löslichkeiten bestimmter Stoffe wie z. B.

  • Harnsäure

Bei einem Urin- pH von 6,5 liegt die überwiegende Anzahl von Harnsäure- Ionen als Natriumurat vor und Harnsäure zeigt eine hohe Löslichkeit von bis zu 1.000 mg / l.

Bei einem pH von 5,35 sind 50 % der Harnsäure dissoziiert. 

Ab einem pH ≤ 4,5 findet sich im Urin ausschließlich undissoziierte Harnsäure.

(Kuhlmann 2015)

 

  • Ammonium- Urat

Ammonium- Urat hingegen kristallisiert erst bei hohen pH- Werten. Dieses wird bei Uratsteinen therapeutisch durch Ansäuerung des Urins genutzt (Seitz 2018).

 

  • Kaliumurat

Kaliumurat ist – ebenso wie Natriumurat - bei einem pH von 5,35 gut löslich.

(Kuhlmann 2015)

 

  • Calciumphosphat 

Bei pH- Werten von < 6,7 ist Calciumphosphat löslich. Ab einem pH > 6,7 vermindert sich die Löslichkeit (Klinke 2005).

 

  • Zystin 

Bei pH- Werten von ≥ 7,5 besteht eine gute Löslichkeit von Cystin, welche auch medikamentös bei Zystinsteinen eingesetzt wird (Kuhlmann 2015).

 

 

Fehlmessungen

Der pH- Wert spielt eine Rolle beim Nachweis bestimmter Substanzen im Urin.

So kann z. B. ein pH- Wert von > 7,0 falsch positive Werte für Albumin anzeigen (Kasper 2015).

 

Therapie

Man nutzt bei bestimmten Harnsteinarten die medikamentöse Möglichkeit, den Urin zu alkalisieren oder anzusäuern, um Rezidive zu verhindern bzw. möglichst gering zu halten.

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Eichenauer R H et al. (2013) Klinikleitfaden Urologie. Urban und Fischer Verlag 2.4.1
  2. Hegele A et al. (2015) Urologie: Intensivkurs zur Weiterbildung. Thieme Verlag 35
  3. Herold G et al. (2021) Innere Medizin. Herold Verlag 600
  4. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 293
  5. Keller C K et al. (2010) Praxis der Nephrologie. Springer Verlag 19
  6. Klinke R et al. (2005) Physiologie. Georg Thieme Verlag 369
  7. Kuhlmann U et al. (2015) Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik – Nierenersatzverfahren. Thieme Verlag 41, 304, 596 – 599
  8. Luppa P B et al. (2017) POCT – Patientennahe Labordiagnostik. Springer Verlag 190
  9. Manski D (2019) Das Urologielehrbuch. Dirk Manski Verlag 74 
  10. Müller O (2005) Chemie einfach und verständlich: Eine leicht verständliche Einführung in die Grundlagen der Chemie für Schüler und für Studenten mit Chemie als Nebenfach. Books on Demand GmbH Verlag 171
  11. Risler T et al. (2008) Facharzt Nephrologie Urban und Fischer 
  12. Seitz C et al. (2018) S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis (AWMF Registernummer 043 – 025) 
  13. Wendt- Nordahl G (2014) Metabolische Diagnostik und Prävention der Urolithiasis. Die Urologie 1 – 21 DOI 10.1007/978-3-642-41168-7_37-1
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