Synonym(e)
Erstbeschreiber
Die Erreger wurden nach dem Pathologen Howard Taylor Ricketts (1871-1910) benannt, der u.a. das Rocky Mountain spotted fever (Rocky-Mountains-Fleckfieber) erforschte, dessen Erreger er im Blut infizierter Menschen nachweisen konnte (Vektor = Zeckenart). 1909 reiste er nach Mexiko-Stadt, mit dem Ziel den Typhus zu erforschen. Dabei infizierte er sich mit Rickettsien und verstarb 1910.
Definition
Durch Rickettsien (bakterienähnliche pleomorphe Kokken) verursachte, über diverse Arthropoden (z.B. Zecken, Läuse, Flöhe) übertragene, weltweit auftretende Infektionskrankheiten, s. Tabelle 1.
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Ätiopathogenese
Einige Rickettsiosen werden durch Zecken, Milben oder Milbenlarven, andere durch Läuse oder Flöhe übertragen (s. Tab.).
Bei den durch Zecken übertragenen Infektionen (tick-born) wird der Erreger mit dem Stich über die Speicheldrüsen auf den Menschen übertragen.
Bei den durch Läusen oder Flöhen verursachten Rickettsiosen finden sich die Erreger im Kot der Tiere und gelangen, zum Beispiel über Kratzen, in Hautläsionen.
Bei den Zecken oder durch Milben übertragenen Infektionen kommt es nach der Inokulation des Erregers zu einer Primärläsion (Eschar) und Lymphadenitis.
Klinisches Bild
Die Inkubationszeit beträgt 1 bis 2 Wochen. Bei einer entsprechenden Exposition sollte beim Auftreten von Fieber, Eschar und Exanthem differenzialdiagnostisch an eine Rickettsiose gedacht werden. Klinisch äußern sich Rickettsiosen durch zum Teil hohes Fieber, Myalgien, Arthralgien, makulo-papulösen Exanthemen und Lymphknotenschwellungen. Typische Komplikationen sind Thrombosen und eine Thrombophilie, die sich durch Petechien sowie gastrointestinalen Blutungen zeigen. Weitere Komplikationen sind Enzephalitis, Myokarditis, Nephritis, Hämorrhagien und Gangrän.
Bemerkung: Eine Rickettsiose muss auch bei Fieber unklarer Genese (FUO) ausgeschlossen werden.
Labor
Bei typischer Klinik ist eine weiterführende Diagnostik empfohlen. Der Erreger kann sowohl indirekt als auch direkt erfolgen.
Direkter Erregernachweis:
- immunfluoreszenzmikroskopisch (Antigen-Nachweis) aus Gewebeproben (Milz, Lunge, Haut)
- Nukleinsäurenachweis mittels PCR aus betroffenen Material
Indirekter Nachweis:
- spezifische Antikörpern (IgM, IgG mittels ELISA, IFT, KBR)
Früher Nachweis durch die Weil-Felix-Reaktion. Heute stehen spezifischere serologische Tests wie molekularbiologische Techniken zur Identifikation der Erreger aus Blut und Gewebe zur Verfügung. Nachweis von IgM- und IgG-Antikörper mittels ELISA, Immunperoxidasetechniken.
Therapie
Merke! Therapie bereits bei klinischem Verdacht auf Rickettsiose einleiten (Serologie dauert 2 Wochen)!
Externe Therapie
Interne Therapie
Medikament der 1. Wahl ist Tetracyclin p.o. (z.B. Tetracyclin Wolff 500) 250 mg alle 6 Std. (bzw. 25-50 mg/kg KG/Tag) über 8-12 Tage, ca. 5 Tage über Fieber- und Erscheinungsfreiheit hinaus. Gut wirksam ist auch Doxycyclin (z.B. Doxy-Wolff) 2mal/Tag 100 mg p.o. über 8-10 Tage. Alternativ: Ciprofloxacin 2mal/Tag 500-750 mg p.o. oder 2mal/Tag 100-200 mg i.v.
Bei schwersten Fällen mit beginnender hämatogener Ausbreitung bzw. Generalisierung zudem Glukokortikoide i.v., um die durch den Zerfall der Bakterien ausgelöste toxische Immunreaktion aufzufangen. Prednisolon (z.B. Decortin H) 100-125 mg/Tag über 2-3 Tage.
Merke! V.a. beim klassischen Fleckfieber sowie beim Rocky Mountains Spotted Fever kann es zu lebensbedrohlichen Situationen kommen, die eine intensivmedizinische Betreuung notwendig machen.
Verlauf/Prognose
Prophylaxe
Folgende Maßnahmen sind empfohlen:
- Entlausung von Personen und Kleidung
- enge Kontaktpersonen von Patienten evtl . Doxycyclin- Prophylaxe (Einmaldosis)
- ein Impfstoff steht bei besonders gefährdeten Personengruppen zur Verfügung , u.a. medizinisches Personal in Endemiegebieten oder Personen in Speziallaboratorien
Tabellen
Einteilung der Rickettsiosen:
Krankheit |
Erreger |
Überträger |
Vorkommen |
Hauterscheinungen u. sonstige Symptomatik |
Epidemisches Fleckfieber (klassisches Fleckfieber) |
R. prowazekii |
Läuse (Pediculosis corporis) |
Epidemisch, ubiquitär |
4.-6. Fiebertag Exanthem am Stamm (Axilla, Oberkörper), Ausbreitung mit Ekchymosen, Vaskulitis bis zur Gangrän. Hohes Fieber, Delirien, schwerer Krankheitsverlauf. |
(Murines Fleckfieber, Rattentyphus) |
R. typhi (mooseri) |
Läuse, Rattenflöhe |
Endemisch in Subtropen u. Tropen; Mensch ist Fehlwirt (Ausweichwirt) |
Eher diskretes Frühexanthem, Hauterscheinungen sonst wie oben. Konjunktivitis, trockener Husten, Fieber. |
R. acarii |
Mäuse- und Rattenmilben |
Amerika, Südafrika, Russland, Korea |
1-1,5 cm große Papulovesikel an der Stichstelle mit regionaler Lymphadenopathie, kurz darauf makulopapulöses und vesikulöses, varizelliformes Exanthem am 3.-5. Fiebertag. |
|
Zeckenfieber (mediterranes, nordasiatisches, afrikanisches, australisches) |
R. conorii, R. australis |
Zecken |
Europa, Afrika, Indien, Süd- u. Ostasien, Australien |
An der Stichstelle evtl. kleines Ulkus, ggf. mit schwärzlichen Krusten (Tache noir) und regionaler Lymphadenopathie. Am 4. Fiebertag generalisiertes makulopapulöses Exanthem. Plötzliches Fieber. |
R. burneti |
Zecken (bei Wildtieren); von Mensch zu Mensch: aerogen |
Ubiquitär |
An der Stichstelle evtl. kleines Ulkus, ggf. mit schwärzlichen Krusten (Tache noir) und regionaler Lymphadenopathie. Plötzliches Fieber, schweres Krankheitsgefühl, Konjunktivitis, Husten, atypische Pneumonie. |
|
Tsutsugamushi-Fieber (Scrub Typhus) |
R. tsutsugamushi |
Laufmilben (Ratten, Feldmäuse, Wald- und Flurnager) |
Süd- u. Ostasien, Nordaustralien, Inseln im Indischen u. Pazifischen Ozean |
1-1,5 cm große Papulovesikel bzw. Ulkus an der Stichstelle mit regionaler Lymphadenopathie. Am 5.-8. Fiebertag generalisiertes makulopapulöses Exanthem. Konjunktivitis, plötzliches Fieber, generalisierte Lymphknotenschwellungen. |
Rocky Mountain spotted fever (Zeckenfieber) |
R. rickettsii |
Zecken (Ixodes dammini) |
Amerika |
An der Stichstelle besteht evtl. ein kleines Ulkus, ggf. mit schwärzlichen Krusten (Tache noir) und regionaler Lymphadenopathie. Am 4.-5. Fiebertag petechiales oder hämorrhagisches Exanthem (seltener auch Ulzerationen) an der Peripherie (Hände, Füße, Knöchel, Hals, Gesicht). Plötzliches Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Muskel-, Gelenkschmerzen. U.U. Delirium, Koma, schwerer Krankheitsverlauf. |
Fallbericht(e)
Infektion durch Reckiettsia conori:
3 Tage nach einem Urlaubsaufenthalt in Südafrika erkrankte ein 46 Jahre alter Patient an grippeartigem Symptomen mit Abgeschlagenheit, mittlerem Fieber und katarrhalischen Erscheinungen. Gleichzeitig entwickelte sich ein eher diskretes, nicht juckendes, hellrotes, stammbetontes, makulo-papulöses (0,1-0,2 cm große Effloreszenzen) Exanthem.
Befund: Am streckseitigen Unterschenkel fand sich ein 0,5 cm großes Ulkus mit schwärzlichen Krusten (Tache noir). Auffällig eine gering schmerzende regionale Lymphadenopathie. Im Blutbild deutliche Leukopenie (2.200/ul) und Monozytose (15,5%). Bei Aufnahme keine positive Rickettsien-Serologie. Erst 5 Wochen später deutlicher IgG-Titer (1:320) auf R. conori.
Therapie: Doxycyclin 2mal/Tag 100 mg p.o. für 10 Tage. Sofortige klinische Besserung. Ulkus unter üblicher Wundbehandlung nach 6 Wochen abgeheilt.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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