Darm-assoziiertes Dermatose-Arthritis-Syndrom K91.9

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 15.01.2024

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Synonym(e)

BADAS; BBS; Bowel-associated dermatosis-arthritis syndrome; Bowel bypass syndrome; Darm-assoziiertes Dermatitis-Arthritis-Syndrom; Gastric bypass surgery; Intestinal bypass syndrome,

Erstbeschreiber

Dicken u. Seehafer, 1979

Definition

Das Darm-assoziierte Dermatose-Arthritis-Syndrom (BADAS) ist eine seltene neutrophile Dermatose, die durch unspezifische, grippeähnliche Symptome, Arthritis und Hautläsionen gekennzeichnet ist. Die ersten Informationen über den Zusammenhang zwischen Darm-Bypass-Operationen und Arthritis wurden in den frühen 1970er Jahren veröffentlicht. Damals wurde festgestellt, dass 23 % der Patienten (7 von 31) nach einer Jejunokolostomie aufgrund von Fettleibigkeit arthritische Symptome entwickelten. 1979 beobachteten Dicken und Seehafer als erste das Auftreten von entzündlichen Hautveränderungen in Form von Papeln und Pusteln mit einem Durchmesser von 2 bis 4 mm bei Patienten nach einem Darmbypass. Da diese Erkrankung zunächst ausschließlich mit bariatrischen Eingriffen in Verbindung gebracht wurde, erhielt das Syndrom den Namen "Bowel-Bypass-Syndrom". Histopathologische Untersuchungen ergaben ähnliche Merkmale wie beim Sweet-Syndrom und klassifizierten diese Entität als neutrophile Dermatose. Einige Jahre später, 1983, wurden sehr ähnliche Symptome bei vier Patienten beobachtet, von denen keiner einen Darm-Bypass hatte; außerdem litt jeder von ihnen an einer anderen gastrointestinalen Erkrankung. Daher war es gerechtfertigt, das Krankheitsbild zu erweitern und in "Bowel-associated dermatosis-arthritis syndrome" umzubenennen, um diese Fälle einzubeziehen . Heutzutage hat sich gezeigt, dass BADAS unter anderem mit entzündlichen Darmerkrankungen (IBD) und bakterieller Überbesiedelung des Dünndarms (SIBO) assoziiert ist.

Vorkommen/Epidemiologie

Bei ca. 20% der Patienten mit ileojejunalen Bypass-Operationen auftretend.

Ätiopathogenese

Wahrscheinlich inflammatorische Reaktion auf durch intestinale Bakterien gebildete Toxine (Peptidoglykane; Zhao H et al. 2016).

Manifestation

3 Monate bis 5 Jahre nach der Operation.

Lokalisation

Vorwiegend Hände, Fußsohlen, Gesicht, Genitalien, Arme mit Betonung der Streckseiten, oberer Rumpf, seltener Schleimhäute.

Klinisches Bild

Tage oder Monate nach einer gastrojejunalen Bypass-Operation, klinische Symptome in Form von Fieber und Abgeschlagenheit, Myalgien, Tendosynovitiden, Polyarthralgien und Polyarthritiden.

Plötzliches, schubweises Auftreten runder oder ovaler, bis 1,0 - 5,0 cm großer, roter Flecken, die sich in flache, ödematöse Papeln oder auch großflächige, sukkulente Plaques oder Schwellungen umwandeln können.

Zunehmende Induration der Effloreszenzen, evtl. zentrale Bläschen- oder Pustelbildung. Manchmal leichter Juckreiz oder Schmerz. Abheilung nach ca. 1-2 Wochen. Weiterhin ist eine symmetrische, nicht deformierende Polyarthritis der peripheren Gelenke nachweisbar. Muskelschmerzen. Sehnenscheidenentzündung (Hände, Unterarme).

In Einzelfällen sind zu den oben beschriebenen Veränderungen eindeutige Fälle von Erythema nodosum sowie von Acrodermatitis-enteropathica-ähnliche Hautveränderungen beobachtet worden.

Merke! Die klinischen und histologischen Veränderungen sind mit dem Sweet-Syndrom entweder nahe verwandt oder identisch! Beschrieben wurden auch Fälle von Pyoderma gangraenosum.

Labor

Eher milde Zeichen der allg. Entzündung mit mäßiger Leukozytose und Neutrophilie, BSG-Beschleunigung und Erhöhung des CRP.

Histologie

Die histologischen Veränderungen können mit dem Sweet-Syndrom weitgehend identisch sein (s.u. Dermatose, akute febrile neutrophile) mit kräftigem Ödem der Dermis, diffusen neutrophilen aber auch lymphozytären und histiozytären Entzündungszellen (je nach Entwicklungszustand der Effloreszenzen), die bis in das subkutane Fettgewebe reichen können. In frischen Läsionen wird Kernstaub gefunden, jedoch keine Zeichen der leukozytoklastischen Vaskulitis.

Diagnose

Typische Anamnese mit viszeraler OP und zeitlich konsekutiver, rezidivierender neutrophiler Dermatitis und Pannikulitis (keine Vaskulitis), Polyarthralgien/ Polyarthritiden, Myositiden, mäßige Entzündungssymptome.

Interne Therapie

Initial Einsatz von Prednisolon in mittlerer Dosierung (z.B. 50mg in absteigender Dosierung) über 10 -14 Tage.

Alternativ: Breitspektrum-Antibiotika wie Tetracycline (z.B. Tetracyclin Wolff) 4mal/Tag 500 mg p.o. oder Minocyclin (z.B. Minoplus) 1-2mal/Tag 100 mg p.o. oder Metronidazol (z.B. Clont) bis zu 1,5 g/Tag.

Verlauf/Prognose

Episodischer Verlauf mit Rezidiven in 4-6wöchiger Frist. Meist spontane Abheilung nach mehreren Schüben. Ein jahrelanger intermittierender Verlauf ist ebenfalls möglich. 

Hinweis(e)

Die Operationstechnik des ileojejunalen Bypasses, die in den USA weitverbreitet war (> 100.000 durchgeführte Operationen), ist heute weitgehend zugunsten der endoskopisch durchgeführten "gastric banding-Technik" verlassen worden.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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