Synonym(e)
Definition
Lokalisierte, fleck- oder plaqueförmige, auch bullöse oder exfoliative Arzneimittelreaktion,
- die in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme von Arzneimitteln (auslösende Medikamente s. Tab.) in therapeutischer Dosis auftritt
- sich auf einen solitären Herd oder auf wenige Herde beschränkt
- zu Rezidiven an Ort und Stelle (Rezidiv in loco) neigt.
Auch interessant
Ätiopathogenese
Der immunpathogenetische Mechanismus der fixen Arzneimittelreaktion ist bisher ungeklärt (s.a.unter Erythema multiforme). Die zentrale Rolle spielen CD8+ T-Zellen, die einen Phänotyp ähnlich der Effektor-Memory-T-Zelle aufweisen und hauptverantwortlich für die epidermalen Schädigungen sind. CD8+ positive Zellen persistieren über Jahre in alten, bereits klinisch abgeheilten Läsionen (tissue-resident memory-t-cells) und können nach erneuter Exposition mit dem Agens über eine wahrscheinlich TNF-alpha induzierte Hochregulierung von ICAM-1 (s.u. Adhäsionsmoleküle) auf Keratinozyten exprimiert und aktiviert werden (s.a. UV Reaktivierungsreaktion). Durch Freisetzung von Interferon gamma kommt es zu einer inflammatorischen Reaktion.
Die (histologisch deutlich hervortretende) Apoptose der Keratinozyten scheint durch eine FAS-FAS-Ligand-Interaktion (s.u. CD-Klassifikation - CD95, bzw. CD95L) induziert zu werden.
Bemerkenswert ist die Rolle von viralen Infekten (z.B. Herpes-simplex-Infektionen) als Co-Faktoren für das "Wiederauftreten" der fixen Arzneimittelreaktion. Für das rezidivierende "in-loco-Auftreten" kann eine sog. Recall-Reaktivierungsreaktion angenommen, wobei auch die immunologischen Abläufe noch ungeklärt sind (s.a. unter UV-Reaktivierungsreaktion).
Manifestation
Auftreten 1-2 Wochen nach (Erst-) Einnahme des Arzneimittels. Bei wiederholter Einnahme Auftreten innerhalb von 30 min. bis hin zu 24 Stunden möglich. Der Zusammenhang zwischen Arzneimitteleinnahme und Auftreten der Läsionen ist nicht immer eindeutig.
Auftreten in allen Altersklassen möglich. Prädominanz zwischen 20-60 Jahren (Durchschnitt in größeren Studien bei 36-53J). Keine Geschlechterbevorzugung.
Lokalisation
Ubiquitäres Auftreten ist möglich.
Bevorzugung der oberen Extremität (rund 50%), gefolgt von der unteren Extremität, von Lippen, Gesicht, Penis, Vulva; eine Beteiligung der Mundschleimhaut kann sehr prägnant auftreten (Wangenschleimhaut, Gingiva, harter und weicher Gaumen).
Die Mukosa von Glans penis und Vulva sind ebenfalls typische (häufig verkannte) Manifestationsorte.
Klinisches Bild
Solitäre oder auf wenige Herde beschränkte, 2,0-5,0 cm große (seltener bis 10 cm große), runde oder ovale (selten auch anuläre), zunächst sattrote, später blau- bis braunrote, nach Abheilung braune (postinflammatorische Hyperpigmentierung), scharf begrenzte, sukkulente, juckende oder auch leicht schmerzende Flecken oder Plaques. Blasige Umwandlung im Zentrum ist möglich. Bei intertriginösem Befall kann die Diagnose erschwert werden, weil die charakteristische klinische Morphologie dort durch einwirkende Lokalfaktoren überlagert wird. Klinisch kann an diesen Stellen eine (groß-)flächige Erosion imponieren die durch die Ablösung des Oberflächenepithels zustande kommt.
Als Maximalvariante wird die generalisierte u.U. multilokuläre, bullöse fixe Arzneimittelreaktion beschrieben (GBFDE), die bei Erwachsenen wie auch bei Kindern auftreten kann.
Eine extreme intertriginöse Variante stellt das sog. "Baboon-Syndrom" dar.
Bei Reexposition treten die Läsionen innerhalb von 24 Std. exakt an derselben Stelle wieder auf. Es kann jedoch eine Refraktärperiode unmittelbar nach Abheilung der Läsion eintreten.
Zu unterscheiden sind:
- Klassische fixe Arzneimittelreaktion: Häufigste Form, die über eine langzeitig persistierende postinflammatorische Hyperpigmentierung abheilt.
- Nicht-pigmentierte Variante der fixen Arzneimittelreaktion: Seltenere Form; i.A. großflächiger (bis zu 10 cm groß) auftretend und ohne postinflammatorische Hyperpigmentierung abheilend.
- Urtikarielle fixe Arzneimittelreaktion: Seltene Variante, die bei Provokation wiederum urtikariell und in loco rezidiviert.
- Neutrophile fixe Arzneimittelreaktion: Extrem seltene Variante, die sich histologisch als neutrophile Dermatitis darstellt. Nur wenige Fallberichte wurden bislang publiziert.
Histologie
Diagnose
Klinisches Bild mit Rezidiv in loco.
Hinweis: Bei der Anamnese sollte auch an Augentropfen gedacht werden!
Die Ergebnisse von Prick-Scratchtestungen werden unterschiedlich bewertet. Sie werden in abgeheilten Läsionen in loco durchgeführt. In einzelnen Studien werden (z.B. für Nichtsteroidale Antiphlogistika) belastbare positive Ergebnisse von 40% berichtet (Andrade 2011) .
Beweisend ist eine orale Provokation mit dem in Frage kommenden Medikament.
Therapie
Interne Therapie
Bei entsprechender Schwere des Krankheitsbildes: systemische Glukokortikoide in mittleren Dosierungen, z.B. 60-80 mg Prednisolonäqivalent/Tag p.o. (z.B. Decortin ®).
Später schrittweise Dosisreduktion, Magenschutz. Bei starkem Pruritus Antihistaminika wie Dimetinden, z.B. Fenistil® 2mal/Tag 1 Amp. i.v. oder Desloratadin (Aerius®) 1mal/Tag 1 Tbl. p.o.
Verlauf/Prognose
In größeren Kollektiven wurden durchschnittlich 2,6 Rezidive (1-10 Rezidive) anamnestiziert.
Tabellen
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Medikamentengruppe |
Wirkstoffe |
Klassische Form |
Analgetika/NSAR |
Acetaminophen, Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Indometacin, Naproxen, Phenazon-Derivate, Paracetamol, Sulindac |
Antidepressiva/Antipsychotika |
Carbamazepin, Lorazepam, Lormetazepam (Noctamid), Oxazepam, Temazepam |
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Antihistaminika (H1-Blocker) |
Cetirizin, Dimenhydrinat, Hydroxyzinhydrochlorid (Atarax), Loratadin |
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Antimikrobiell wirksame Substanzen |
Amoxycillin, Ciprofloxacin, Clarithromycin, Erythromycin, Fluconazol, Ketoconazol, Metronidazol, Minocyclin, Norfloxacin, Ofloxacin, Penicillin, Rifampicin, Terbinafin, Tetracycline, Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Vancomycin |
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COX-2 Inhibitoren |
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Lokalanaesthetika |
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Weitere |
Aciclovir, Allopurinol, Atenolol, Barbiturate, BCG Vaccin, Benzodiazepine, Chloroquin, Clioquinol, Dapson, Foscarnet, Dextromethorphan, Diflunisal, Dimenhydrinat (Volon A), Docetaxel, Influenza Vaccin, Heparin, Interferon-Ribavirin-Kombinationen, Interleukin-2, Iopamidol (Kontrastmittel), Kakkon-To (japanische Heilpflanze), Lactose (z.B. in Botulinum-Präparationen), Magnesium, Omeprazol, orale Kontrazeptiva, Melatonin, Metamizol, Ondansetron (Zofran), Paclitaxel, Pyrimethamine-Sulfadoxine (Fansidar), Quinolone, Sulfasalazin, Sulfaguanidin, Ticlopidin, Tolmetin, Tosufloxacintosilat, Triamcinolon, Tropisetron, Tropotecan (Hyzamtin) |
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Nicht-pigmentierte Variante |
|
Betahistin (Antiemetikum), Cimetidin, Ephedra heba ("ma huang"), Ephedrin, Paracetamol, Piroxicam, Pseudoephedrin, Tetrahydrozolin, Triamcinolonacetonid |
Fallbericht(e)
Anamnese: Ein 67jähriger Patient berichtete über eine Behandlung mit Terbinafin wegen einer therapieresistenten Onychomykose. 2 Stunden nach Einnahme der 1. Tablette habe er an der Innenseite des rechten Oberarms stark juckende Quaddeln bemerkt. Hierauf sei die Behandlung abgebrochen worden. Die Symptome hätten sich zurückgebildet.
Diagnostik: Epikutan- und Pricktestungen mit Terbinafin o.B. Bei der oralen Provokation des Medikamentes (125 mg Terbinafin) entwickelte der Patient innerhalb von 3 Stunden an der Innenseite des rechten Oberarms ein juckendes Quaddelfeld von 6x6cm Größe. Die Testung wurde abgebrochen; der Patient erhielt eine symptomatische Therapie mit Prednisolon und Clemastin. Hierunter besserten sich die Symptome innerhalb von wenigen Stunden.
Diagnose: Fixe (urtikarielle) Arzneimittelreaktion.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

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