Acanthosis nigricans (Übersicht) L83

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Akanthosis nigricans; Dystrophia papillaris pigmentosa; Schwarzwucherhaut

Erstbeschreiber

Janovsky, 1890; Politzer u. Unna, 1890

Definition

Klinisch-beschreibender Begriff für grau-braune, papillomatös-hyperkeratotische, meist symptomlose, polyätiologische, großflächige Wucherungen der Haut, die typischerweise intertriginös, seltener zusätzlich in akraler Ausprägung (Nase, Ohren, Palmoplantarhaut, auch oral) auftreten. Grundsätzlich handelt es sich um eine gleichförmige, reaction cutanée, bei der die Haut verschiedene endogene "Wachstums"-Stimuli mit einer unspezifischen Proliferation beantwortet.

Eine Acanthosis nigricans kann:

  • idiopathisch
  • reaktiv bei adipösen Individuen
  • in Assoziation mit endokrinologischen Erkrankungen oder einer Schwangerschaft (hier sorgsam Schwangerschaftsdiabetes ausschließen) 
  • medikamentös induziert
  • als Symptom genetischer Defekte
  • paraneoplastisch (dann häufig als "Acanthosis nigricans maligna" bezeichnet) im Zusammenhang mit Adenokarzinomen

auftreten.

Einteilung

Man unterscheidet:

Ätiopathogenese

Die Pathogenese ist abhängig von den verschiendenen Formen der Erkrankung. Angenommen wird eine Aktivierung von Wachstumsfaktoren, z. B. durch Bildung und Aktivierung von Growth-Factor-Rezeptoren (Epidermal-Growth-Factor-Rezeptor, Insulin-like-Growth-Factor-Rezeptor und Fibroblasten-Growth-Factor-Rezeptor (FGFR)) mit mitogenen und antiapoptotischen Effekten auf Keratinozyten. Wahrscheinlich kommt es bei der Acanthosis nigricans nur selten zu einer Aktivierung eines einzelnen Wachstumsfaktors  (s. u. Wachstumsfaktoren) sondern zu einer Orchestrierung mehrerer Faktoren.

Die medikamentös induzierte Acanthosis nigricans entsteht durch Interaktionen bestimmter Medikamente mit dem Lipidstoffwechsel.

Manifestation

In allen Altersgruppen vorkommend. Männer und Frauen erkranken etwa gleich häufig.

Lokalisation

Grundsätzlich kann jedes Körperareal betroffen sein. Bevorzugt befallen sind jedoch Intertrigines, inbes. Achselhöhlen, seitliche Hals- und Nackenpartien, Inguinal- und Genitoanalgegend. Seltener betroffen sind Augenlider, Naseneingang, Ellenbeugen, Kniekehlen oder Nabelregion. Befall von Palmae, Plantae, Mundschleimhaut und Zunge wird hauptsächlich bei der paraneoplastischen Acanthosis nigricans beobachtet. Bei übergewichtigen Frauen mit Hyperandrogenismus (z.B. bei PCOS) ohne Diabetes mellitus ist die häufigste Lokalisation die Vulvaregion. 

Klinisches Bild

Meist symmetrische Ausbildung von zunächst gelbbraunen bis schwarzen Hyperpigmentierungen, später flächenhafte, samtartige bis verruköse Verstärkung der Hauttextur, unscharf gegen die Umgebung abgegrenzt. Evtl. Entwicklung warziger Hyperkeratosen, die nach heutigem Stand nicht als eigenständiges Krankheitsbild gesehen werden, sondern Teilsymptom der Acanthosis nigricans, meist der Acanthosis nigricans maligna, sind. Die Wucherungen können hahnenkammartige Leisten herausbilen. Die stärksten Veränderungen sieht man in den Zentren der Wucherungen und in den intertriginösen Bereichen (Ptychotropismus).

An der Schleimhaut eher selten ausgeprägt; hier Bildung flächiger, leukoplakischer und selten hyperpigmentierter Areale. Seltener ist die Entwicklung einer Cutis verticis gyrata.

Die verschiedenen Formen unterscheiden sich klinisch nicht wesentlich voneinander, jedoch ist der Befall bei der paraneoplastischen Variante oft ausgedehnter, klinsich ausgeprägter. Weiterhin können bei der paraneoplastischen Variante neben dem klassischen, intertriginös akzentuierten Erscheinungsbild Hyperkeratosen der Palmae und Plantae sowie der Beugeseiten der Finger und Zehen mit Pachydermodaktylie auftreten. Meist bestehen keine subjektiven Beschwerden; bei der malignen Form kann durchaus Juckreiz auftreten.

Histologie

Papillomatose und Hyperkeratose, leichte meist unregelmäßige Akanthose, basale Hyperpigmentierung, teilweise Pseudohornzysten. Kein signifikantes entzündliches Infiltrat in der Dermis. An der Schleimhaut zeigt sich eine diskrete Parakeratose mit Papillomatose und Epithelhyperplasie, typischerweise ohne Vermehrung von Melanozyten im Epithel. Die "maligne" und die "benigne" Form der Acanthosis nigricans unterscheiden sich histologisch nicht voneinander.

Diagnose

Klinisches Bild und typische Lokalisation (der Nacken ist bei Frühstadien oft befallen) sind diagnostisch wegweisend.

Therapie allgemein

Symptomatisch in Zusammenarbeit mit dem Endokrinologen zur Therapie einer möglichen Grunderkrankung. Konsequente Hygiene der Intertrigines. Bei der Adipositas-assoziierten Form (Morbus Addison, Pseudoacanthosis nigricans) kommt es in der Regel bei Normalisierung des Körpergewichtes zur Rückbildung der Hautveränderungen. Zudem konsequente Hygiene der intertriginösen Bereiche, Waschen mit Syndets.

Merke! Der Malignomausschluss ist bei allen Formen der Acanthosis nigricans obligat!

Externe Therapie

Vorwiegend symptomatische Therapie. Lokaltherapie mit abdeckendem, ggf. Zink-haltigem Puder oder Cremes zur Austrocknung (z.B. R294 , R025 ). Ggf. keratolytische externe Therapie mit Salicylsäure-haltigen (z.B. R216 ) oder Harnstoff-haltigen Cremes (z.B. R102 oder Basodexan); ggf. niedrig dosiert Vitamin A-Säure (z.B. R256 oder Cordes VAS, Airol Creme).

Interne Therapie

Therapieversuche mit Acitretin (Neotigason) oder Isotretinoin (z.B. Isotretinoin-ratiopharm; Aknenormin) in niedriger Dosierung sind beschrieben. Bei Juckreiz ggf. Antihistaminika anwenden.

Operative Therapie

Bei papillomatösen Wucherungen kann als palliative Maßnahme eine elektrokaustische Abtragung versucht werden, die jedoch meist nur temporär wirksam ist, da es postoperativ rasch zu einer Neubildung der Hautveränderungen kommen kann.

Tabellen

 

 

Maligne Form

Benigne Formen

Lokalisation

neben den typischen Lokalisationen häufig Befall von Palmae, Plantae, Mundschleimhaut, Zunge und Augenlidern

bei übergewichtigen Frauen mit Hyperandrogenämie häufig Vulvabereich

Ausdehnung

meist ausgedehnter Befall, teils generalisiert

weniger ausgedehnter Befall

Klinik

neben dem klassischen Erscheinungsbild können Hyperkeratosen, insbesondere an Palmae und Plantae sowie Beugeseiten der Finger und Zehen mit Pachydermatoglyphy ("tripe palms") auftreten

 

Schleimhautbeteiligung

häufiger

seltener

Subjektive Beschwerden

lokalisierter oder generalisierter Juckreiz; bei Schleimhautpapillomatose kann es zu Schmerzen und ggf. Dysphagie kommen

meist keine

Assoziierte Symptome

Malignom der inneren Organe, meist Magenkarzinom. Fakultativ können weitere paraneoplastische Syndrome wie Leser-Trélat-Zeichen, Hypertrichosis lanuginosa, Pemphigus, Palmoplantarkeratosen oder "tripe palms" bestehen.

Diabetes mellitus, Insulinresistenz, Übergewicht, Hyperhidrose, Fibroma pendulans, Hyperandrogenämie

Verlauf

akutes Auftreten und rasche Ausbreitung, variabler Verlauf, oftmals Abblassung nach Sanierung des zugrunde liegenden Malignoms mit Aufflammen bei Metastasierung

häufig Besserung bei Gewichtsreduktion oder Regulierung der endokrinologischen Störung

 

Hinweis(e)

Die Sprachregelungen sind bei der Acanthosis nigricans leider uneinheitlich. Einige Autoren definieren die Acathosis nigricans - hier als Acanthosis nigricans maligna bezeichnet - wie ursprünglich beschrieben strikt als paraneoplastisches Syndrom. Die ungleich häufigere benigne Variante - hier als Acanthosis nigricans benigna geführt - wird als Pseudoacanthosis nigricans bezeichnet. In der internationalen Literatur gibt es keinen klar erkennbaren Trend. Es gibt weiterhin keine gesicherten klinisch - morphologischen Unterscheidungsmerkmale  zwischen diesen beiden Gruppen. Insofern ist das Krankheitsbild als uniforme Hautreaktion auf unterschiedliche endogene Proliferationsfaktoren anzusehen. Hilfreich für die Annahme einer paraneoplastischen Genese ist der Ausschluß von Adipositas und hormonellen Stimuli sowie das fortgeschrittene Alter der (Tumor-) Patienten. 

Literatur
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  2. Janovsky V (1890) Acanthosis nigricans. In: Unna PG et al. (Hrsg) Internationaler Atlas seltener Hautkrankheiten. Band 11, Voss, Leipzig
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