Cannabis

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 19.11.2025

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Synonym(e)

Cannabis indica; Cannabis sativa; Chanvre; Gewöhnlicher Hanf; Hanf; Hemp; Heu; Kiff; Pot; Shit; Stoff

Definition

Cannabis, Hanf, ist eine einjährige krautige Pflanze, die ursprünglich in Zentralasien heimisch war. Heute ist sie weltweit in allen gemäßigten bis tropischen Zonen vertreten, manchmal kultiviert, aber auch verwildert. Als Nutzpflanze ist Kulturhanf erstmals um etwa 2800 vor Christi in China verwendet worden, das älteste, noch immer erhaltene Hanfprodukt ist ein kleines Textilfragment aus einem Grab der sogenannten Chou-Dynastie (von 1122 bis etwa 249 vor Christi). Eine gängige Klassifizierung der Cannabispflanze kann in Abhängigkeit von der Pflanzen-Morphologie erfolgen:

  • Cannabissorten vom Indica-Typ mit geringerer Wachstumshöhe und breiteren Blättern
  • und
  • Cannabissorten vom Sativa-Typ, die höher wachsen und schmalere Blätter aufweisen.

Indica-Pflanzen reifen unter ähnlichen Wachstumsbedingungen schneller heran als Sativa-Typen. Sie tendieren auch zu einem etwas anderen Geruch, was ein Hinweis auf eine unterschiedliche Terpen-Zusammensetzung ist, denn der Geruch von Cannabis-Pflanzen basiert auf ihrer Zusammensetzung an ätherischen Ölen.

Die Blätter der Hanfpflanze haben eine charakteristische Morphologie. Sie sind groß, gezahnt, lanzettförmig und auf beiden Seiten mit Drüsen  und Haaren besetzt. Die Drüsen der Pflanze sezernieren ein Harz, das zum allergrößten Teil aus Cannabinoiden, sowie aus ätherischen Ölen besteht; weiterhin aus hochpolymeren Phenolen, Terpenen und Wachsen.

Die Blüten der Hanfpflanze sind klein und unscheinbar, weisen die Form von Trugdolden oder Rispen auf und sitzen an den Ansätzen der oberen Laubblätter. Männliche Blüten bestehen aus 5 hängenden Staubblüten und ebenso vielen grünlichen Hüllblättern. Weibliche Blüten besitzen eine reduzierte Blütenhülle. Getrocknete Blütenblätter werden als Haschisch konsumiert, Extrakte aus dem Harz der Blüten als Marihuana. Medizinisch werden die blühenden, getrockneten Triebspitzen der weiblichen Pflanzen verwendet (Cannabisblüten – Cannabis flos, s.a. Cannabis sativae indicae summitates et resina), beim Trocknen entsteht der würzige und stechende Geruch. Cannabisblüten für medizinische Zwecke stammen überwiegend aus Hochleistungssorten, die im Gewächshaus gezogen werden.

Die Frucht des Hanfs wird als ,,Nuß" bezeichnet. Sie enthält einen Samen der zur Ölgenwinnung genutzt wird (Hanfsamenöl). Hanfsamenöl kann als Speiseöl genutzt weren. Weiterhin findet das Öl Anwendung in der Kosmetik (Cannabis sativa seed oil (INCI)).

Die Cannabispflanze enthält zahlreiche Inhaltsstoffe, auch solche von großer medizinischer Relevanz. Zur Zeit sind etwa 60 verschiedene Cannabinoide analysiert. Weit über hundert werden vermutet. Anteilsmäßig am stärksten vertreten und und am besten erforscht  sind:

 

Auch die langen Fasern (bis zu 55 cm ) der Stängel des Kulturhanfes werden zur Herstellung von Tauen, Seilen, Netzen, Bindfäden und Zwirnen genutzt.

Vorkommen

Ursprünglich wahrscheinlich in Zentralasien beheimatet, ist Hanf heute in nahezu allen gemäßigten bis tropischen Zonen verbreitet. Hanf wurde in China seit Jahrtausenden als Heilmittel gegen Malaria und rheumatische Erkrankungen eingesetzt. Vom Mittelalter bis in die Neuzeit wurden aus Hanf medizinische Produkte v.a. gegen Schmerzen gewonnen. In Europa waren Hanf und Flachs lange Zeit wichtige Faserpflanzen  mit Anwendungen bei  der Papierherstellung (die Gutenberg – Bibel wurde auf Hanfpapier gedruckt), beim Handwerk und bei der Seefahrt (Hanfseile, Hanfstoffe, Schiffssegel usw.). Hanfsamen fand auch als Futtermittel Verwendung. 

Wirkungsspektrum

Die in der Cannabispflanze enthaltenen Cannabinoide:

Delta-9-Tetrahydocannabinol (Delta-9-THC) und

Cannabidiol (CBD)

sind am besten erforscht. Sie wirken über körpereigene Rezeptoren. Die bekanntesten Cannabinoid-Rezeptoren sind:

Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1)

Cannabinoid-Rezeptor 2 (CB2).

CB1 wird im ZNS und im Nervensystem des Darms exprimiert. Der CB2-Rezeptor findet sich auf Zellen des menschlichen Abwehrsystems und auf Zellen, die den Knochenstoffwechsel regulieren.

Cannabinoide wurden beispielsweise eingesetzt, um typische Nebenwirkungen einer Chemotherapie zu lindern. Dazu zählen unter anderem Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Weiterhin zählen neuropathische Schmerzen (Lee G et al. 2018), depressive Verstimmungen, Gewichtsverlust und Ängste zu den Indikationen einer Cannabis-Therapie. Insbesondere Delta-9-Tetrahydocannabinol und seine Metabolite 11-hydroxy-delta-9-Tetrahydrocannabinol und 11-nor-9-carboxy-Tetrahydrocannabinol sind für die psychogenen Effekte der Hanfpflanze verantwortlich (Huestis MA 2005).

 

Anwendungsgebiet/Verwendung

Bemerkung:  Alternativ zu Hanfsamenöl in der Hautpflege können Borretschsamenöl oder Nachtkerzenöl angewendet werden. Hanfsamenöl ist abzugrenzen von dem aus Blättern und Blüten des Hanfs destillierten ätherischen, psychotrop wirksamen Hanföl, dem Cannabis flower essential oil.

Haschischöl: Weiterhin abzugrenzen ist das Haschischöl, das aus dem Harz des Hanfs destilliert wird.

 

Aus Cannabis werden unterschiedliche Produkte gewonnen:

Hanfsamenöl:  kalt- oder warmgepresstes nicht psychotropes fettes Öl aus den  Samen von Cannabis. Dient als Speiseöl und als gut verträgliches Hautpflegeöl, in der Kosmetik: Cannabis sativa seed oil (INCI). Hanfsamen enthalten nur unwesentliche Mengen an psychotrop wirksamen Tetrahydrocannabinol

Nabiximols: alkoholischer Cannabisextrakt als Sublingualspray ist in Deutschland auf der Basis des BTMs  zur Behanldung der schweren Spastik bei multipler Sklerose zugelassen.  

Hanföl: zu unterscheiden ist das o.g. Hanfsamenöl von dem ätherischen Hanföl, dem Cannabis flower essential oil: Aus Blättern und Blüten des Hanfs destilliertes (psychotrop wirksames) ätherisches Öl des Hanfs. 
Marihuana (Gras): getrocknete und zerkleinerte harzhaltige Blütentrauben und blütennahe, kleine Blätter der weiblichen Pflanze.

Haschisch: Harz der Blütenblätter, der Triebspitzen, das durch Abstreifen von der Oberfläche der Triebspitzen gewonnen wurde.

Spice: Cannabinoid-haltige Modedroge  

Haschischöl: psychotrop wirksam; wird aus dem Harz der Blütenblätter destilliert

Cannabis-Tee: Für diese Zubereitung werden Cannabisblüten in kochendes Wasser gegeben und 15 Minuten am Sieden gehalten.  Der Anteil an dem psychotrop wirksamen Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) liegt bei nur ca. 5%.

 

Anwendungsgebiete (DAC):  Übelkeit und Erbrechen begleitend bei Chemotherapie,  Anorexie, Kachexie bei HIV-Patienten, chronische Schmerzzustände, spastische Lähmungen, Bewegungsstörungen, Asthma und Glaukom; generalisierter Epilepsie, Depressionen und Entzugssymptomen.

Unerwünschte Wirkungen

Cannabis-Allergie.

Hanffasern und Stäube können aufgrund der glykosidischen Bindung  von Menschen  nicht abgebaut werden. Das intensive Einatmen dieser Stäube kann zu einer Akkumulation in der Lunge und  zum Krankheitsbild der Byssinose führen.

Sensibilisierungen durch Cannabisprodukte sind bekannt, derzeit noch relativ selten, zukünftig aber häufiger als bisher zu erwarten. Beschrieben sind allergische Rhinokonjunktivitiden bis hin zu anaphylaktischen Reaktionen, von denen einige schwer verliefen. Kreuzreaktionen durch das Lipidtransferprotein Can s 3 sind mit verschiedenen Früchten und Gemüsesorten beschrieben (cannabis-fruit-vegetable syndrome) (Drouet M et al. 2017).

 

Gefäßschäden: Delta-9-Tetrahydrocannabinol kann bei längerem Konsum von Cannabisprodukten (evtl. in Kombination mit Zigarettenkonsum) zum Raynaud-Syndrom und evtl. zu einer "Cannabis-Arteriitis" führen (El Omri N et al. 2017) - einem Krankheitsbild, das der Thrombangiitis obliterans zugeordnet werden kann.

Hinweis(e)

Die pharmakologischen Wirkungen von Cannabis werden durch seine Inhaltsstoffe, den Cannabinoide (v.a. durch Delta -9-Tetrahydrocannabinol=THC; Cannabidiol=CBD) verursacht.

Marihuana: In Deutschland ist Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Droge. Hinweis: Bei jungen Menschen mit vaskulitischen Ulzera der distalen Extremität sollte an Cannabis-Mißbrauch gedacht werden!

Cannabisblüten unterliegen dem Betäubungsmittelgesetz!

Cannabis wurde zur „Heilpflanze des Jahres“ 2018 gekürt. Sie wird seit Tausenden von Jahren zur Schmerzlinderung eingesetzt. Pflanzliches Cannabis wird derzeit von einigen Patienten und ihren Befürwortern stark beworben, um jede Art von chronischen Schmerzen zu behandeln (Mücke M et al. 2018).

In Deutschland ist Cannabis die am häufigsten konsumierte Droge.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Bakirci N et al. (2007) Natural history and risk factors of early respiratory responses to exposure to cotton dust in newly exposed workers. J Occup Environ. Med 49:853-861
  2. Ebo DG et al. (2013)  New food allergies in a European non-Mediterranean region: is Cannabis sativa to blame? Int Arch Allergy Immunol  161:220-228 Epub 2013 Mar 15. PubMed PMID: 23549061.
  3. https://arzneipflanzenlexikon.info/hanf.php
  4. Blaschek W (2015) Wichtl-Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft München. S 140-143
  5. Bar-Lev Schleider L et al. (2018) Prospective analysis of safety and efficacy of medical cannabis in large unselected population of patients with cancer. European journal of internal medicine 49:37–43.
  6. Decuyper II et al. (2017) Cannabis sativa allergy: looking through the fog. Allergy 72: 201–206.
  7. Drouet M et al. (2017) Cannabis et allergie croisée alimentaire Cannabis and crossed allergy with food. Revue de pneumologie clinique 73:290–293.
  8. El Omri N et al. (2017) Cannabis arteritis. The Pan African medical journal 26:53.
  9. Mücke M et al. (2018) Cannabis-based medicines for chronic neuropathic pain in adults. Cochrane Database Syst Rev 3:CD012182.
  10. https://www.ema.europa.eu/en/documents/herbal-monograph/draft-public-statement-cannabis-sativa-l-flos_en.pdf
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