Korynebakterien

Zuletzt aktualisiert am: 10.03.2021

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Synonym(e)

Corynebacteriaceae; Korynebakterium

Erstbeschreiber

1883: Klebs erkennt den Erreger als Stäbchen in diphtherischen Membranen. 1884: Löffler gelingt die Reinkultur mit dem nach ihm benannten »Löffler-Serum«. 1888: Roux und Yersin, Pasteur-Institut, Paris, entdecken das Diphtherie-Toxin in keimfreien Kulturfiltraten

Definition

Die Gattung Corynebacterium (von griech. koryne=Keule- bedingt durch die ein-oder beidseitige keulenförmige Auftreibung des Bakteriums) umfasst in Wasser und Boden heimische,  teils aerobe, teils anaerobe, grampositive, kurze, gerade oder leicht gebogene, unbegeißelte und damit unbewegliche Stäbchen der Bakterienfamilie Corynebacteriaceae, häufig mit keulenartig verdickten Enden. Sie besitzen keine Kapsel. Korynebakterien zeigen ansonsten den Aufbau gram-positiver Bakterien. Allerdings enthält die Zellwand Mykolsäure, die sonst nur bei Mykobakterien und Nocardien vorkommt. Im Zellplasma der Bakterien findet man so genannte Polkörperchen, die Polyphosphate und Calcium enthalten. Diese Polkörperchen lassen sich mit der Gramfärbung nur schwer bis gar nicht darstellen, weshalb man hierfür die Neisser-Färbung nutzt. Nach der Färbung stellen sich die Bakterien gelb bis rosa dar, die Polkörperchen hingegen sind dunkelblau bis schwarz. Diese Färbung findet heutzutage vor allem bei der Diagnostik von Corynebacterium diphteriae und pseudodiphteriticum noch Anwendung.

Corynebacteriaceae bilden keine Sporen oder Kapseln.  Ein weiteres morphologisches Merkmal von Corynebacteriaceae ist eine V-förmige Verbindung zwischen Mutter- und Tochterzelle nach der Zellteilung. Diese Form entsteht durch die so genannte postifisionäre Schnappbewegung (snapping postfission movement). Diese Schnappteilung entsteht dadurch, dass nur die innere Zellwand der Corynebakterien an der Zellteilung teilnimmt. Korynebakterien werden durch Hitze (10 min bei 58°C) und durch handelsübliche Desinfektionsmittel zuverlässig abgetötet. Sie sind gegen Austrocknung relativ resistent.

Die Kultivierung der Korynebakterien erfolgt auf Blutagar und kann aus Sputum, Magensaft, Kehlkopfabstrich, Urin und sogar Ejakulat oder Menstruationsblut erfolgen. Die Wachstumsdauer bis zum Sichtbarwerden makroskopischer Kolonien beträgt etwa 18 – 24 Stunden. Anhand der biochemischen Reaktionen erfolgt anschließend die Unterscheidung zwischen pathogenen und apathogenen Corynebakterien. Pathogene Spezies zeichnen sich durch positive Katalasereaktion, negative Ureaseaktion, den fermentativen Abbau von Glucose (nicht aber Saccharose) und die Nitratreduktion aus.

Allgemeine Information

Krankheitsauslösend sind nur Corynebakterien, die mit einem bestimmten Phagen infiziert sind. Dieser Phage trägt das tox+ -Gen für das Exotoxin. Das tox+ -Gen ist ein Teil des Prophagen β und wird durch Transduktion in das Bakterienchromosom integriert. Zunächst bindet das Bakterium an die Wirtszelle. Anschließend wird das A-Toxin in einer Vakuole in die Zelle aufgenommen. Das Diphtherietoxin A hemmt dann den Elongationsfaktor 2 durch ADP-Ribosylierung eines bestimmten Aminosäurerests mit dem Namen Diphthamid. Auch einige Stämme des Corynebacteriums ulcerans tragen diesen Phagen in sich und sind somit pathogen und Diphtherie-auslösend.

Die Übertragung von Corynebacterium diphtheriae erfolgt ausschließlich von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion, andere Sekrete oder direkten Kontakt. Oft erfolgt die Ansteckung aufgrund der guten Impfabdeckung in Deutschland in subtropischen Gebieten, in denen Diphtherie endemisch ist. Die Inzidenz der Diphtherie in Mitteleuropa liegt bei etwa 0,001/100.000 im Jahr. Hunde und Katzen sind natürliches Reservoir von toxigenen Corynebacterium ulcerans Stämmen. Apathogene Spezies gehören zur normalen Flora der Haut und Schleimhaut.

Klinisches Bild

Die Gattung Corynebacterium ist vielfältig; einige Vertreter sind für den Menschen oder Tiere pathogen. Andere sind Saprophyten und leben auf verfaulenden Pflanzenresten. Einige Arten kommen häufig in der Schleimhautflora und auf der Haut des Menschen vor. Die medizinisch bedeutsamste Spezies ist Corynebacterium diphtheriae. Andere Spezies dieser Gattung (diphtheroide Spezis) können als Saprophyten Haut und Schleimhaut besiedeln. Als opportunistische Krankheitserreger gewinnen sie zunehmend an Bedeutung. Insbesondere bei abwehrgeschwächten Menschen sind sie als Erreger von Wundinfektionen, Endokarditis oder Sepsis gefürchtet.

  • Corynebacterium diphtheriae (Corynebacterium diphtheria –gravis, intermedius, mitis): Diphtherie
  • Corynebacterium ulcerans: diphtherieartige Symptome (Hautdiphtherie)
  • Corynebacterium jeikeium: Sepsis, Endokarditis Weichteilinfektionen
  • Corynebacterium urealyticum Zystitis (alkalisch-inkrustierte Steine)
  • Corynebacterium pseudodiphtheriticum: fakultativ pathogen, Endokarditis, Atemwegsinfektion
  • Corynebacterium tenuis: Haut-/Schleimhautflora, Keratoma sulcatum
  • Corynebacterium amycolatum: Haut-/Schleimhautflora, Device-assoziierte Infektionen
  • Corynebacterium striatum: Haut-/Schleimhautflora
  • Corynebacterium minutissimum Hautflora: Erythrasma
  • Corynebacterium matruchotii: orale Schleimhautflor, Augeninfektionen
  • Versch. Korynebakterien (nicht näher differenziert): Trichobacteriosis axillaris  

Therapie

Korynebakterien sind empflindlich auf Antibiotika (z.B. Penicillin G, Erythromycin, Makrolide und Fusidinsäure). Die Behandlung erfolgt je nach Erkrankung systemisch oder topisch.

Hinweis(e)

In Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis von Toxin-bildenden Corynebacteria namentlich meldepflichtig nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes, soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist. In der Schweiz ist ein positiver laboranalytischer Befund (oder ein negativer Befund bei Test auf Toxin-Gen) zum Erreger Corynebacterium diphtheriae und anderer toxinbildende Corynebakterien (C. ulcerans, C. pseudo-tuberculosis) meldepflichtig und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen.

Verweisende Artikel (1)

Bakterien;
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