Hämochromatose E83.1

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 05.05.2025

This article in english

Synonym(e)

Bronzediabetes; Cirrhose pigmentaire diabétique; Eisenspeicherkrankheit; Siderophilie; Siderose; Troisier-Hanot-Chauffard-Syndrom

Erstbeschreiber/Historie

Troisier, 1871; Hanot u. Chauffard, 1882

Definition

Autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselstörung mit erhöhter Eisenresorption und konsekutiver Hämosiderin-Ablagerung und Gewebeschädigung in verschiedenen Organen. Der Gesamteisengehalt des Organismus ist von normalerweise 3–5 g auf 20–80 g erhöht.

Vorkommen/Epidemiologie

Häufigste hereditäre Erkrankung bei Angehörigen der weißen Rasse, Prävalenz (bei Kaukasiern): 1/200-300 Einwohner.

Ätiopathogenese

Einteilung der  versch. Hämochromatosetypen:

  • Typ 1 (klassische Hämochromatose): Autosomal-rezessiv vererbte Mutationen des HFE 1 Gens (Hereditary familial hemochromatosis Gen 1 - v.a. C282Y/H63D; Genlokus: 6p21.3). Prävalenz der klinisch manifesten Hämochromatose in Europa 1:1.000; m:w=10:1 (Ursache: Eisenverlust über Menstruation).
  • Typ 2 (juvenile Hämochromatose): seltene, autosomal-rezessiv vererbte Mutationen des HFE 2 Gens (Hereditary familial hemochromatosis Gen 2; Genlokus: 1q21). Andere Formen von Typ 2 sind durch Mutationen des Hepcidin antimicrobial Peptid Gens (HAMP Gen; Genlokus: 19q13) bedingt. Eisenüberladung vor dem 30.Lebensjaahr. Häufig Herzinsuffizienz und Hypogonadismus.
  • Typ 3: Autosomal-rezessiv vererbte Mutationen des Transferrin Rezeptor-2 Gens (TFR 2 Gen; Genlokus: 7q22).
  • Typ 4: Autosomal-dominant vererbte Mutatione n des SLC11A3 Gens (Solute carrier family 11 A Gen; Genlokus: 2q32) mit konsekutivem Defekt von Ferroportin. 

Manifestation

Insbesondere bei Männern in höherem Alter (40–60 Jahre). Bei der juvenilen Form (Typ 2) meist 10.-30. LJ.

Klinik

Eisenüberlagerung von <10g verläuft klinisch meist ohne fassbare Symptome (latentes Stadium). Höhere Gewebeeisenkonzentrationen (>10g) führen zunächst zu diskreten Veränderungen und später zu einer manifesten Hämosiderose. Klinische Erscheinungen der manifesten Hämochromatose bezogen auf ihre prozentuale Häufigkeit:

  • Leberzirrhose (94%)
  • Hautveränderungen: (82%):
    • rauchgraue, blau-braune oder bronzeartige, fleckige oder flächenhafte Hautverfärbungen, besonders ausgeprägt im Breich der sonnenexponierten Areale v.a. im Gesicht. Wekiterhin auch in den Achselhöhlen, der Genitalregion, auch an den unteren Extremiäten (s. Abb.) sowie in Narben
    •  Sonstiges: diffuses Effluvium
  • Hepatomegalie (76%)
  • Schwäche, Abgeschlagenheit (73%)
  • Potenz- Libidominderung (56%)
  • Diabetes mellitus (53%)
  • Oberauchbeschwerden (50%)
  • Hodenatrophie (50%)
  • Arthralgien (47%)
  • Kardiomyopathie (35%): Es kommt zu einer zunehmenden Ablagerung von Eisen imSarkoplasma der Herzmusekelzellen und imGefolge zu einer ventriikulären Funktionsstörung. Möglich sind Dilatationen der Herzkammern mit Zeichen der Herzinsuffizienz.   

 

Histologie

Histologie der Haut: Charakteristisch sind verstärkte Melaninvermehrung im Stratum basale sowie Hämosiderineinlagerungen, vor allem im mittleren und tiefen Korium (Eisenfärbung zur Differenzierung).

Diagnose

Anamnese + Klinik; Labor: Plasmaferritin ↑ (w=200ug/l; m=>300ug/l); Transferrinsättigung ↑ (w>45%; m>50%) – Bemerkung: eine normale Trasferritinsättigung schließt eine Hämochromatose weitgehend aus. HFE-Gendiagnostik (Genbefund nur im Zusammenhang mit klinischer Symptomatik beurteilbar). Leberbiopsie mit Eisennachweis (Berliner-Blau-Reaktion)

Differentialdiagnose

Internistisch:

  • Eisenüberlagerungen bei hämolytischen Anämien z.B. bei myelodysplastischen Syndrom.
  • Alkoholische Siderose.
  • Siderosen im Rahmen chronischer Lebererkrankungen

Dermatologisch (DD klinischer Makroaspekt)   

  • Hämosiderosis cutis (Einlagerung von Hämosiderin in die Haut; lokalisierte oder disseminierte, groß- oder kleinfleckige, gelb- oder sattbraune Ablagerungen von Hämosiderin in der Haut, deren Verteilungsmuster und Intensität von der zugrundeliegenden Erkrankung definiert sind. Auftreten z.B. bei Purpura pigmentosa progressiva oder bei chronischer venöser Insuffizienz. Keine solare Akzentuierung)
  • Porphyria cutanea tarda (Saisongebunden (Frühjahr, Sommer) vermehrt auftretende und auch durch geringe mechanische Belastung ausgelöste Hautveränderungen. Blasenbildung! Hämorraghische Krusten, Erosionen, atrophische Narben, Hyperpigmentierung und Hypopigmentierungen, postbullöse Milien. Diffuse Melanose im Gesicht und Nacken; Hypertrichose der Jochbeingegend und der Wangen; Elastose)
  • M. Addison (Solar akzentuierte Hyperpigmentierung (initial von normaler Sonnenbräune nicht zu unterscheiden). Kein poikilodermatischer Aspekt. Weiterhin Pigmentierung von Achselhöhlen, Mamillen-, Genitalbereich; Pigmentierung von Handlinien, Narben, Druckstellen; grau-bräunliche Schleimhautpigmentierungen. 
  • Melasma (Meist scharf begrenzte, großflächige oder kleinfleckige, geschlossene oder retikuläre Hyperpigmentierung (Melanose) in sonnenexponierten Arealen, die im Winter entweder vollständig verblassen oder kaum noch sichtbar sind, in der kommenden Sonnensaison jedoch in loco rezidivieren. Histologie: fehlender Eisenanchweis!)    
  • Exogene Ochronose (Anamnese ist diagnostisch)
  • Naevus Ota (Histologie ist diagnostisch; kein poikilodermatischer Aspekt)  
  • Hepatolentikuläre Degeneration (Morbus Wilson) 

Therapie

Internistisch: Eisenarme Kost (Vermeiden von weißen Bohnen, Erbsen, Linsen, Porree, Sojabohnen, Eidotter, Leber, Herz, Bierhefe).

Aderlässe 1mal/Woche (mit 500 ml Blut werden durchschittlich 250 mg Eisen entfernt).

Eisenchelatoren:

  • Ggf. Gabe von Deferoxamin (z.B. Desferal®), 100 mg Deferoxamin binden 8 mg Eisen.
  • Alternativ: Deferasirox 

Verlauf/Prognose

Unbehandelt führt die Erkrankung progressiv fortschreitend innerhalb weniger Jahre zum Tode.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Gorbatsch S et al. (2020) Irregular, blotchy hyperpigmentation of the left nose, cheek and eyelid. J Dtsch Dermatol Ges 18:50-54.
  2. Hanot VC, Chauffard AME (1882) Cirrhose hypertrophique pigmentaire dans le diabète sucré. Rev Médecine (Paris) 2: 385-403
  3. Niederau C (2003) Hereditary hemochromatosis. Internist 44: 191-205
  4. Rihl M et al. (2004) Arthropathy of hereditary hemochromatosis. Z Rheumatol 63: 22-29
  5. Troisier CE (1871) Diabète sucré.Bull Soc Anatomique (Paris) 16: 231
  6. Von Recklinghausen FD (1889) Über Hämochromatose. Berliner klin Wochenschr 26: 92

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 05.05.2025