Hämapherese

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 31.08.2023

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Synonym(e)

Apherese

Erstbeschreiber

Bereits in den 60er Jahren wurden die ersten Zellseparatoren als kontinuierliche oder diskontinuierliche Verfahren entwickelt (Kiefel 2010).

Ein Plasmaaustausch (PE) fand erstmals in den frühen 1970er Jahren statt und wurde von Cardella et al. bei einen akuten humoralen Abstoßung nach Nierentransplantation eingesetzt (Chen 2022).

Im Jahre 1976 wurde erstmals von Jones et al. darüber berichtet, dass ein Plasmaaustausch beim systemischen Lupus erythematodes nützlich ist (Chen 2022).

Praxisrichtlinien zum therapeutischen Einsatz einer Apherese wurden im Jahre 1986 erstmals von der American Society for Apheresis (ASFA) veröffentlich. Diese werden seitdem regelmäßig aktualisiert (Conelly- Smith 2019).

Die Immunabsorption (IAS) wurde 1999 erstmals als Behandlungsoption von Esnault et al. vorgestellt.

Definition

Unter einer Hämapherese versteht man eine Auftrennung des Blutes in zelluläre und plasmatische Bestandteile (Herold 2022) mittels Durchflusszentrifugation durch Apherese- Geräte (Bundesärztekammer 2005).

In der Medizin werden die therapeutische Apherese (TA) und der therapeutische Plasmaaustausch verwendet, um pathologische Substanzen wie z. B. Immunkomplexe, pathologische Antikörper, Entzündungsmediatoren etc. aus dem Blut des Patienten zu reinigen und Krankheiten zu behandeln (Chen 2022).

Einteilung

Zu den Techniken der therapeutischen Apherese zählen:

- Plasmaaustausch (PE)

- Immunadsorption (IAS)

- Low- Density- Lipoprotein- Apherese (LDL- A)

- Doppelfiltrations- Plasmapherese (DFPP)

(Chen 2022)

Allgemeine Information

Für eine therapeutische Hämapherese ist ein ausreichender und stabiler Blutfluss mit einer Fließrate von 60 – 120 ml / min erforderlich. Man wählt dafür i. d. R. eine periphere Vene, z. B. die Kubitalvene. Für eine Dauerapherese hingegen sollte frühzeitig eine AV- Fistel wie z. B. ein Cimino- Shunt angelegt werden (Kiefel 2010).

Um eine Antikoagulation des Patientenblutes im extrakorporalen Kreislauf zu verhindern, werden Citratlösungen eingesetzt (Kiefel 2010)

 

Eine Hämapherese dient verschiedenen Zwecken:

- der Elimination unerwünschter Blutkomponente

- zur therapeutischen Zusammensetzung des Blutes (Immunmodulation)

- Zufuhr von Substraten (Herold 2022)

Eine Hämapherese kann je nach Indikationsstellung und Erkrankungsart lebensrettend, supportiv, leidenslindernd oder lebensverlängernd eingesetzt werden (Herold 2022).

 

Die Trennung der Blutbestandteile erfolgt durch eine Primärtrennung und eine Sekundärtrennung (Herold 2022).

- 1. Die Primärtrennung ist meistens unspezifisch. Zur Primärtrennung können verschiedene Verfahren eingesetzt werden:

- Zentrifugalverfahren

Für die primäre Trennung der Zellen und des Plasmas werden i. d. R. Zentrifugalverfahren eingesetzt (Herold 2022).

- Filtrationsverfahren:

Diese beschränken sich auf die Plasmatrennung (Herold 2022).

- 2. Sekundärtrennung

Bei der Sekundärtrennung können Blutkomponente semiselektiv bis selektiv (wie z. B. bei der Differentialfiltration oder Heparinpräzision) oder auch spezifisch (wie z. B. bei der LDL- Immunapherese) eliminiert werden (Herold 2022).

 

Indikationen

Indikationen für eine Hämapherese können sein:

  • A. Blutspenden: Diese können erfolgen als
    • A. 1. Thrombozyt- Apherese: Diese wird z. B. Patienten mit Thrombozytopenien unter Chemotherapie verabreicht (Herold 2023). Bei der thrombotisch- thrombozytopenischen Purpura (TTP) z. B. wird so lange eine tägliche Plasmapherese verabreicht, bis die Thrombozytenzahl wieder ansteigt. Das ist bei den meisten Patienten innerhalb von 2 Wochen der Fall (Kasper 2015).
    • A. 2. Granulozyt- Apherese: Bei einer kritischen Granulozytopenie bzw. einer Agranulozytose werden Granulozyten verabreicht (Herold 2023).
    • A. 3. Stammzell- Apherese: Diese finden Verwendung zur Transplantation bei Patienten mit z. B. Non- Hodgkin- Lymphomen, aplastischer Anämie, Leukämie (Herold 2023).

 

  • B. Zytapherese- Therapien: Diese können erfolgen in Form einer
    • B.1. Erythrozyt- Apherese: Sie dient dem Erythrozytenaustausch bei z. B. Sichelzellanämie I – II und als Eisenelimination bei z. B. einer Hämochromatose (Herold 2023).
    • B. 2. Lymphozyt- Apherese: Sie erfolgt – mit nachfolgender UV- Bestrahlung – bei z. B. einer Transplantatabstoßung oder zur Therapie einer Mycosis fungoides (auch als kutanes T- Zell- Lymphom bezeichnet (Herold 2023).
    • B. 3. Leukozyt- Apherese: Sie findet Anwendung bei Hyper- Leukozytosen z. B. im Rahmen einer Colitis ulcerosa und bei Leukämien (Herold 2023).

 

  • C. Plasma- Therapien: Diese finden Anwendung bei der
    • C. 1. Plasma- Adsorptionsbehandlung: Dazu zählen die
      • Ig- Apherese: Diese findet Anwendung bei Antikörper- vermittelten Autoimmunopathien wie z. B. Guillain- Barre- Syndrom, AB=- differente Organtransplantation (II), Evans- Syndrom (III), Myasthenia gravis, Antikörper- vermittelte Transplantatabstoßung (II), Goodpasture- Syndrom (Herold 2023).
      • Lp (a)- Apherese: Sie wird eingesetzt bei vorzeitiger Arteriosklerose- Symptomatik (I – II) zur Therapie hereditärer Lp (a) Stoffwechselstörungen (Herold 2022).
      • LDL- Apherese: Diese dient der Therapie der schweren Atherosklerose bei hereditären Hypercholesterinämien, sofern die medikamentösen Behandlungsalternativen nicht den gewünschten Erfolg zeigen (Herold 2022). Angewandt wird die LDL- Apherese z. B. bei Patienten mit einer KHK und einem LDL- C- Plasmaspiegel von > 200 mg / dl bzw. bei Patienten ohne KHK und einem LDL- C- Plasmaspiegel von > 300 mg / dl. Die LDL- Apherese findet i. d. R. in einem spezialisierten Lipidzentrum alle 14 Tage statt (Kasper 2015).
    • C. 2. Plasmaaustausch: Dieser wird eingesetzt bei z. B. Makroglobulinämien (II), immunkomplexvermittelten Autoimmunopathien (III), thrombotischer Mikroangiopathie (HUS, TTP), akuter Pankreatitis mit extremer Hypertriglyzeridämie (Herold 2023).
    • C. 3. Plasma- Differentialfiltration: Diese Form der Filtration wird insbesondere zur Elimination von LDL- und Lp- (a) eingesetzt. Sie finden Anwendung bei Erkrankungen der Mikrozirkulation wie z. B. diabetischen Perfusionsstörungen der Makula und trockener Makuladegeneration (Herold 2023).

 

  • D. Nierenerkrankungen

Die therapeutische Apherese wird sowohl bei primären Nierenerkrankungen wie z. B. dem Goodpasture- Syndrom, der fokal segmentalen Glomerulosklerose [FSGS]) als auch bei sekundären Nierenerkrankungen wie z. B. beim hämolytisch- urämischen Syndrom [HUS], der thrombotischen Mikroangiopathie (TTP) mit Nierenbeteiligung und des Systemischen Lupus erythematodes eingesetzt (Chgen 2022).

 

  • E. Covid- 19

Auch bei Covid- 19- Erkrankungen wurde die Apherese bereits eingesetzt, um die Mortalität zu verringern. Allerdings gibt es bislang lediglich Einzelfallbeschreibungen, randomisierte Studien fehlen derzeit noch (Griveas 2022).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Bundesärztekammer (2005) Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie). Aufgestellt gemäß Transfusiongesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul- Ehrlich- Institut. Deutscher Ärzteverlag Köln 79
  2. Cardella C J, Sutton D, Uldall P R, deVeber G A (1997) Intensive plasma exchange and renal-transplant rejection. Lancet. 1 (8005) 264
  3. Chen Y Y, Sun X, Huang W, He F F, Zhang C (2022) Therapeutic apheresis in kidney diseases: an updated review. Ren Fail. 44 (1) 842 - 857
  4. Conelly- Smith, L, Dunbar N M (2019) The 2019 guidelines from the American Society for Apheresis: what's new? Curr Opin Hematol. 26 (6) 461 – 465
  5. Esnault V L, Besnier D, Testa A, Coville P, Simon P, Subra J F, Audrain M A (1999) Effect of protein A immunoadsorption in nephrotic syndrome of various etiologies. J Am Soc Nephrol. 10 (9) 2014 – 2017
  6. Griveas I (2022) Apheresis and Covid-19. Transfus Apher Sci. 61 (6) 103601 DOI: 10.1016/j.transci.2022.103601.
  7. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 963
  8. Jones J V, Cumming R H, Bucknall R C (1976) Plasmapheresis in the management of acute systemic lupus erythematosus? Lancet. 1 (7962) 709 - 711
  9. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 138- e 2, 1839, 1848, 2449
  10. Kiefel V (2010) Transfusionsmedizin und Immunhämatologie: Grundlagen – Therapie – Methodik. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 458
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