Synonym(e)
Definition
In den Industriestaaten seltene, nicht mehr meldepflichtige, sexuell übertragene Infektionskrankheit (STI) durch Hämophilus ducreyi, mit Verbreitung v.a. in tropisch-subtropischen Gebieten sowie europäischen Groß- und Hafenstädten.
In tropischen Ländern treten auch nicht-venerische ulzeröse Haemophilus-ducreyi-Infektionen auf (s.Abbn.).
Auch interessant
Erreger
Haemophilus ducreyi ist ein gramnegatives, kokokkoides, unbewegliches, nicht-sporenbildendes Bakterium aus der Gattung Haemophilus zu der noch weitere 15 menschenpathogene Erreger (z.B. Haemophilus influenzae) gehören.
Ätiopathogenese
Übertragung von H. ducreyi durch Geschlechtsverkehr oder Schmierinfektion nach Kontakt mit Hautveränderungen bei bereits Infizierten.
Klinisches Bild
Venerisch-übetragene Haemophilus-ducreyi-Infektion (Ulcus molle):
Inkubationszeit: 2-5 Tage. Kinisch biden sich initial rasch zerfallende Papeln, mit Ausbildung weicher, schmierig belegter, schmerzhafter Ulzera mit unterminierten Rändern. Ein Teil der Ulzera heilen auch unbehandelt nach mehreren Wochen spontan ab. Bei Progression Ausbildung einer einseitigen, hochschmerzhaften regionalen Lymphadenitis. Es besteht eine Tendenz zur eitrige Einschmelzung der Lymphknoten. Nicht selten folgen auch Fistelbildungen. Weiterverimpfung der Ulzera auf angrenzende Hautbereiche (Autoinokulation) ist möglich.
Nicht-venerisch-übetragene Haemophilus-ducreyi-Infektion (Ulcus molle): Haemophilus-ducreyi-Infektionen der Haut treten in tropischen Ländern auch als nicht-sexuell übertragene schmerzhafte, chronische Ulzera auf. Offenbar sind Kindern häufiger betroffen als Erwachsene (van Hattem JM et al. 2018; s. Abbn).
Sonderformen:
Diagnose
Mikroskopischer (Gram- oder Unna-Pappenheim-Färbung: Rötliche Stäbchen in fischzugartiger Anordnung) und kultureller (GC-HgS Medium- oder Mueller-Hinton HB-Agar) Erregernachweis. PCR-Nachweis!
Merke! Wiederholte Kontrolle der Syphilisserologie!
Differentialdiagnose
Ulcus durum; Ulcus mixtum; Lymphogranuloma inguinale; Granuloma inguinale; Herpes genitalis.
Bei nicht venerischen Haemophilus-ducreyi-Infektionen der Haut kommen zahlreiche chroische Ulzera anderer Genese in Frage.
Externe Therapie
Merke! Chirurgische Lymphknoteninzision ist meist nicht notwendig!
Interne Therapie
Systemische Antibiose, s. Tabelle 1 / S.a. S. 17 der aktuellen Leitlinien der STI-Gesellschaft
Azithromycin 1,5 - 2 g p.o. einmalig (Therapieversagen bei HIV+ und HSV- Begleitinfektion bei Azithromycin 1,0 g dreimal häufiger)
Alternativ: Ceftriaxon 500 mg i.m. einmalig
Merke! Kontrolle und ggf. Behandlung des Sexualpartners ist erforderlich, auch wenn dieser keine Symptome zeigt!
Verlauf/Prognose
Tabellen
Antibiotische Therapie des Ulcus molle
Wirkstoff |
Beispielpräparate |
Dosierung |
|
Mittel 1. Wahl |
Azithromycin |
Zithromax |
Einmaldosis: 1000 mg p.o. |
Erythromycin |
Erythrocin Filmtbl., Eryhexal Kps., Erythromycin Wolff Filmtbl. |
4mal 500 mg/Tag p.o. über 7 Tage |
|
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|||
Alternativ |
Ceftriaxon |
Rocephin |
0,25 g i.m. als Einmaldosis |
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|||
Bei gleichzeitiger HIV-Infektion |
Ciprofloxacin |
Ciprobay Filmtbl. |
2mal 500 mg/Tag p.o. über 3-5 Tage |
Amoxicillin/Clavulansäure |
Augmentan Filmtbl. |
500/125 mg/Tag p.o. über 3-5 Tage |
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Dt. Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (1992) Richtlinien zur Diagnostik und Therapie von sexuell übertragbaren Krankheiten.
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- Ducrey A (1889) Experimentelle Untersuchungen über den Ansteckungsstoff des weichen Schankers und über die Bubonen. Monatsh prakt Dermatol 9: 387-405
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- Kyriakis KP et al. (2003) Incidence determinants of gonorrhea, chlamydial genital infection, syphilis and chancroid in attendees at a sexually transmitted disease clinic in Athens, Greece. Int J Dermatol 42: 876-881
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Verweisende Artikel (27)
Analfissur; Chancrelle; Chancre mou; Chancroéde; Chancroid; Ducrey-Unna-Krankheit; Enoxacin; Erythromycin; Geschlechtskrankheiten; Haemophilus; ... Alle anzeigenWeiterführende Artikel (19)
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