Papillomavirus

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Co-Autor: Christina Rohdenburg

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Zuletzt aktualisiert am: 03.04.2022

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Synonym(e)

HPV; HPV Infektion; HPV-Infektion; HPV-Infektionen; HPV-Infizierte; HP-Viren; Humane Papillomaviren; Humane Papillomviren; Papillomaviridae; Warzenviren

Definition

Epitheliotrope, nackte Doppelstrang-DNA-Viren. Humane Papillomaviren gehören zur humanpathogenen Gattung Papillomavirus, in der sich die Art humanes Papillomavirus befindet. Papillomviren haben eine Größe von 55 nm. Sie infizieren die Plattenepithelien von Haut und Schleimhaut. Zielzellen sind die basalen Zellen der Epithelien. Die Rezeptoren auf den Basalzellen sind bisher noch nicht bekannt (Integrine, heparansulfatsubstituierte Proteoglykane?). 

Derzeit sind > 170 verschiedene HPV-Subtypen bekannt. Einige verursachen bei Menschen und Tieren benigne epitheliale Tumoren (z.B. Verrucae planae juveniles, Verrucae vulgares, Verrucae plantares, Condylomata acuminata). Andere sind mit genitalen oder extragenitalen Karzinomen (Zervixkarzinom, periunguale Karzinome) assoziiert.

HPV werden aufgrund ihrer Sequenz-Verwandtschaft 5 Supergruppen (A-E) zugeordnet (s. Abb.). Hierbei bilden HPV, welche die Schleimhaut infizieren, die Gruppe A, während HPV, die die Haut befallen, zu den Gruppen B und E gehören.

Unterschieden werden die manifeste, die subklinische und die latente Infektion (Viruspersistenz in basalen Keratinozyten).

Allgemeine Definition

Das zirkuläre Genom umfasst 7.500-8.000 Basenpaare. Das Genom ist in einem ikosaedrischen Kapsid verpackt. Das Kapsid setzt sich aus den beiden Strukturproteinen L1 und L2 zusammen, wobei L1 das Hauptkapsid darstellt. Alle Protein-kodierenden Sequenzen liegen auf einem DNA-Strang.

Ursprungsort der Replikation des viralen Genoms in der befallenen Wirtszelle ist die 400-1.000 Basenpaare umfassende LCR-Region (LCR = long control region. Stromabwärts folgen die Translationsleserahmen E1-E7 (E = early), die für Proteine kodieren, die für die virale DNA-Replikation, Transkription und Zelltransformation benötigt werden. Es folgen 2 Leserahmen, die für die Strukturproteine L1 und L2 (L = late) benötigt werden. Die viralen Genome werden ausgehend von mehreren Promotoren in zahlreiche, unterschiedliche mRNA-Moleküle transkribiert. Die Promotorenaktivität wird von mehreren viralen und zellulären Faktoren kontrolliert.

Erreger

Viren der Papova-Gruppe (HPV). HPV 16, 18, 31, 45 wird ein hohes Karzinomrisiko (Nachweis bei 5% invasiv wachsender Zervixkarzinome), HPV 33, 35, 39 ein mittleres Risiko (Nachweis bei 1-5% invasiv wachsender Zervixkarzinome) und HPV 6, 11, 42, 43, 44 ein geringeres Risiko (nur seltener Nachweis bei invasiv wachsenden Zervixkarzinomen) beigemessen. 

Die HPV-Infektion von Basalzellen erfolgt über kleinere Verletzungen des Epithels, stimuliert die Zellproliferation und führt zur lateralen wie auch vertikalen Expansion. Heparinsulfat-Proteoglykane (HSPGs) von der zellulären Oberfläche wie auch bestimmte Integrine scheinen der primäre Rezeptoren für die initiale Bindung zu sein. Die gemeinsame Bindung wird durch die letzten 15 Aminosäuren vom äußersten Carboxyl-Terminus des L1-Proteins vermittelt. Die Virionen gelangen durch Endozytose über den Clathrin-abhängigen Weg in die Zelle. Die Dekapsidierung des Partikels erfolgt am Endosom, wobei das Kapsid-Genom und die Proteine in den endozytischen Vesikeln freigesetzt werden.

Frühe Funktionen des Virus verzögern die physiologische Differenzierung der Keratinozyten. Die Gene E5 und E6/E7 sind für diese Zelltransformationen notwendig. Die dort kodierten onkogenen Proteine bilden Komplexe mit zellulären Proteinen, die an der Kontrolle des Zellzyklus und der Apoptose beteiligt sind. E6 interagiert mit dem Tumorsuppressorgenen p53 und bak und hemmt so die Apoptose. E7 induziert die (unkontrollierte) Synthese der zellulären (Wirts-)DNA. Nur weitgehend differenzierte Epithelzellen sind permissiv für HPV-Replikation, zeigen zytophagische Effekte ( Koilozyt) und Viruspartikel im Zellkern.

Vorkommen/Epidemiologie

Weltweit verbreitet. Hautwarzen sind bei Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Bei 4% der jungen Erwachsenen lässt sich eine subklinische ano-genitale HPV-Infektion nachweisen; 10% sind wahrscheinlich latent infiziert. Aufgrund des Nachweises spezifischer HPV-AK wird die Durchseuchungsrate mit HPV auf 60% geschätzt. Von den etwa 40 HPV-Typen werden 14-16 für die Entwicklung von Karzinomen verantwortlich gemacht. HPV 16 und 18 sind weltweit zu 70% verantwortlich für das Zervixkarzinom.

Klinisches Bild

S. Tab.

Diagnose

Infektionen durch HPV sind an Hand des klinischen und histologischen  Bildes zu erkennen. Für HPV-induzierte Plattenepithelakrzinome steht mit dem Anti-HPV 16 L1 DRH1-Testsystem ein Verfahren zur serologischen Validierung zur Verfügung (Hilfrich R 2018)  

Prophylaxe

Erste Therapieansätze (Phase II oder Phase III-Studien) zur prophylaktischen Behandlung mit einer HPV 16- und HPV 16/-18 Vaccine (Vakzinierung mit HPV-16/18 L1 viruslike particle) waren bei Frauen erfolgreich. Mittlerweile konnte in einer Multicenterstudie durch eine quadrivalente HPV-Vakzine bei jungen Frauen im Alter von 16-26 Jahren ein deutlicher Rückgang HPV 6, 11, 16 und 18 induzierter Infektionen erzielt werden. Präkanzeröse Dysplasien bzw. genitale Warzen wurden nicht beobachtet. Die Zulassung in der EU für den Impfstoff Gardasil (MSD) wurde Ende 2006 gegeben. Die Zulassung für eine bivalente HPV-16/18 Vakzine (GlaxoSmithKline) ist 2008 erfolgt. Derzeit übernehmen in Deutschland einige Gesetzliche Krankenkassen die Kosten für die Behandlung junger Frauen im Alter von 9-15 Jahren.

Allgemeine Hygienemaßnahmen (z.B. Oberflächendesinfektion in öffentlichen Bädern).

Hinweis(e)

Frühe sexuelle Aktivität und viele Partner erhöhen bei Frauen das Risiko für eine HPV-Infektion der Zervix. Immunkomprimierte, z.B. Transplantatempfänger und HIV-Infizierte, entwickeln vermehrt persistierende HPV-induzierte Tumoren, die rascher maligne entarten. HPV 13 und 32 induzieren eine fokale epitheliale Hyperplasie häufiger in bestimmten ethnischen Gruppen (nordamerikanische Ureinwohner; Inuit). Bei HPV-Infektion des Mannes steigt das Risiko für Fehlgeburten.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Buntin DM, Rosen T et al. (1999) Sexually transmitted diseases: Viruses and ectoparasites. J Am Acad Deratol 255 527-534
  2. Bzhalava D et al. (2015) International standardization and classification of human papillomavirus types. Virology 476:341-344.
  3. Hilfrich R (2018) Hautkrebsvorsorge PLUS-Die Früherkennung von HPV-bedingten Plattenepithelkarzinomen in der dermatologischen Praxis. Akt Dermatol 44: 140-143
  4. Ockenfels HM (2016) Therapeutic management of cutaneous and genital warts. J Dtsch Dermatol Ges 14:892-899. 
  5. Rübben A (2011) Klinischer Algorithmus zur Therapie von kutanen, extragenitalen HPV-induzierten Warzen. Hautarzt 62: 6-16

Tabellen

 

 

Geschwulsttyp*

HPV-Typen

Benigne Hautwarzen

Tiefe Plantarwarzen

1, 2 ,4, 63

Mosaikwarzen

2

Verrucae vulgares

2, 4, 27, 26-29, 41, 49, 57, 75-77

Metzgerwarzen

7

Pigmentierte Warzen

4, 60, 65

Verrucae planae juveniles

3, 10, 28, 29, 49

Epidermodysplasia verruciformis-spezifische HV

5, 8, 9, 12, 14, 15, 17, 19, 20, 21-25, 36, 38, 47, 50

Flache Warzen von Epidermodysplasia verruciformis-Patienten

3, 10

Warzen bei Nierentransplantierten

1-6, 8, 10, 12, 15, 17, 25, 27-29, 41, 49, 57, 75-77 u.a.

 

Benigne Geschwülste des Kopf- und Halsbereiches

Orale Papillome und Leukoplakien

2, 6, 7, 11, 16, 32, 57, 72, 73

Fokale epitheliale Hyperplasie (Heck)

13, 32

Larynxpapillome

6, 11

Konjunktivalpapillome

6, 11

Nasalpapillome

6, 11, 57

 

Anogenitale Läsionen

Condylomata acuminata

2, 6, 11, 16, 27, 30, 40-42, 44, 45, 54, 55, 57, 61, 90

CIN, VAIN, VIN, AIN, PIN

6, 11, 16, 18, 26-27, 30-31, 33-35, 39, 40-42, 51-59, 61-62, 64, 66-69, 71-74, 82-84, 86, 87, 89, 91, u.a.

 

 

 

 

Tumor

HPV-Typen

Zervixkarzinom

6, 11, 16, 18, 31, 45, 26, 33, 35, 39, 51, 52, 55, 56, 58, 59, 66, 68, 73, u.a

Vulva-, Vagina-, Penis-, Perianalkarzinome

6, 11, 16, 18, 31, 33

Condylomata gigantea (Buschke-Löwenstein-Tumor)

6, 11

Plattenepithelkarzinom von EV-Patienten

5, 8, 14, 17, 20, 47

M. Bowen

1, 2, 4, 5, 6, 11, 15, 16, 20, 25, 34, 35, 38, u.a.

Digitales Plattenepithelkarzinom

16

Larynxkarzinom

6, 11, 16, 18, 30, 35

Orale und Pharynxkarzinome

2, 3, 6, 11, 16, 18, 57

Tonsillenkarzinom

5, 16, 33

Nasalkarzinom

16, 57

Konjunktival-, Lid-, Tränensackkarzinom

6, 11, 16, 18

 

Disclaimer

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