Impetigo herpetiformis L40.1

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Co-Autor: Dr. med. Jeton Luzha

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Zuletzt aktualisiert am: 01.07.2022

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Synonym(e)

Generalized pustular psoriasis of pregnancy; Impetigo herpetiformis Hebra-Kaposi; Psoriasis pustulosa hypocalcaemica

Erstbeschreiber

Kaposi, 1887

Definition

Historischer Begriff für eine seltene Variante der Psoriasis pustulosa generalisata . Klinisch liegt ein generalisiertes pustulöses Krankheitsbild vor, das als klinische Manifestation einer bisher latenten oder de novo entstehenden Psoriasis pustulosa generalisata in der Schwangerschaft interpretiert wird. 

Ätiopathogenese

Unbekannt; diskutiert wird eine Parathormoninsuffizienz mit Hypokalzämie in der Schwangerschaft oder eine operative Schädigung der Epithelkörperchen. Der pathognetische bedeutsame Einfluss der Schwangerschaft wird offenkundig, da es in der Regel nach Schwangerschaft zu einer Abheilung kommt.     

In Einzelfällen wurde eine Mutation des IL36RN-Gens berichtet.

 

Manifestation

Definitionsgemäß tritt die Erkrankung nur bei schwangeren Frauen auf; Alter: 20-40 Jahre; v.a. in der 2. Schwangerschaftshälfte. Ein erneutes Auftreten ist bei jeder weiteren Gravidität möglich.

Eine Manifestation kann auch außerhalb der Gravidität  erfolgen.

Lokalisation

Rumpf, vor allem intertriginöser Bereich, auch Extremitäten. Schleimhaut: Mund und obere Atemwege.

Klinisches Bild

Akuter Beginn mit starker Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, mit ausgeprägtem Krankheitsgefühl, Fieber, Schüttelfrost, evtl. Diarrhoe.

Am Integument beugebetontes Exanthem mit hochroten, großflächigen Erythemen und Plaques.

Nach wenigen Tagen entstehen auf diesen flächigen Läsionen, disseminierte oder auch gruppierte, 0,1-0,2 cm große, weiße, bizarr begrenzte (nicht follikuläre) Pusteln, zunächst einzelstehend, später zu größeren "Eiterseen" konfluierend.

Die Ausbildung anulärer Figuren ist möglich. Abheilung unter Bildung nach innen gerichteter colleretteartiger Schuppensäume.

Auftreten einer Erythrodermie ist möglich.

Symptome der Hypokalziämie können sich einstellen (niedriges Serumkalzium, Tetanie, Chvostek-Zeichen).

Diese sehr seltene Schwangerschaftsdermatose geht mit höchster Gefahr für die Schwangere im Vergleich zu den anderen Schwangerschaftsdermatosen einher.

Labor

Dysproteinämie; Leukozytose; Neutrophilie; Eisenmangel mit Anämie; erniedrigtes Serumkalzium; erniedrigte Vit D3-Spiegel; deutlich beschleunigte BSG; CRP ist erhöht.

Komplikation(en)

Frühgeburt, Totgeburt, fetale Missbildungen.

Therapie

Zusammenarbeit mit Internisten und ggf. Gynäkologen. In der Schwangerschaft ist wegen hoher Mortalität von Mutter und Kind in schweren Fällen eine Interruptio oder eine vorzeitige Sectio Caesaria zu erwägen.

Externe Therapie

Austrocknende Maßnahmen. Anwendung von ethanolischer Zinkoxidschüttelmixtur oder Farbstoffpinselungen, z.B. mit Kaliumpermanganat (hellrosa) oder Methylrosaniliniumchlorid-Lösung (Gentianaviolett) zur Vermeidung von Sekundärinfektionen.

Zudem Anwendung topischer Glukokortikoide wie 0,1% Triamcinolon-Creme, 0,25% Prednicarbat (z.B. Dermatop Creme), 0,1% Mometason (z.B. Ecural Fettcreme) zur verbesserten Abheilung der Haut sowie bei stark entzündlicher Komponente.

Interne Therapie

Im Vordergrund steht die Substitution von Parathormon mit Dihydrotachysterol (Augentropfen 10) und Kalziumersatz nach Blutspiegel (bei Tetanie: 20 ml Kalziumlösung 10%).

Cave! Digitalisierte Patienten!

I.d.R. werden zusätzlich Glukokortikoide in mittlerer Dosierung wie Prednisolon 60–80 mg/Tag (z.B. Decortin H) verabreicht.

Bei Langzeitbehandlung Vitamin D und Kalzium p.o. Auch der Einsatz von ACTH (z.B. Synacten) ist möglich.

Engmaschige Kontrollen des Hormonstatus, Kalziumspiegels, Eisen- und Proteinhaushalts! Überwachung bzgl. Sekundärinfektionen!

Kausitische Mitteilungen existieren über Erfolge mit Secukinumab (Chhabra G et al. 2019).

 

Verlauf/Prognose

Sowohl Mutter als auch Kind sind gefährdet; intensivmedizinische Überwachung der Schwangerschaft. Als Folge der schweren Erkrankung der Mutter sind Fehl- und Frühgeburten, auch Totgeburten möglich.

Hinweis(e)

Die meisten Pat. haben keine eigene oder Familienanamnese für eine Psoriasis.

Literatur
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  1. Chhabra G et al. (2019) Impetigo herpetiformis responsive to secukinumab. Dermatol Ther 32:e13040.
  2. Chang SE (2003) Impetigo herpetiformis followed by generalized pustular psoriasis: more evidence of same disease entity. Int J Dermatol 42: 754-755
  3. Kaposi M (1887) Impetigo herpetiformis. Arch Dermatol Syphil 19: 273-296
  4. Renner R et al. (2010) chronisch entzündliche und autoimmun vermittelte Dermatosen in der Schwangerschaft. Hautarzt 61: 1021-1026
  5. Gao QQ et al. (2013) Impetigo Herpetiformis during pregnancy: a case report and literature review. Dermatology 226: 35-40
  6. Soutou B et al. (2015) Skin disease in pregnancy. Best Pract Res Clin Obstet Gynaecol 29: 732-740
  7. Sugiura K et al. (2014) IL36RN mutations underlie impetigo herpetiformis. J Invest Dermatol 134:2472-2474
  8. Weiseseel P et al. (2016) Pustulöse Psoriasis. Hautarzt 67: 445-453 

 

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