Hautfragilitätssyndrom mit Wollhaar und Palmoplantarkeratosen Q82.8

Zuletzt aktualisiert am: 16.01.2024

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Synonym(e)

Hautfragilitätssyndrom mit Wollhaaren; OMIM: 607655; ORPHA:293165; Skin fragility-woolly hair syndrome; Wollhaare

Erstbeschreiber

Whittock et al. (2002)

Definition

Sehr seltene (<20 Personen wurden weltweit beschrieben), autosomal rezessive (dominante?), monogene Genodermatose, die durch fokale und diffuse Keratosis palmoplantaris, allergemeine Hautfragilität, traumatische Blasenbildung, hyperkeratotische Plaques an Rumpf und Gliedmaßen sowie wolliges Haar (Kräuselhaar) mit Alopezie in unterschiedlichem Ausmaß gekennzeichnet ist. Ursächlich ist eine Mutation im Desmoplakin-Gen (DSP-Gen; 125647) das auf Chromosom 6p24 lokalisiert ist (Whittock NV et al. 2002). Es wurde jedoch auch phänotypisch gleichartige Fälle mit Mutationen im JUP-Gen (JUP kodiert für Plakoglobin) nachgewiesen.

Ätiopathogenese

Ätiopathogenetisch führt die Kombination aus Desmoplakin-Haploinsuffizienz und einer Missense-Mutation zu schmerzhaften Palmoplantarkeratosen mit rekurrierenden Sekundärinfektionen. Gelegentlich kann es zu ausgedehnteren traumabedingten "Ablösungen" der Haut kommen.

Manifestation

Bereits zum Zeitpunkt der Geburt oder kurz später. 

Histologie

Nachweislich ist eine Akantholyse in allen Hautschichten, eine fokale Ablösung von Desmosomen und perinukleäre Kondensation des suprabasalen Keratin-Intermediärfilament-Netzwerks.

Differentialdiagnose

Der Phänotyp des Hautfragilitätssyndrom mit Wollhaaren (SFWHS) ähnelt dem der dilatativen Kardiomyopathie mit Wollhaar und Keratodermie (DCWHK; 605676), einer weiteren rezessiven Erkrankung, die auf Mutationen im Gen für Desmocollin 2 (DSC2-Gen) zurückzuführen ist (Pigors M et al. 2015), unterscheidet sich offenbar jedoch insofern signifikant, als bei DCWHK keine persistierende Hautbrüchigkeit mit neonatalem Beginn auftritt und bei SFWHS keine Kardiomyopathie (Favre B et al. 2018).

Die von Whittock et al. (2002) berichtete Immunhistochemie von Hautbiopsien der beiden betroffenen Personen mit SFWHS ergab, dass Desmoplakin nicht nur an der Zellperipherie (physiologischer Befund), sondern auch im Zytoplasma (pathologischer Befund) zu finden war. 

Zu einem Hautfragilitätssndrom führen auch Mutationen im DSC3-Gen, so  „die Hypotrichosis mit rekurrierenden Hautblasen (HYPTSV/OMIM: 613102)“.  Onoufriadis et al. (2020) berichteten über einen fünfjährigen ägyptischen Jungen, der bei der Geburt eine normale Haut hatte, aber im Alter von vier Jahren begann, Blasen an Händen, Füßen und Knien sowie an Traumastellen zu entwickeln. Er hatte bei der Geburt keine Kopfhaare; obwohl die Haare im Säuglingsalter wuchsen, waren sie immer spärlich und ließen sich leicht ausreißen. An den Händen, Knien, Beinen und Füßen waren traumabedingte Blasen sowie verkrustete Erosionen vorhanden. Das Kopfhaar und die Augenbrauen waren spärlich und dünn. Weiterhin fanden sich follikuläre Hyperkeratose auf der Kopfhaut, dem Rumpf und den Extremitäten. Die Haut des Patienten war trocken, die Lippen rissig mit Cheilitis angularis. Die Mundschleimhaut war o.B. Auffälig waren die Fingernägel durch Leukonychien sowie Ausdünnung und Einrissen. Weitere Merkmale waren eine leichte Ausdünnung und unregelmäßige Rillen im Zahnschmelz. Ultrastrukturell wiesen die Desmosomen eine variable Morphologie auf, wobei einige nahezu normal aussahen, während andere klein waren. Die Zell-Zell-Ablösung erfolgten meist in den inneren desmosomalen Plaques.

Verlauf/Prognose

Im Gegensatz zu anderen Formen der Epidermolysis bullosa simplex scheint sich der Zustand der Patienten mit SFWHS mit zunehmendem Alter nicht zu verbessern.

Hinweis(e)

Nach  Al-Owain M et al. rechtfertigt die Komplexität des Desmoplakins und seine variablen Erscheinungsformen die Einführung des Begriffs "Desmoplakinopathien", um alle Phänotypen zusammenzuführen, die mit Defekten im Desmoplakin zusammenhängen.

Literatur
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  1. Al-Owain M et al. (2011) Novel homozygous mutation in DSP causing skin fragility-woolly hair syndrome: report of a large family and review of the desmoplakin-related phenotypes. Clin Genet 80:50-58.
  2. Favre B et al. (2018) A recessive mutation in the DSP gene linked to cardiomyopathy, skin fragility and hair defects impairs the binding of desmoplakin to epidermal keratins and the muscle-specific intermediate filament desmin. Br J Dermatol179: 797-799.
  3. Onoufriadis A et al. (2020) Homozygous nonsense mutation in DSC3 resulting in skin fragility and hypotrichosis. J Invest Derm 140: 1285-1288.

  4. Peter DCV et al. (2018) Skin fragility, woolly hair syndrome with a desmoplakin mutation - a case from India. Int J Dermatol 57: e73-e75. 
  5. Pigors M et al. (2015) Desmoplakin mutations with palmoplantar keratoderma, woolly hair and cardiomyopathy. Acta Derm Venereol 95:337-340. 
  6. Simpson MA et al. (2009) Homozygous mutation of desmocollin-2 in arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy with mild palmoplantar keratoderma and woolly hair. Cardiology 113: 28-34.

  7. Whittock NV et al. (2002) Compound heterozygosity for non-sense and missense mutations in desmoplakin underlies skin fragility/woolly hair syndrome. J Invest Derm 118: 232-238.

Verweisende Artikel (1)

DSC3-Gen;

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