Synonym(e)
Erstbeschreiber
Kaposi, 1887; Juliusberg, 1898
Definition
Meist akut auftretende, fieberhafte, regional lokalisierte oder generalisierte Herpes simplex Infektion (HSV Infektion) in ekzematisierter Haut, meist bei Patienten mit ausgedehntem atopischem Ekzem.
Auch bei M.Darier, Pityriasis rubra pilaris, Mycosis fungoides, erythrodermischer Psoriasis, M. Grover beschrieben. Einige Fälle wurden während der Behandlung mit Vemurafenib und anderen Biologika beobachtet.
Auch nach Verbrennungen und nach kutanen, ablativen kosmetischen Eingriffen kann ein Eccema herpeticatum auftreten.
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Ätiopathogenese
HSV-Infektion durch Autoinokulation oder durch Heteroinfektion über eine infizierte Kontaktperson. Ursächlich ist meist eine defekte epidermale Barriere, nicht selten kombiniert mit einer allg. oder lokalen Immundefizienz (z.B. durch langzeitige lokale Vorbehandlung mit Gluokortikoidexterna); die häufigste Grunderkrankung ist das atopische Ekzem! Triggerung durch UV-Exposition ist beschrieben.
Klinisches Bild
Meist fulminant, in einem einzigen akuten Schub verlaufendes, generalisiertes, symmetrisches Exanthem aus 0,1-0,2 cm großen, roten oder braunroten, krustigen, uniformen Erosionen. Bläschen werden meist nicht (mehr) gefunden. Die punktierten, häufig gruppierten, auch einmal linear angeordenteten Erosionen treten in einem nahezu harmonisiertem, gleichförmigem Abstand zueinander auf. Sie befinden sich alle in einem identischen Entwicklungsstadium (offenbar findet, im Gegensatz zu den schubaktiven Varizellen -Sternenhimmel-, nur 1 einziger Krankheitsschub statt). Seltener konfluieren, dichter gestaffelte Erosionen, zu größeren, pyodermisierten Wundflächen. Bakterielle Superinfektionen sind typische Begleiterscheinungen dieser generalisierten Herpes-simplex-Infektionen.
Es besteht ein ausgesprochen starkes Krankheitsgefühl, hohes Fieber, Kopfschmerzen. Regionäre schmerzhafte Lymphadenopathie.
Diagnose
- S.u. Herpes simplex. Kulturelle Anzüchtung des Virus aus Bläscheninhalt (Goldstandard; spezifische und sicherste, aber aufwendige Methode).
- Im Tzanck-Test vom Blasengrund Nachweis multinukleärer, epidermaler Riesenzellen.
- Elektronenmikroskopie: Virusnachweis aus Bläscheninhalt mit Hilfe der Negativkontrastierung.
Differentialdiagnose
Eccema vaccinatum, akute Exazerbation des atopischen Ekzems, Pyodermie,
Komplikation(en)
Ausbreitung des HSV (Virämie) auf andere Organe. Die häufigsten Komplikationen treten im ZNS auf (aseptische Meningitis und Enzephalitis). Cave! HSV-Enzephalitis verläuft unbehandelt in 55-70% der Fälle letal.
Weitere seltene systemische Komplikationen mit möglichem letalem Ausgang: Rhabdomyolyse, Bronchopneumonie.
Okuläre Beteiligung in Form einer Keratitis herpetica.
Externe Therapie
- Austrocknende Maßnahmen, antiseptische und antibiotische Trockenpinselungen: Lotio alba, evtl. mit Zusatz von 0,5-2,0% Clioquinol R050 . Bei sehr schmerzhaften Hautspannungen vorsichtige Cremebehandlung (z.B. Ungt. emulsif. aq.), jedoch keine Salben oder Fettsalben (Nachcremen nach Behandlung mit Clioquinol-Lotio).
- Externa mit antiviralem Zusatz wie Idoxuridin-Lösung (Zostrum, 4mal/Tag auf befallene Haut auftragen, nicht länger als 4 Tage anwenden) kommen insbes. in den ersten 48 Stunden nach dem Auftreten der Bläschen zur Anwendung.
Interne Therapie
- Aciclovir (z.B. Zovirax) i.v. (Dosis: 5 mg/kg Kg/Tag, bei immunsupprimierten Patienten 10 mg/kg KG/ alle 8 h) über 5-8 Tage. Bei wenig ausgedehnten Befunden kann eine orale Therapie mit Aciclovir 5mal/Tag 200 mg in Abständen von 4 Std. ausreichend sein. Alternativ Famciclovir (Famvir Filmtbl.) 3mal/Tag 250 mg.
- Schwangerschaft: Laut Studien konnte kein Anhalt für eine fruchtschädigende Wirkung von Aciclovir nachgewiesen werden. Daher wird trotz fehlender Zulassung nach individueller Risikobewertung eine Therapie in der Schwangerschaft befürwortet ( Off-Label-Use!).
- Bei bestehender Aciclovir-Therapieresistenz oder bei immunsuppressiver Erkrankung Foscarnet (Foscavir) 3mal/Tag 40 mg/kg KG als 1stündige Tropfinfusion.
- Bei bakterieller Superinfektion (meist Staphylococcus aureus) Antibiotika wie Flucloxacillin (z.B. Staphylex) 3-4mal/Tag 0,5-1,0 g p.o. oder i.m. oder Dicloxacillin (z.B. InfectoStaph) 4mal/Tag 0,5-1,0 g p.o. oder Erythromycin (z.B. Erythromycin Wolff) 4mal/Tag 500 mg/Tag. Sobald als möglich Antibiose nach Antibiogramm.
- Evtl. Therapieversuch mit Immunglobulinen (s.a.u. IVIG) oder Immunstimulantien (z.B. Isoprinosine, Dosis: 6-8 Tbl./Tag p.o.), insbes. zur Prophylaxe.
Verlauf/Prognose
Die Mortalität des Eccema herpeticatum, bedingt durch Virämie und multiples Organversagen, lag vor der Einführung von Aciclovir im Jahre 1977 noch bei 10-50%.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

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Verweisende Artikel (11)
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