Angiosarkom (übersicht) C44.-

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 29.05.2018

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Synonym(e)

Angioendotheliom malignes; Angiosarkome; Malignes Angioendotheliom; malignes Hämangiosarkom

Definition

Seltene, bei älteren Menschen auftretende, von den Endothelzellen der Blut- oder Lymphgefäße ausgehende, maligne Tumoren, die etwa 2% aller Weichteilarkome ausmachen. Sie entstehen vorwiegend in der Kutis/Subkutis und breiten sich erst sekundär auf die tiefen Weichteile aus.

Einteilung

An der Haut sind folgende Formen von Bedeutung:

Eine Sonderstellung nimmt das Hämangioendotheliom ein, das als intermediär-maligne eingestuft wird (Einzelheiten s. dort).

Eine generelle Übersicht über kutane Sarkome und Weichteilsarkome findet sich unter Sarkom kutanes.

Vorkommen/Epidemiologie

Selten (ca. 1-2% aller Weichteilsarkome und ca. 5% der kutanen Sarkome). 50-60% aller Angiosarkome sind kutane Angiosarkome. Die Inzidenzraten weden mit 0,01/100.000 Personen/Jahr angegeben. 

Ätiopathogenese

  • Beschrieben sind idiopathische Genese bei älteren Menschen, Entstehung im Bereich längerbestehender Lymphödeme (z.B. bei Z.n. Mastektomie und Lymphadenektomie), Radiatio und Immundefekten (z.B. HIV-Infektion). Bei Auftreten von Angiosarkomen nach Radiatio liegen die Bestrahlungen meist > 5-6 Jahre zurück; längere Intervalle sind nicht selten und können Jahrzehnte betragen.
  • Weitere prädisponierende Faktoren können sein: AV-Fisteln am "Shunt-Arm" nach Dialyse, insbesondere nach anschließender Nierentransplantation und entsprechender Immunsuppression.
  • Die Rolle von UV-Strahlen, chemischen Karzinogenen, Mutagenen und Fremdkörpern ist für das Angiosarkom der Haut schlecht definiert, in der Leber können Thorotrast (Röntgenkontrastmittel und α-Strahler, bis in die 50er-Jahre im Gebrauch), Arsen und Vinylchlorid-Gas (in der Kunststoffindustrie anfallend; karzinogenes DNA-Alkylans; induziert spezifisch ki-ras und p53-Mutationen) prädisponierend wirken.
  • Angiosarkome der tiefen Weichteile sind gelegentlich assoziiert mit Syndromen wie Neurofibromatose, Klippel-Trénaunay-Syndrom und Maffucci-Syndrom.

Das AS gehört zu den Tumoren mit komplexen genomischen Störungen. Bekannt ist eine Kumulation versch. genetischer Störungen. Häufig werden beim strahleninduzierten AS MYC-und FLT4( VEGFR3-) Amplifikationen und grundsätzliche Störungen des RAS-und des AKT/ mTOR-Pathway nachgewiesen.

Manifestation

  • Die meisten Patienten erkranken zwischen 50-95 Jahren. Der Gipfel der Manifestation liegt in der 8. Dekade. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen (m:f = 1,6:1).
  • Angiosarkome der tiefen Weichteile können in allen Altersgruppen auftreten, incl. des Kindes- und Jugendalters.

Lokalisation

Grundsätzlich können Angiosarkome überall an der Haut auftreten. Der idiopathische oder klassische Typ tritt ausschließlich an Kopf und Hals auf. Der Postradiatio-Typus geht von dem vorbestrahlten Terrain aus (häufig bei Frauen im Brustbereich nach Mammakarzinom). Das Angiosarkom mit Lymphödem wird v.a. an den chronisch ödematösen Extremitäten nach radikaler Lymphadenektomie beobachtet. Die sehr seltenen Angiosarkome der tiefen Weichteile (Assoziation mit Neurofibromatose, Klippel-Trénaunay-Syndrom, Maffucci-Syndrom) bevorzugen Extremitäten, Rumpf und die Körperhöhlen. Das (metastatische?) Auftreten von Angiosarkomen der inneren Organen (Leber, Knochen, Milz, Herz) ist beschrieben.

Klinisches Bild

Siehe unter den o.g. Krankheitsbildern.

Insbesondere das idiopatische oder klassische Angiosarkom (der Kopfhaut) bietet ein vielgestaltiges klinisches Bild, dessen unspektakulären Ersterscheinungen mit inflammatorischen Erkrankungen (Rosazea, Erysipel) verwechselt wird.

Histologie

Angiosarkome bestehen aus proliferierenden atypischen Endothelien mit unterschiedlichem Differenzierungsgrad (von Hämangiom-ähnlich bis zu anaplastisch). Meist finden sich netzartig strukturierte, anastomosierende gefäßartige Systeme mit "unorganischen" dissezierenden Wachstumsmustern. Häufig sind Gefäßspalten mit atypischen Endothelzellen, endothelialen Papillen oder mehrzelligen Endothelknospen. "Multilayering", Atypie und Mitosen der CD 31-positiven (platelet endothelial cell adhesion moelcule) und CD34-positiven (human hematopoietic progenitor antigen) Endothelien sind typisch. Die lymphatischen Endothelmarker (Podoplanin, LYVE-1, PROX-1) sind für die Diagnostik ebenfalls hilfreich. Beim epitheloiden Angiosarkom dominiert ein großer epitheloider Zelltypus. In den Zellrasen eingestreut finden sich dünne, runde oder schlitzartige Hohlräume; kleinere Hohlräume sind zunächst frei von Erythrozyten, größere blutgefüllt. Epitheloide Angiosarkome können Zytokeratin (in > 30% der Fälle) und CD31 exprimieren.

Folgende histologische Varianten werden unterschieden (Kutzner 2016):

  • Hochdifferenziert (Lymphangiom-Hämangiom-artig)
  • Klassisch (Sieb-, Netz-, Schwammartig)
  • Pleomorph/anaplastisch (Sarkom-, Karzinom-artig)
  • Spindelzellig (kaposiform)
  • Granularzellig
  • Epitheloidzellig (s.u. Angiosarkom epitheloides)
  • Intravaskulär

 

Diagnose

Klinik, Histologie, Immunhistochemie.

Therapie

Siehe unter den o.g. Krankheitsbildern.

Verlauf/Prognose

Klinischer Verlauf meist fodrouyant. 5-Jahres-Überlebensrate: 10-12%.

Hinweis(e)

In Einzelfällen können Angiosarkome Zytokine exprimieren, die zu Systemveränderungen führen (z.B. leukämoide Reaktionen bei Produktion von Granulozytenkolonie-stimulierendem Faktor).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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  9. Nara T et al. (2003) G-CSF produzierendes kutanes Angiosarkom. British J Dermatol 149: 1273-1275
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  11. Ruocco V et al. (2002) Lymphedema: an immunologically vulnerable site for development of neoplasms. J Am Acad Dermatol 47: 124-127

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