Aminoglykoside

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Co-Autor: Christoph Rose

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Zuletzt aktualisiert am: 15.06.2025

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Synonym(e)

Aminoglycoside

Definition

Antibiotika, die aus Streptomyces- (Endsilbe „mycin“) und Mikromonospora-Stämmen (Endsilbe „micin“) isoliert werden.

Einteilung

Neben dem nur noch als Tuberkulostatikum und beim Malta-Fieber (Zoonose, verursacht durch Brucella melitensis) eingesetzten Streptomycin sind die wichtigsten systemisch eingesetzten Vertreter:

Weitere Aminoglykoside werden ausschließlich topisch angewendet (Gentamicin wird systemisch und topisch angewendet):

  • Kanamycin
  • Framycetin
  • Paromomycin (wird oral appliziert, jedoch nicht resorbiert; dient ausschließlich der Reduktion der Darmflora und der Eradikation von Entamoeba histolytica)

Pharmakodynamik (Wirkung)

Aminoglykoside werden über einen sekundär aktiven Transportmechanismus durch die bakterielle Zytoplasmamembran aufgenommen. Sie hemmen die bakterielle Proteinsynthese, indem sie mit hoher Affinität an die 30S-Untereinheit der bakteriellen Ribosomen binden und dadurch die Translation stören. Die infolge von Ablesefehlern synthetisierten fehlerhaften Proteine führen zu Schädigungen der bakteriellen Zellmembran und bedingen letztlich die bakterizide Wirkung – sowohl im Proliferations- als auch im Ruhestadium grampositiver und gramnegativer Keime.

Die Bakterizidie nimmt konzentrationsabhängig zu. Es empfiehlt sich, möglichst hohe Spitzenkonzentrationen durch morgendliche Einmalapplikationen der Dosis zu erzielen. Dadurch wird auch die Toxizität des Wirkstoffs reduziert.    

Wirkungsspektrum

Acinetobacter spp., Aeromonas hydrophilia, Citrobacter spp., Enterobacter spp., E. coli, Haemophilus influenzae, Hafnia alvei, Klebsiella spp., Morganella morganii, Proteus spp., Providencia spp., Pseudomonas aeruginosa, Salmonella spp., Serratia spp., Shigella spp., Staphylococcus spp., Streptococcus spp., Yersinia spp. (s. a. Amikacin, Gentamicin, Netilmicin, Tobramycin)

Merke! Keine Resorption bei oraler Applikation: Anwendung parenteral oder topisch.

Eingeschränkte Indikation

Nierenfunktionsstörungen, Früh- und Neugeborene.

Unerwünschte Wirkungen

Nephrologische UAW:

  • Reversible Nephrotoxizität mit Proteinurie, Zylindrurie, Hämaturie und erhöhtem Serumkreatinin. Risikofaktoren sind eine erhöhte Gesamtdosis sowie eine lange Therapiedauer. Auch ein erhöhter Talspiegel führt zu vermehrter Toxizität (deswegen nur einmalige Applikation).

Neurologische UAW:

  • neuromuskuläre Blockade (Antidot: Calciumgluconat)
  • Parästhesien
  • Ototoxizität (irreversibel), v. a. bei eingeschränkter Nierenfunktion. Symptome sind Übelkeit, Tinnitus, Schwindel, Minderung des Hörvermögens. Amikacin verursacht v. a. Hörstörungen, Gentamycin vestibuläre Störungen, Tobramycin beide zugleich.  
  • Myalgien

Opthalmologische UAW:

  • Augenmuskellähmungen

Hämatologische UAW:

  • Blutbildstörungen

Heptatologische UAW:

  • Transaminasenanstieg

Immunologische UAW:

  • allergische Reaktionen bis zum anaphylaktischen Schock
  • Arzneifieber

Hämatologische UAW:

  • Thrombozytopenie
  • Leukopenie
  • Eosinophilie

 

Wechselwirkungen

s. Tabelle 1.

Kontraindikation

Schwangerschaft, Stillzeit, Überempfindlichkeit gegen Aminoglykoside, Vorschädigung des Vestibular- oder Cochlearorgans, terminale Niereninsuffizienz, Myasthenia gravis, M. Parkinson, Sulfidüberempfindlichkeit bei Asthma bronchiale.

Cave! Vorbestehende Nierenschäden. Gute synergistische Wirkung mit β-Lactamantibiotika. Unter der Therapie regelmäßige Kontrollen von BB und Nierenwerten. Therapiedauer möglichst nicht über 10 Tage! Bei Niereninsuffizienz Verlängerung der Dosierungsintervalle. Infusionsdauer etwa 30 Min. zur Vermeidung einer neuromuskulären Blockade!

Präparate

Vertreter aus der Familie der Aminoglykosid-Antibiotika: 

 

 

Hinweis(e)

Sinnvolle Kombinationen mit anderen Antibiotika:

Tabellen

Amphotericin B

Oto- und Nephrotoxizität ↑

Cephalosporine

Nephrotoxizität ↑

Ciclosporin

Oto- und Nephrotoxizität ↑

Cisplatin

Oto- und Nephrotoxizität ↑

Colistin

Oto- und Nephrotoxizität ↑

Halothan

neuromuskuläre Blockade ↑

Methoxyfluran

Nephrotoxizität ↑

Muskelrelaxantien, Curaretyp

neuromuskuläre Blockade ↑

Schleifendiuretika

Oto- und Nephrotoxizität ↑

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