Nahrungsmittelabhängige anstrengungsinduzierte Anaphylaxie T78.0

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 04.02.2020

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Synonym(e)

Anaphylaxie anstrengungsinduzierte nahrungsmittelabhängige; Anstrengungsinduzierte Anaphylaxie, nahrungsmittelabhängige; Exercise-induced anaphylactic reaction; FDEIA; Food-dependent exercise induced anaphylaxis; Food-dependent exercise-induced anaphylaxis

Erstbeschreiber

Maulitz 1979

Definition

Anaphylaktische Symptomatik die dadurch charakterisiert ist, dass Nahrungsmittel nur in Kombination mit Augmentationsfaktoren z.B körperliche Belastung, auch psychischer Stress, eine  Anaphylaxie auszulösen vermögen. Die nahrungsmittelabhängige, anstrengungsinduzierte Anaphylaxie (food-dependent exercise-induced anaphylaxis) gehört zur Gruppe der Summationsanaphylaxien.

Ätiopathogenese

Die am besten untersuchte Nahrungsmittelabhängige anstrengungsinduzierte Anaphylaxie  ist die weizenabhängige anstrengungsinduzierte Anaphylaxie (WDEIA). Hierbei kommt es meist innerhalb von 2 (bis zu 6) Stunden nach dem Genuss von Weizenprodukten (Brot, Kuchen, Pizza - s.u. Weizen) mit einem Kofaktor (schweißtreibende Anstrengung) zu allergischen Reaktionen.  Vermutet wird, dass durch die Anstrengung eine Aktivierung der im Darm befindlichen Gewebetransglutaminase hervorgerufen wird mit einer Kreuzvernetzung von Omega-5-Gliadinpeptiden und konsekutiver Anaphylaxie.  

Derartige Summationsanaphylaxien können nach Genuss von Obst, Sellerie, Tomaten, Erdnuss, Haselnuss, Sojaprodukten, Kuhmilch oder rotem Fleisch auftreten.

Als Augmentationsfaktoren kommen eine Reihe von Faktoren in Frage: Körperliche Anstrengung: anaphylaktische Reaktionen treten nach einer Latenz von 1-6 Stunden auf. Bemerkung: die Intensität der körperlichen Anstrengung die eine kritische Reaktion auslöst ist indivuduell gänzlich unterschiedlich. Häufig sind schweißtreibende intensive Anstrengungen (z.B. eine intensive Sportübung) notwendig, manchmal genügt jedoch ein normaler Spaziergang.  weitere Augmentationsfaktoren sind:      

  • Medikamente ( v.a. Aspirin, NSAR)
  • Alkohol
  • Infekte
  • Stress
  • Hormonelle Faktoren (z.B. Menstruation)  

Inwieweit Mutationen im Filaggrin-Gen eine pathogentische Bedeutung haben können, ist derzeit noch ungeklärt.

 

Labor

Bei etwa 80% der Patienten können IgE-Antikörper gegen dem Majorallergen Omega-5Gliadin (Tri a 19) detektiert werden. Evtl. deutliche Erhöhrung des Gesamt IgE.

Fallbericht(e)

Ein 25-jähriger Patient berichtet seit etwa 15 Monaten über mehrfach aufgetretene Quaddelschübe. Letzte Schubaktivtät mit Kreislaufbeschwerden vor etwa 3 Wochen beim Joggen. Er habe eine Notallaufnahme eines Krankenhauses aufgesucht und sei dort mit 250mg Prednisolon sowie 2mg Clemastin behandelt worden. Diese Maßnahmen seien jedoch  nicht ausreichend gewesen, sodass eine intensivmedizinische Behandlung zur Stabilisierung seines Kreislaufes notwendig gewesen sei. Es wurde der V.a. auf eine nicht erkannte Insektengiftallergie geäußert.

Die intensivierte Anamnese ergab, dass er eine abgemilderte Symptomatik mit juckenden Quaddeln schon mehrfach nach seinem abendlichen Lauftraining aufgetreten sei. Er führe sein Training nach Feierabend nach dem Abendessen (1 Glas Milch, mehrere Scheiben Vollkorn-und Toastbrot mit unterschiedlichen Belägen) durch. Medikamenteneinnahme wurde sehr bestimmt verneint.

Labor: Routinelabor komplett unauffällig. Gesamt IgE :571kU/l (Normbereich: 0-100 kU/l), Serumtryptase:4,45ug/l (Normbereich:<11,4ug/l),

Omega-5-Gliadin aus Weizen: 13.1kU/l, RAST-Klasse 3. ASL 366 IU/ml (Normbereich: 200 IU/ml) C1-Esterase-Inhibitor-Aktivität im Normbereich.

Diagnose. Weizenabhängige anstrengungsinduzierte Anaphylaxie mit serologischem Hinweis auf einen Fokus.

Therapie: Ausrüstung des Patienten mit einer Schockapotheke Adrenalinautoinjektor, Xusal Trp, Celestamine)

Meidung aller weizenhaltigen Nahrungsmittel vor körperlicher Anstrengung (ein später erfolgtes Lauftraining verlief komplikationslos). Umstellung der Nahrungsgewohnheiten (Meidung von Dinkel und anderen Weizenderivaten).  

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Ahanchian H et al.(2013) Food-dependent exercise-induced anaphylaxis due to wheat in a young woman. Iran J Allergy Asthma Immunol 12:93-95.
  2. Asaumi T et al.(2016) Provocation tests for the diagnosis of food-dependent exercise-induced anaphylaxis. Pediatr Allergy Immunol 27:44-49. 
  3. Hofmann C et al.  (2015) Molekulare Diagnostik bei nahrungsmittelabhängiger anstrengungsinduzierter Anaphylaxie. In: Kleine-Tebbe J et al. Hrsg Molekulare Allergie-Diagnostik. Springer Verlag Berlin-Heidelberg S 245-267.
  4. Maulitz RM et al. (1979) Exercise-induced anaphylactic reaction to shellfish. J Allergy Clin Immunol 63:433-434.
  5. Mizuno O et al.(2015)Loss-of-function mutations in the gene encoding filaggrin underlie a Japanese family with food-dependent exercise-induced anaphylaxis. J Eur Acad Dermatol Venereol 29:805-808.
  6. Roberts H et al.(2015) Food-dependent exercise-induced anaphylaxis to chickpea in a 17-year-old female: a case report. J Med Case Rep 9:186. 

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