Synonym(e)
Definition
Als Interleukine (von lat. inter = "zwischen" sowie griech. λευκός (leukós) = "weiß" und κινεῖν (kinein) = "bewegen", "in Bewegung setzen") wird eine Gruppe von kurzkettigen Regulatorproteinen (Zytokine) des Immunsystems bezeichnet (IL1–IL38). Interleukine sind Mediatoren für Induktion, Verlauf und Kontrolle der T-Zell-vermittelten zytotoxischen Immunreaktionen sowie der B-Zell-Aktivierung (Antikörperproduktion). Sie werden vorwiegend von stimulierten Leukozyten, Monozyten und Makrophagen gebildet und sezerniert. Bisher sind etwa 38 unterschiedliche Interleukine eindeutig identifiziert. Jedem Zytokin der Interleukingruppe ist nomenklatorisch eine Zahl zu dessen Klassifikation zugewiesen (IL-1 bis IL-38, Stand 2017).
Interleukin-31 (IL-31) ist ein inflammatorisches Zytokin, das zur IL-6-Zytokin-Familie gehört. Die IL-6-Zytokin-Familie schließt die Zytokine IL-6, IL-11, IL-27, den “leukemia inhibitory factor” LIF, das “Oncostatin M” OSM, den “ciliary neurotrophic factor” CNTF, das “cardiotrophin-1” CT-1, das “cardiotrophin-like cytokine” CLC, und das “neuropoietin” NP mit ein.
Zytokine der IL-6-Familie binden an einen Rezeptorkomplex, der aus IL-31RA (IL-31-Rezeptor-α) und der Untereinheit Oncostatin-M-Rezeptor-β (OSMRβ) besteht. Dieser Rezeptorkomplex wird vor allem auf Immunzellen und epithelialen Zellen exprimiert. Die Ligandenbindung führt zur Aktivierung mehrerer intrazellulärer Signalwege, darunter des JAK/STAT-Pathways, des PI3K/AKT-Signalweges, der p38-Mitogen-aktivierten Proteinkinase (p38-MAPK), der extracellular signal-regulated kinase (ERK) sowie der c-Jun-N-terminalen Kinase (JNK).
Interleukin-31 wird durch das IL31- Gen kodiert, das auf Chromosom 12 (Genlokus 12:122.17) lokalisiert ist.
Allgemeine Information
Interleukin-31 wird von aktivierten CD4-positiven T-Lymphozyten produziert und sezerniert, v. a. durch aktivierte Typ2-T-Helferzellen (TH2- Lymphozyten), Mastzellen, Makrophagen und dendritische Zellen. Interleukin-31 triggert die zelluläre Immunität gegen Pathogene und spielt eine bedeutende Rolle bei chronisch-inflammatorischen Prozessen in der Haut (beispielsweise bei der atopischen Dermatitis und der Prurigo nodularis), der Lunge, des Darmes und des Nervensystems. Auch Tumorzellen, T- und B-Zell-Lymphome sowie myeloproliferative Erkrankungen zeigen eine IL-31-Sekretion (Ferretti E et al. 2017).
Interleukin-31 bindet an einen heterodimeren Rezeptor, der aus dem Interleukin-31-Rezeptor A und der Oncostatin-M-Rezeptor-β-Untereinheit OSMRβ besteht. Interleukin-Rezeptoren werden auf Keratinozyten, auf Makrophagen und eosinophilen Granuloyzten gefunden. Von besonderem Interesse ist die Erkenntnis, dass der IL-31-Rezeptor am stärksten in den sensorischen Nervenzellen der Spinalganglien des Rückenmarks exprimiert wird. Diese weisen eine erhöhte Ko-Expression der Juckreiz-Sensoren und von Entzündungsmediatoren auf. Sie sind damit in der Lage, eine neurogene Inflammation zu induzieren und zu unterhalten. Wichtige Mediatoren in diesem Zusammenhang sind TRPV-1 und NPPB. Ebenso induziert Interleukin-31 die Phosphorylierung und somit Aktivierung der Signaltransduktoren des JAK-STAT-Signalweges JAK1 und JAK2, die ebenfalls als Mediatoren des Juckreizes bekannt sind.
Diese Untersuchungen belegen, dass Interleukin-31 direkt pruritogene Signale in peripheren Nerven induzieren kann. So wurde Interleukin-31 auch bereits als "Juckreiz-Zytokin" bezeichnet.
Interleukin-31 ist inzwischen ein pharmakologisches Zielzytokin (IL-31-Antagonisten) bei Erkrankungen, die mit Juckreiz assoziiert sind (Atopie, Prurigo nodularis; Cholestase, Urämie).
Auch interessant
Vorkommen
IL-31 spielt eine Rolle bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen, z. B. bei dem atopischen Ekzem, beim allergischen Asthma bronchiale, der Prurigo nodularis, der kutanen Amyloidose sowie bei entzündlichen Darmerkrankungen. So werden beim extrinsischen (allergischen) Asthma bronchiale erhöhte Serumspiegel, wie auch erhöhte Spiegel in der Bronchiallavage (hier kann der Nachweis von IL-31 und von seinem Rezeptor IL-31RA geführt werden) nachgewiesen. Die Werte sind direkt mit der Schwere des Asthmas und der Höhe des Serum-IgE korreliert.
Atopische Dermatitis und Prurigo nodularis: Mit einem humanisierten Interleukin-31-Antikörper (Nemolizumab), der an IL-31-Rezeptoren, darunter auch an die IL-31-Rezeptoren auf Neuronen bindet, konnte durch monatliche Gaben eine deutliche Reduktion von Juckreiz und Ekzemschwere erreicht werden (Ruzicka T et al. (2017).
IL-31 und Juckreiz: Ganz allgemeine scheint IL-31 eine bedeutende Rolle bei juckenden inflammatorischen Hauterkrankungen (atopische Dermatitis, Prurigo nodularis, kutane Amyloidose) zu spielen. Bei diesen Erkrankungen konnten in Biopsien aus läsionaler Haut erhöhte Werte an IL-31-mRNA nachgewiesen werden. Tierexperimentell können durch Überexpression von IL-31 in transgenen Mäusen schwerer Juckreiz, Alopezie und entzündliche Hautläsionen induziert werden. Auch bei Hunden kann durch Injektion von IL-31 Juckreiz induziert werden.
Weiterhin reguliert das Zytokin die Differenzierung von Keratinozyten. Die Hemmung von IL-31 verhindert die Bildung wichtiger Strukturproteine und Lipide der Hautbarriere. Durch die Störung der Hautbarriere wird der Schutz vor irritierenden Fremdstoffen und Allergenen deutlich herabgesetzt.
Versch. Varianten des IL-31-Gens spielen eine Rolle in der Pathogenese der Mastozytose und hierbei wieder bei der Induktion von Juckreiz. Mutationen in seinem Rezeptor können ebenfalls zu juckenden Dermatosen führen.
Therapie
Atopische Dermatitis: Nemolizumab ist ein first-in-class, humanisierter monoklonaler Antikörper, der spezifisch den IL-31-Rezeptor-alpha blockiert und dadurch die Signalübertragung von IL-31 hemmt. Die Firma Chugai Pharmaceutical Co., Ltd. (TOKYO: 4519) berichtete über die Ergebnisse einer globalen Phase-II-Studie mit 264 Patienten. In dieser Untersuchung konnte gezeigt werden, dass Nemolizumab bei Patienten mit moderater bis schwerer atopischer Dermatitis wirksam ist (Ruzicka T. et al., 2017). Inzwischen wurde zudem bestätigt, dass sowohl Wirksamkeit als auch Verträglichkeit auch nach einer einjährigen kontinuierlichen Behandlung erhalten
Prurigo nodularis: Weiterhin wurde eine im New England Journal of Medicine (NEJM) veröffentlichte Phase-2-Studie publik (Ruzicka T et al. 2017), bei der Nemolizumab bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Prurigo nodularis (PN) erfolgreich eingesetzt wurde. In dieser Studie wurden 70 Patienten mit subkutanem Nemolizumab (0,5 mg/kg alle 4 Wochen) erfolgreich therapiert. In Woche 18 (10 Wochen nach der letzten Dosis) waren 38 Prozent der mit Nemolizumab behandelten Patienten frei oder fast frei von Prurigo nodularis, verglichen mit 6 Prozent der Patienten, die Plazebo erhielten; P=0,001. Nemolizumab wurde gut vertragen, und es wurde kein Ungleichgewicht bei den unerwünschten Ereignissen zwischen den beiden Gruppen beobachtet.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
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