Transposon

Zuletzt aktualisiert am: 21.07.2021

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Synonym(e)

Erbgutschnipsel; Parasitische DNA; Springende Gene; Transposable element; Transposonen; Transposons

Erstbeschreiber

Für die Entdeckung des Transposons (McClintock B 1950) wurde 1983 die US-amerikanische Botanikerin Barbara McClintock   mit dem Nobelpreis geehrt.

Definition

Als Transposon wird eine, bei Prokaryoten und Eukaryoten vorkommende, sog. parasitische DNA (Erbgutschnipsel) bezeichnet. Sie machen etwa 3 % des menschlichen Genoms aus. Es handelt es sich dabei um kurze DNA-Abschnitte im Genom, die sich unter Mitwirkung von Enzymen wie Transposase und Resolvase, immer wieder selbstständig kopieren und dann an neuen Stellen der DNA ins Erbgut eingebaut werden (Transposition).

Eine Transposition erfolgt stets über eine sog. „illegitime Rekombination“, d.h. zwischen der Sequenz am Integrationsort im Genom und der des T. besteht keinerlei Homologie. Transposone sind somit in der Lage, komplexere Veränderungen im Genom zu induzieren und eventuell sogar Neukombinationen funktioneller Genbereiche zu bewirken, wie es etwa durch Verlagerung und Neukombination von Exons vorstellbar ist.

Transposons stellen eine Hauptursache für spontan auftretende Mutationen dar. Neben Genmutationen führt ihre Integration auch zu Chromosomenmutationen, die sich auf molekularer Ebene als Brüche, Deletionen oder Inversionen bemerkbar machen. Schätzungen für Prokaryoten ergaben, dass bis zu 40 % aller Mutationen auf die Wirkung mobiler genetischer Elemente zurückzuführen sind.

Einteilung

Man unterscheidet:

  • RNA-Transposons, deren mobile Zwischenstufe von RNA gebildet wird (Retroelemente/Retrotransposons oder Klasse-I-Transposon)
  • von
  • DNA-Transposons oder Klasse-II-Transposons (Babakhani S et al. 2018).

Bei letzteren wird zwischen der konservativen Transposition und der replikativen Transposition unterschieden. Während bei der konservativen Transposition das Transposon aus der DNA herausgeschnitten und an anderer Stelle wieder eingebaut wird („Cut & Paste“), wird bei der replikativen Transposition das Transposon nicht herausgeschnitten, sondern eine Kopie erstellt, die an anderer Stelle eingebaut wird („Copy & Paste“). Bei der replikativen Transposition wird die Anzahl der Transposons vermehrt. Das Herausschneiden bzw. das Kopieren des Transposons erfolgt mit Hilfe des Enzyms Transposase. DNA-Transposons, die zu klein sind, um ein Protein zu kodieren, bezeichnet man als „Miniature Inverted-repeat Transposable Elements“ (MITEs). Sie können sich nicht autonom verbreiten. Wie sie sich vermehren oder verschieben ist noch unklar. Möglicherweise war das Transposase-Gen einmal vorhanden und ist nun defekt oder verloren gegangen. Möglicherweise kopieren und verschieben sich MITEs durch Transposaseenzyme, die von anderen, größeren Transposons codiert werden, und die gleiche Erkennungssequenz besitzen (inverted repeats).

RNA-Transposons springen, indem sie in mRNA transkribiert werden, die anschließend in cDNA umgeschrieben (durch eine Reverse Transkriptase) und wieder integriert werden. Dabei vermehren sich die Retroelemente. Die Unterklasse der sogenannten SINEs, aber auch andere nicht mehr autonome Retroelemente haben keine Reverse Transkriptase mehr und sind auf eine fremde Transkriptase (etwa von anderen Retroelementen) angewiesen.

Allgemeine Information

Die involvierten Enzyme, Transposasen,  erkennen die Enden der Transposons und führen dort und an der Integrationsstelle des DNA-Strangs zu Einzelstrangbrüchen. Der Einbau eines Transposons erzeugt am Integrationsort eine kurze Duplikation, die je nach Transposon unterschiedlich viele Basenpaare umfasst. Transposone die in den codierenden Bereich eines Gens springen, führen i.d.R. zu dessen Inaktivierung. Kommt es hingegen zur Integration im Promotor oder anderen regulatorischen Elementen, kann die Genexpression je nach T. – Art entweder an- oder abgeschaltet werden.

Kontrollmechanismen: In einer Zelle existieren eine Vielzahl molekularer Mechanismen, die an der Kontrolle solcher Transposons beteiligt sind und deren Ausbreitung verhindern. Einer dieser Mechanismen, der speziell Keimbahnzellen schützt, beruht auf bestimmten Proteinen der Argonauten-Klasse, den sog. Piwi-Proteinen, sowie auf kleinen RNA-Molekülen, die an diese Proteine gebundene sind, den piRNAs. Piwi-Proteine können gezielt Transposons deaktivieren, da ihre piRNAs die Transposons nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip erkennen, daran andocken um sie stillzulegen.

Hinweis(e)

Die Auswirkungen der Transposition sind tiefgreifend, da mehr als 100 menschliche Erbkrankheiten auf Transposon-Insertionen zurückgeführt werden können (Kumar A 2020). Transposition kann hochgradig mutagen sein und die Genomintegrität und Genexpression in einer Vielzahl von Organismen stören. Beispielsweise enthalten Transposons von Bakterien meistens Gene, die eine Antibiotikaresistenz vermitteln. Transposons können von einem Plasmid auf andere Plasmide oder von einem DNA-Chromosom auf ein Plasmid und umgekehrt übertragen, was die Übertragung von Antibiotikaresistenzgenen in Bakterien bewirkt. Bakterielle Transposons dieses Typs gehören zur Tn-Familie. So entwickelten sich Acinetobacter-Spezies durch ihre breite Antibiotikaresistenz zu wichtigen nosokomialen Krankheitserregern. Ein Schlüsselfaktor für diese Multi-Drug-Resistenz-Phänotypen ist der Erwerb einer Vielzahl von mobilen genetischen Elementen, insbesondere von großen konjugativen Plasmiden. Die Plasmidfamilie weist ein hochdynamisches und vielfältiges akzessorisches Genom auf, das 221 Antibiotikaresistenzgene (ARGs) enthält, die eine Resistenz gegen 13 Antibiotikaklassen verleihen (Ghaly TM et al. 2020).

Literatur
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  1. Babakhani S et al. (2018) Transposons: the agents of antibiotic resistance in bacteria. J Basic Microbiol 58:905-917.
  2. Frost LS et al. (2005) Mobile genetic elements: the agents of open source evolution. Nat Rev Microbiol 3:722-32
  3. Ghaly TM et al. (2020) A Novel Family of Acinetobacter Mega-Plasmids Are Disseminating Multi-Drug Resistance Across the Globe While Acquiring Location-Specific Accessory Genes. Front Microbiol 11:605952.
  4. Kumar A (2020) Jump around: transposons in and out of the laboratory. F1000Res 24: F1000 Faculty Rev-135.
  5. McClintock B (1950): The origin and behavior of mutable loci in maize. In: Proceedings of the National Academy of Sciences 36: 344–355.
  6. Raiz J et al. (2012): The non-autonomous retrotransposon SVA is trans-mobilized by the human LINE-1 protein machinery.Nucleic Acids Res 40: 1666-1683.

Weiterführende Artikel (1)

Mutation;
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