Streptococcus agalactiae

Zuletzt aktualisiert am: 09.03.2021

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Synonym(e)

B-Streptokokken; Streptokokken der Serogruppe B

Definition

Beta-hämolysierende Streptokokken der Serogruppe B (GBS) tragen den wissenschaftlichen Namen Streptococcus agalactiae. Sie werden im klinischen Sprachgebrauch jedoch als B-Streptokokken bezeichnet. B-Streptokokken sind aerobe, grampositive Kettenkokken, die primär tierpathogen sind. Sie verursachen bei Kühen den "gelben Galt", eine Entzündung des Euters. Beim Menschen kommen sie als Besiedler des Darmtraktes und der Vagina vor. Humanpathogenetisch bedeutsam ist jedoch nur Streptococcus agalactiae. Diese identifizieren sich durch ihr gemeinsames hitze- und säurestabiles, gruppenspezifisches Antigen B, nach Lancefield, ein Polysaccharid (Lancefield RC 1928).

Einteilung

Streptococcus agalactiae lässt sich anhand von Polysacchariden der äußeren Zellwand in die Serotypen Ia, Ib und II-VIII einteilen .

Zusätzlich gibt es die Proteinantigene c, R und X.

Klinisches Bild

Der natürliche Standort der GBS ist der Darm des Menschen und von Tieren. Die Besiedelung des Menschen ist gar nicht selten, und man findet sie dann im Mund, im Genitalbereich und auf der Haut.

Bis zu 30% der Normalbevölkerung sind kolonisiert. Nosokomiale Infektionen durch Personal sind aber ebenfalls möglich.

Die Infektionen des Neugeborenen: Sie entstehen im Allgemeinen durch Übertragung von der Rektovaginalflora der Mutter. Bis zu 30% der Frauen – auch der schwangeren Frauen – sind vaginal kolonisiert. Dieser Zustand ist jedoch nicht stabil. Für die Praxis bedeutet dies, dass aus dem Ergebnis einer Untersuchung während der Schwangerschaft nicht zwingend auf die peripartale Besiedelung geschlossen werden kann.

Klinische Symptome beim Neugeborenen: Eine transplazentare Infektion des Fötus findet nicht statt. Eine Aspiration von infiziertem Fruchtwasser führt bei einigen Kindern zur überwiegend pulmonalen Infektion mit S. agalactiae, was jedoch von der asymptomatischen Bakteriämie bis hin zur Frühform der neonatalen Sepsis oder gar zum septischen Abort führen kann. Bei unreifen Neugeborenen manifestiert sich häufiger die Sepsis, während sich bei reifen Neugeborenen meist eine Pneumonie entwickelt, die initial nicht vom Atemnotsyndrom zu unterscheiden ist.

Ohne Behandlung verläuft eine solche Infektion manchmal dramatisch und in vielen Fällen bedrohlich. Etwa 4% der Kinder mit Sepsis/Meningitis versterben. Je nach zeitlichem Auftreten der Erkrankung spricht man von „early“ oder „late“ Manifestation.

Early onset type: Die frühe Erkrankung tritt innerhalb von wenigen Stunden (im Durchschnitt 20 Stunden) bis zu 3–4 Tagen nach Geburt auf, wobei vermutlich die pathogenen Bakterien vom Neugeborenen intra partum erworben werden. Der „early onset type“ tritt v.a. bei Frühgeborenen mit geringem Geburtsgewicht auf. Neben einer Sepsis ist v.a. auch die Meningitis gefürchtet, die bei etwa 50% der Fälle nach 24-48h letal endet (Hof H 2019) .

Late onset type: Der seltenere „late onset type“ macht sich innerhalb von 7 Tagen bis zu 3 Monaten nach der Geburt bemerkbar. Die Übertragung der Bakterien erfolgt dabei post partum von der Mutter, aber eben auch aus der weiteren Umgebung des Kindes. Solche Erkrankungen können auch als nosokomiale Infektion auftreten, denn 40% der Kinder stammen von kulturnegativen Müttern. Schwere Infektionsverläufe können bleibende Schäden an den infizierten Organen hinterlassen.

Diagnostik

Für eine sichere Identifizierung genügt der eindeutige Nachweis des B-Gruppenantigens. Die am besten erforschten Virulenzfaktoren von S. agalactiae sind die typenspezifischen Polysaccharide der äußeren Kapsel.

Das C-Protein, ein Oberflächen assoziiertes Antigen, spielt eine Rolle in der Resistenz der Bakterien gegen Opsonierung und Phagozytose.  Das ß-Antigen des C-Proteins bindet den Fc-Abschnitt humaner IgA- Antikörper, wodurch das Bakterium gegen Immunmechanismen der Schleimhäute geschützt ist. Durch die Bindung humaner IgA-Antikörper auf der Zelloberfläche verhindert es die Anbindung anderer opsonierender Antikörper und dadurch ihre Phagozytose. Das C-Protein wird von den meisten klinischen S. agalactiae Isolaten der Typen Ia, Ib und II exprimiert, ist jedoch selten bei Serotyp III (Bevanger L.1983; Johnson D et al. 1984).

Die Zellwand der Streptokokken zeichnet sich außerdem durch einen hohen Gehalt an Polysaccharid aus, das in Verbindung mit dem C-Protein eine sehr feste Struktur bildet. Die Zellwand der meisten Arten ist deswegen gegenüber einem enzymatischen Abbau, z.B. durch Lysozym, sehr widerstandsfähig (Lütticken R 1992).

Kultur: Der Keim erfordert komplexe Nährböden (pH 7,2-7,8) mit Zusatz von nativem Eiweiß in Form von Blut oder Serum. Auch Glukosezusatz fördert eine rasche Vermehrung. S. agalactiae ist fakultativ anaerob und sein Temperaturoptimum liegt bei 37°C. Nach 18-24 Stunden Bebrütung bilden sich farblose bis weißliche Kolonien aus, die größer sind als die der A-Streptokokken, mit einem kleinen Hof inkompletter Hämolyse, der gelegentlich auch fehlen kann.

CAMP-Faktor: Typisch für B-Streptokokken ist auch der CAMP-Faktor. Die Typisierung erfolgt mittels Latexagglutination. Auch die PCR hat eine hohe Sensitivität.

Antigen B: Die Streptokokken der Gruppe B (GBS) identifizieren sich durch ihr gemeinsames hitze- und säurestabiles, gruppenspezifisches Antigen B, ein Polysaccharid.

Hinweis(e)

Bei einer Schwangeren sollte 1-5Wochen vor der geplanten Geburt kontrolliert werden, ob der Geburtskanal kolonisiert ist. Gfls. ist mittels Amoxicillin eine Eradikation durchzuführen.

Literatur
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  1. Bevanger L. (1983) Ibc proteins as serotype markers of group B streptococci. Acta Pathol Microbiol Immunol Scand [B]. 91(4): 231-4.
  2. Johnson D et al. (1984) Group B streptococcal Ibc protein antigen: distribution of two determinants of wild-type strains of common serotypes. J. Clin. Microbiol. 19: 506-510.
  3. Lancefield RC (1928) The antigenic complex of Streptococcus hemolyticus. I Demonstration of a type-specific substance in extracts of Streptococcus hemolyticus. The Journal of Experimental Medicine 47:91–103.  
  4. Lütticken R (1992) Streptococcaceae. In: Mikrobiologische Diagnostik. Hrsg. F. Burkhardt, Stuttgart S 51-67.    
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