Philadelphia-Chromosom

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

22)(q34; q11)-Translokation; t(9

Definition

Als Philadelphia-Chromosom wird das verkürzte Chromosom Nr. 22 bezeichnet, das durch die reziproke Translokation t(9;22)(q34;q11) entstanden ist. 

Allgemeine Information

Bei der klassischen chronischen myeloischen Leukämie findet die Translokation t(9;22)(q34;q11), als balancierte reziproke Translokation statt. Das verkürzte Chromosom Nr. 22 = Philadelphia-Chromosom zeigt ein BCR-Gen Rearrangement , das durch Translokation des c-ABL-Protoonkogens von Chromosom 9 zu Chromosom 22 in die Region des BCR-Gens (breakpoint cluster region). Die Translokation führt zur Entstehung von zwei Fusionsgenen – dem BCR/ABL1-Fusionsgen auf dem Philadelphia-Chromosom und dem ABL1/BCR-Fusionsgen auf dem verlängerten Chromosom 9 q+.

Das BCR/ABL1-Fusionsgen kodiert für das BCR/ABL1-Fusionsprotein, das eine konstitutiv aktive Tyrosinkinaseaktivität aufweist mit proliferationsfördernder und Apoptose-hemmender Wirkung.

Die reziproke Translokation t(9;22)(q34;q11) mit dem dazugehörigen Philadelphia-Chromosom ist der diagnostische Marker der chronischen myeloischen Leukämie (CML) (Stam K et al. 1985). Bei über 90 % der CML-Patienten kann zytogenetisch das Philadelphia-Chromosom bzw. die Translokation t(9;22)(q34;q11) nachgewiesen werden (Hochhaus A et al. 2013).

Die Translokation t(9;22)(q34;q11) ist jedoch nicht pathognomonisch für die CML, sondern kann ebenfalls in einem Teil der akuten lymphatischen Leukämien (ALL) des Erwachsenen- und Kindesalters, sowie in einem geringen Anteil der akuten myeloischen Leukämien (AML) nachgewiesen werden.

Des Weiteren findet sich die Translokation t(9;22)(q34;q11) bei der (seltenen) chronischen Neutrophilenleukämie (CNL) , bei Lymphomen und bei Myelomen (van den Berghe H et al. 1979).

Hinweis(e)

Es existieren verschiedene Bruchpunkte, die zur reziproken Translokation t(9;22)(q34;q11) führen. Je nachdem, wo sich die Bruchpunkte befinden, entstehen unterschiedliche Fusionsgene und unterschiedliche Fusionsproteine. Das Gen ABL1 besitzt drei gängige Bruchpunkte: einen Bruchpunkt oberhalb des ersten alternativen Exons 1b, einen Bruchpunkt zwischen den alternativen Exons 1b und 1a, und einen Bruchpunkt unterhalb von Exon 1a.

Die Bruchpunkte des BCR-Gens befinden sich üblicherweise in einer von drei „Breakpoint cluster regions“.

Man unterscheidet hierbei eine

  • Major breakpoint cluster region (M-BCR)
  • eine Minor breakpoint cluster region (m-BCR) und
  • eine Micro breakpoint cluster region (µ-BCR).

Die Major breakpoint cluster region (M-BCR) umfasst die fünf Exons e12-e16. In der M-BCR unterscheidet man einen Bruchpunkt zwischen e13 (b2) und e14 (b3), sowie einen Bruchpunkt zwischen e14 (b3) und e15 (b4). Die M-BCR) umfasst die Exons e1-e2, ein Bruchpunkt befindet sich zwischen dem alternativen Exon e2´ und Exon e2, wobei im Falle eines Bruchereignisses die (in der Grafiken nicht berücksichtigten) alternativen Exons e1´ und e2´durch alternatives Splicing entfernt werden und lediglich Exon e1 und e2 an den Fusionen teilnehmen. Die µ-BCR umfasst die Exons e17-e20, welche ursprünglich als Exon c1-c4 bezeichnet wurden. In der µ-BCR ist neben einem Bruchpunkt zwischen e19 (c3) und e20 (c4) auch ein Bruchpunkt zwischen e18 (c2) und e19 (c3) beschrieben worden(Knas T 2016).

Des Weiteren sind seltene Bruchpunkte wie z.B. zwischen Exon e6 und e7 oder zwischen Exon e8 und e9 bekannt). Je nachdem, wo die jeweiligen Bruchpunkte liegen, entstehen unterschiedliche Fusionsproteine.

Das p210BCR/ABL1 -Fusionsprotein entsteht durch eine e13a2 (b2a2)- oder eine e14a2 (b3a2)-Fusion und besitzt eine Molekülmasse von 210 kDa. Es findet sich bei fast allen CML-Patienten, sowie bei einem Drittel der ALL-Patienten.

Das p190BCR/ABL1 -Fusionsprotein kommt durch die e1a2-Fusion zustande und misst 190 kDa. Es findet sich bei zwei Dritteln der ALL-Patienten und selten bei CML- und AMLPatienten.

Das Protein p230BCR/ABL1 -Fusionsprotein wiederum entsteht durch die e19a2 (c3a2)-Fusion und weist eine Molekülmasse von 230 kDa auf. Es findet sich bei der chronischen Neutrophilenleukämie (CNL).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. de Klein A et al.(1982) A cellular oncogene is translocated to the Philadelphia chromosome in chronic myelocytic leukaemia. Nature 300: 765-767
  2. Daley GQ et al. (1990) Induction of chronic myelogenous leukemia in mice by the P210bcr/abl gene of the Philadelphia chromosome. Science 247: 824-830
  3. Davis RL et al. (1985) Activation of the c-abl oncogene by viral transduction or chromosomal translocation generates altered c-abl proteins with similar in vitro kinase properties. Mol Cell Biol 5: 204-213
  4. Hochhaus A et al. (2013) Therapie der chronischen myeloischen Leukämie - Offene Fragen und Lösungsansätze. Krebsmedizin 22: 79-86.
  5. Knas T (2016) Detektion der BCR/ABL1-Fusion – Vergleichende Analyse sechs kommerzieller Sondensätze für die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung. Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm
  6. Koretzky GA (2007) The legacy of the Philadelphia chromosome. J Clin Invest 117: 2030-2032
  7. Stam K et al. (1985) Evidence of a new chimeric bcr/c-abl mRNA in patients with chronic myelocytic leukemia and the Philadelphia chromosome. N Engl J Med 313: 1429- 1433
  8. van den Berghe H et al. (1979) Philadelphia chromosome in human multiple myeloma. J Natl Cancer Inst 63: 11-16
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