Naltrexon

Zuletzt aktualisiert am: 19.12.2020

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Synonym(e)

(5R,9R,13S,14S)-17-Cyclopropylmethyl-3,14-dihydroxy-4,5-epoxymorphinan-6-on; CAS-Nummer: 16590-41-3 (Naltrexon); CAS-Nummer: 16676-29-2 (Naltrexonhydrochlorid)

Pharmakokinetik

Nach oraler Applikation wird Naltrexon rasch und vollständig aus dem MagenDarm-Trakt absorbiert. Nach Absorption unterliegt Naltrexon einem erheblichen First-pass-Metabolismus, wobei als Hauptmetabolit 6-b-Naltrexol entsteht. Die Halbwertszeit von Naltrexon im Plasma beträgt etwa 4 Stunden, der mittlere Blutspiegel 8,55 ng/ml. Die Plasma-Halbwertszeit von 6-b-Naltrexol beträgt etwa 13 Stunden. Die Plasmaproteinbindung von Naltrexon liegt bei etwa 21 %. Die Ausscheidung erfolgt hauptsächlich über die Niere. Innerhalb von 48 Stunden werden etwa 60 % einer peroral applizierten Dosis im Harn als 6-b-Naltrexol, Hydroxy-Methoxy-Naltrexol und Naltrexon ausgeschieden.

Indikation

Alkoholabhängigkeit: In vielen europäischen Ländern (+USA) ist Naltrexon zur Alkoholrückfallprävention zugelassen. Die Zulassung erfolgt zur Reduktion des Rückfallrisikos, Unterstützung der Abstinenz und Minderung des Verlangens nach Alkohol (Craving) als Teil einer umfassenden Therapie erteilt.

Andere: Off-Label wird Naltrexon mit Erfolg bei der Behandlung von selbstschädigendem Verhalten bei dissoziativen Störungen und Borderline-Persönlichkeitsstörungen eingesetzt. Auch bei selbstschädigendem Verhalten im Rahmen von Autismus und mentalen Entwicklungsstörungen scheint Naltrexon nützlich zu sein. So ist die Trichotillomanie eine Indikation für Naltrexon (Sani G et al. 2019).  

Niedrig-dosiertes Naltrexon (1,5-3,0-4,0 mg/Tag – nächtliche Applikation)  wurde in Einzelfällen beim M. Hailey-Hailey erfolgreich eingesetzt (Albers LN et al. 2017; Ibrahim O et al. 2017).  

Weitere mögliche dermatologische Indikationen sind Juckreiz bei der atopischen Dermatitis und der Cholestase, die Prurigo nodularis (Ekelem C et al. 2019), der Lichen planus follicularis (Strazzulla LC et al. 2017) und die Psoriasis (Weinstock LB et al. 2020).

Schwangerschaft/Stillzeit

Naltrexon scheint keine teratogene Wirkung zu haben. Dennoch sollte es in der Schwangerschaft nur eingesetzt werden, wenn es unerlässlich ist. Bei Neugeborenen kann der Wirkstoff zu Entzugssymptomen führen.

Da unklar ist, ob Naltrexon in die Muttermilch übergeht, sollte es bei stillenden Müttern nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko zum Einsatz kommen.

Dosierung und Art der Anwendung

Die Initialdosis von Naltrexonhydrochlorid sollte für Patienten, die opioidabhängig waren, 25 mg betragen; anschließend  50 mg Naltrexonhydrochlorid) am nächsten Tag. Zum Unterstützen der Abstinenz bei Alkoholabhängigkeit beträgt die empfohlene Dosis 50 mg pro Tag. Wenn der Therapieverlauf überwacht wird, kann die Dosierung auch wie folgt angepasst werden: 100 mg Naltrexonhydrochlorid am Montag und am Mittwoch, 150 mg Naltrexonhydrochlorid am Freitag. Die Opioid-Blockade kann bei höherer Dosierung in längeren Intervallen verringert sein.

Low-dose-Dosierung: 1,5-4,0mg/Tag

Unerwünschte Wirkungen

Nebenwirkungen(sehr häufig (≥ 1/10), häufig (≥ 1/100 bis < 1/10), gelegentlich (≥ 1/1.000 bis < 1/100), selten (≥ 1/10.000 bis < 1/1.000), sehr selten (< 1/10.000), nicht bekannt: Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar).

  • Infektionen: gelegentlich: Herpes simplex labialis,
  • Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems: gelegentlich: Lymphadenopathie, selten: idiopathische thrombozytopenische Purpura
  • Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen: häufig: verminderter Appetit
  • Psychiatrische Erkrankungen: Sehr häufig: Schlafstörungen, Angstzustände, Nervosität; häufig: Affektstörungen, Reizbarkeit; gelegentlich: Agitiertheit, Verwirrtheit, Halluzinationen, Depression, Paranoia, Desorientierung, Albträume, Störung der Libido, abnormale Träume; selten: Suizidgedanken, versuchter Suizid
  • Erkrankungen des Nervensystems: sehr häufig: Kopfschmerzen, Unruhe; häufig: Schwindel; gelegentlich: Tremor, Somnolenz
  • Augenerkrankungen: häufig: gesteigerter Tränenfluss; gelegentlich: Sehstörung, Augenreizung, Photophobie, Schwellung des Auges, schmerzendes Auge oder Asthenopie
  • Erkrankungen des Ohrs und des Labyrinths; gelegentlich: Ohrenbeschwerden, Ohrenschmerzen,Tinnitus, Schwindel
  • Herzerkrankungen: häufig: Tachykardie, Palpitationen, EKG-Veränderungen, Gefäßerkrankungen; gelegentlich: Blutdruckschwankungen, Flush
  • Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums: häufig: Thoraxschmerzen; gelegentlich: Verstopfung der Nase, Nasenbeschwerden, Rhinorrhoe, Niesen, oropharyngealer Schmerz, gesteigerte Sputumsekretion, Nebenhöhlenerkrankung, Dyspnoe, Dysphonie, Husten,
  • Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: sehr häufig: Bauchschmerzen, Übelkeit und/oder Erbrechen; häufig: Durchfall, Verstopfung; Ulcus, trockener Mund;
  • Leber- und Gallenerkrankungen: gelegentlich: Leberfunktionsstörung, Bilirubinanstieg, Hepatitis Transaminasenanstieg.
  • Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: häufig: Exantheme; gelegentlich: Seborrhoe, Juckreiz, Akne, Alopezie; gelegentlich: Hyperhidrose
  • Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen: sehr häufig: Gelenk- und Muskelschmerzen; sehr selten: Rhabdomyolyse
  • Erkrankungen der Nieren und Harnwege: gelegentlich: Pollakisurie, Dysurie
  • Naltrexon hebt nicht nur die Nebenwirkungen von Opioiden auf, sondern auch deren erwünschte Wirkungen (z.B. die Analgesie).

Präparate

Monopräparate: Adepend® (D), Dependex® (A), Ethylex® (A), Naltrexin® (A, CH), Nemexin® (D, A), Revia® (A) sowie Generika (D, A)

Hinweis(e)

Naltrexon wie auch Naloxon leiten sich vom Morphinderivat Oxymorphon ab und unterscheiden sich von diesem lediglich durch den Ersatz einer Methylgruppe am N-Atom des Piperidinrings durch einen größeren Substituenten.

Ein neuer Stoff, der nicht die Blut-Hirn-Schranke passieren kann, ist das Methylnaltrexon.

Literatur
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  1. Albers LN et al. (2017) Treatment of Hailey-Hailey Disease With Low-Dose Naltrexone. JAMA Dermatol 153:1018-1020.
  2. Ekelem C et al. (2019) Utility of Naltrexone Treatment for Chronic Inflammatory Dermatologic Conditions: A Systematic Review. JAMA Dermatol 155:229-236.
  3. Ibrahim O et al. (2017) Low-Dose Naltrexone Treatment of Familial Benign Pemphigus (Hailey-Hailey Disease). JAMA Dermatol 153:1015-1017.
  4. Lee B et al. (2019) The uses of naltrexone in dermatologic conditions. J Am Acad Dermatol 80:1746-1752.
  5. Panchagnula R et al. (2005) Transdermal delivery of naloxone: skin permeation, pharmacokinetic, irritancy and stability studies. Int J Pharm 293:213-223.
  6. Sani G et al. (2019) Drug Treatment of Trichotillomania (Hair-Pulling Disorder), Excoriation (Skin-picking) Disorder, and Nail-biting (Onychophagia). Curr Neuropharmacol 17:775-786.
  7. Strazzulla LC et al. (2017) Novel Treatment Using Low-Dose Naltrexone for Lichen Planopilaris. J Drugs Dermatol 16:1140-1142.
  8. Summerfield JA (1980) Naloxone modulates the perception of itch in man. Br J Clin Pharmacol 10:180-183.
  9. Weinstock LB et al. (2020) Low-dose Naltrexone Therapy for Psoriasis. Int J Pharm Compd 24:94-96.
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