MIS-C U10.-; U10.9;

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 10.05.2021

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Synonym(e)

Hyperinflammatory shock in children during COVID-19 pandemic; Kawasaki-like multisystem inflammatory syndrome in children; Multisystem Inflammatory Syndrome in Children; Multisystemisches Entzündungssyndrom in Verbindung mit COVID-19; Pädiatrisches Inflammatorisches Multisystem Syndrom; Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome; PIMS; SARS-CoV-2-related multisystem inflammatory syndrome in children

Definition

MIS-C ist das Akronym für „Multisystem Inflammatory Syndrome in Children“ und bezeichnet eine neue Erkrankung, die bei Kindern und Jugendlichen 2 bis 4 Wochen nach einer COVID-19-Infektion auftreten kann.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eigene Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, damit die Diagnose MIS-C gestellt werden kann. Diese Kriterien umfassen sechs Punkte:

  • Alter 0–19 Jahre
  • Fieber über mindestens drei Tage
  • Anzeichen einer Erkrankung von mindestens zwei verschiedenen Organen (Haut/Schleimhäute/Augen, Hypotonus niedriger Blutdruck oder Schock, Herzerkrankung, Blutgerinnungsstörungen, akute Magen-Darm-Beschwerden)
  • erhöhte Entzündungswerte
  • keine andere wahrscheinlichere Erklärung
  • Anhalt für eine Infektion mit dem Coronavirus, entweder durch Nachweis des Virus, Bestimmung von Antikörpern oder Kontakt zu einer infizierten Person.

Vorkommen/Epidemiologie

MIS-C ist eine seltene Erkrankung. Die ersten Fälle wurden im März 2020 in Großbritannien beschrieben. Ähnliche Fallberichte gab es anschließend in Ländern mit hohen COVID-19-Fallzahlen. In den USA wurden im Zeitraum von März bis Juli 2020 570 Fälle registriert. In Europa treten zunehmend gehäuft Fälle auf. In einer größeren Fallserie betrug das mediane Alter der Patienten 11 Jahre (8-14Jahre).

Ätiopathogenese

MIS-C tritt im Zusammenhang mit einer Infektion mit SARS-CoV-2 auf, auch wenn die betroffenen Kinder und Jugendliche keine Symptome von COVID-19 zeigten. Warum sich das Syndrom entwickelt, ist nicht bekannt. Es wird angenommen, dass die körpereigene Immunabwehr auf das Coronavirus SARS-CoV-2 überreagiert und einen allgemeinen Entzündungsprozess in Gang setzt (Rowley AH 2020).

Manifestation

M:w=7:3; Patienten, die einer ethnischen Minderheit angehören (78 %) waren überrepräsentiert (Davies P et al. 2020).

Klinisches Bild

Die Einweisungen erfolgten unter folgenden Diagnosen: Gastroenteritis (33%), Sepsis (24% ), Sepsis-ähnliches Krankheitsbild (20%), Fieber unklarer Ätiologie (FUO) (16%). In den relevanten klinischen Studien waren alle betroffenen Kinder zum Zeitpunkt der Krankenhauseinweisung durch einen deutlich reduziertes AZ gekennzeichnet. Sie waren hypoton, tachykard, dyspnoisch mit Bewusstseinstrübungen. Es bestand seit mindestens drei Tagen Fieber; weiterhin klagten fast alle Betroffenen über Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit oder Durchfall. Etwa die Hälfte zeigten makulöse Exantheme, Enantheme sowie eine deutliche Konjunktivitis. Weiterhin fanden sich Lymphknotenschwellungen.  Zusammengefasste Fallübersichten ergaben folgende Symptome (Riphagen S et al. 2020, Rowley AH 2020, Toubiana J et al. 2020, Whittaker E et al. 2020):

  • Fieber (100 %)
  • Hypotonie bis Schock (87 %)
  • Bauchschmerzen (62 %)
  • Erbrechen (63 %)
  • Diarrhö (64 %)
  • Exantheme (52%)
  • Konjunktivitis (45 % )

Diagnostik

Die Diagnose wird anhand der WHO-Kriterien gestellt. Andere schwere Erkrankungen ausgeschlossen werden, die ähnliche Symptome hervorrufen können, wie zum Beispiel eine Sepsis, Darminfektionen und schwere Herz- oder Lungenerkrankungen anderer Genese.

Labor

Erhöht finden sich Troponin, natriuretischem Peptid Typ B, C-reaktivem Protein, Ferritin, Laktatdehydrogenase und D-Dimeren sowie die neutrophilen Granulozyten, Interleukin 6 und 17 und Interferon Gamma . Weiterhin: Anämie, Lymphopenie, Hypoalbuminämie und abnorme Gerinnungsindizes. 

Die Ergebnisse der SARS-CoV-2-Polymerase-Kettenreaktionstests waren bei 26 %)positiv; die SARS-CoV-2-IgG-Testergebnisse waren bei 87 % positiv. Insgesamt hatten 78 % Hinweise auf eine aktuelle oder frühere SARS-CoV-2-Infektion. (Whittaker E et al. 2020)

Differentialdiagnose

Komplikation(en)

In der Studie entwickelten von 58 Kindern 29 einen Schock (mit biochemischem Nachweis einer myokardialen Dysfunktion); sie benötigen inotrope Unterstützung und gfls. mechanische Beatmeung. In 14 % der Fälle Nachweis von Koronararteriendilatationen oder ein Aneurysma (Whittaker E et al. 2020). 

Therapie

In vielen Punkten ähnelt das MIS-C dem Kawasaki-Syndrom. Nahezu die Hälfte der Patient*innen mit MIS-C erfüllen auch Kriterien des Kawasaki-Syndroms. Die Therapie von MIS-C ist darauf ausgerichtet, die übermäßige Reaktion des Immunsystems zu bremsen:

  • Glukokortikoide

Weiterhin (anbalog zum Kawasaki-Syndrom):

  • intravenöse Immunglobuline
  • Azetylsalizylsäure
  • Alternativ oder ergäneznd: Zytokin-Antagonisten.
  • Etwa jeder vierte Patient ist intensivpflichtig. In seltenen Fällen müssen die Betroffenen auch künstlich beatmet werden (Whittaker E et al. 2020).

Verlauf/Prognose

Das Outcome der Patientin ist günstig, Folgeschäden (v.a. bezogen auf Herz- und Kreislauf) werden in <10% der Fälle beobachtet. Tödliche Verläufen sind selten. 

Literatur
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  1. Davies P et al. (2020) Intensive care admissions of children with paediatric inflammatory multisystem syndrome temporally associated with SARS-CoV-2 (PIMS-TS) in the UK: a multicentre observational study. Lancet Child Adolesc Health 4:669-677.
  2. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, e.V. Homepage
  3. Dufort EM et al. Multisystem inflammatory syndrome in children in New York State. N Engl J Med 2020;383:347-58.
  4. Feldstein LR et al.(2020) Multisystem inflammatory syndrome in U.S. children and adolescents. N Engl J Med 383:334-46.
  5. Lami F et al.(2020) The "perfect" storm: Current evidence on pediatric inflammatory multisystem disease during SARS-CoV-2 pandemic. Acta Biomed 91:e2020034.
  6. Levin M (2020) Childhood multisystem inflammatory syndrome - a new challenge in the pandemic. N Engl J Med 383:393-395
  7. Morris SB et al.(2020) Case Series of Multisystem Inflammatory Syndrome in Adults Associated with SARS-CoV-2 Infection — United Kingdom and United States, March–August 2020. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. ePub: 2 October 2020.
  8. Riphagen S et al. (2020) Hyperinflammatory shock in children during COVID-19 pandemic. Lancet 395:1607–1608.
  9. Rowley AH (2020) Understanding SARS-CoV-2-related multisystem inflammatory syndrome in children. Nat Rev Immunol 20:453-454.
  10. Toubiana J et al. (2020) Kawasaki-like multisystem inflammatory syndrome in children during the covid-19 pandemic in Paris, France: prospective observational study. BMJ 369:m2094.
  11. Whittaker E et al. (2020) PIMS-TS Study Group and EUCLIDS and PERFORM Consortia. Clinical Characteristics of 58 Children With a Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome Temporally Associated With SARS-CoV-2. JAMA 324: 259-269.

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