Lebendimpfstoffe

Zuletzt aktualisiert am: 27.12.2020

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Synonym(e)

Lebenvakzine

Definition

Lebendimpfstoffe enthalten abgeschwächte, attenuierte d.h. in ihrer Virulenz  geschwächte, noch vermehrungsfähige Erreger. Diese können aber die Krankheit in der Regel nicht auslösen. Ihr großer Vorteil ist, dass sie eine echte Krankheit sozusagen im „Kleinen“ ohne Symptome erzeugen, und daher eine gute und langanhaltende Immunität erzielen. Sie können eine lokale Immunität und eine generelle Immunität induzieren.

Einteilung

Mumps, Masern , Röteln, Varizellen, Herpes-zoster-Lebendimpfstoff , Rotaviren,  Influenza (nasal), Gelbfieber, Typhus (oral)

Nicht mehr regelhaft durchgeführt werden: Pocken, Polio (Schluckimpfung nach Sabin) , Tuberkulose (BCG)

Pharmakodynamik (Wirkung)

Lebendimpfstoffe wirken in der Regel effizienter als Totimpfstoffe, da sie neben einer humoralen Immunität (mittels zirkulierender Antikörper) auch eine (bis zu lebenslang anhaltende) zelluläre Immunantwort auslösen. Im Allgemeinen sind die Impfstoffe zwar stark attenuiert gegenüber den eigentlichen Krankheitserregern, indem einige Virulenzfaktoren ausgeschaltet sind. Somit verläuft die Reaktion auf den Impfstoff meist blande. Gelegentlich aber doch symptomatisch, v.a. wenn eine angeborene oder erworbene Immunschwäche vorliegt.  Ein Nachteil besteht darin, dass der Impfschutz erst nach einer Zeit, in der das körpereigene Immunsystem reagiert hat, verfügbar ist.  

Viele Lebendimpfstoffe werden injiziert. Sie verhindern zwar die jeweilige Krankheit, aber meist nicht, dass der Krankheitserreger zunächst noch (z.B. über die Schleimhäute) in den Organismus eindringen kann. In diesem Fall bilden sich zwar  keine Krankheitssymptome. Der Erreger verschwindet auch nach einiger Zeit aus dem Organismus.  Zwischenzeitlich kann jedoch Infektiosität bestehen. Impfstoffe, die über die Schleimhäute appliziert werden, wie z.B. der Grippeimpfstoff für Kinder und Jugendliche, können einen Impfschutz bereits an der Eintrittspforte der Krankheitserreger hervorrufen und damit die Infektion verhindern. Eine Übertragung wird verhindert.

Schwangerschaft/Stillzeit

Impfungen mit einem Lebendimpfstoff, wie zum Beispiel gegen Röteln, Masern-Mumps-Röteln oder Varizellen, sollten während der Schwangerschaft vermieden werden. Eine versehentliche Impfung mit Masern-Mumps-Röteln -, Röteln- oder Varizellen-Impfstoff in oder kurz vor einer Schwangerschaft führt jedoch nach nationalen und internationalen Empfehlungen nicht zu einem Schwangerschaftsabbruch.

Unerwünschte Wirkungen

Ein Nachteil der Lebendimpfstoffe besteht darin, dass es zu stärkeren Nebenwirkungen kommen kann, da die lebenden Krankheitserreger trotz Einschränkungen in immer noch pathogen wirken können. 

Kontraindikation

Lebendimpfstoffe bei Risikogruppen: Für Risikogruppen ist die Gefahr durch eine nicht ausreichende Abschwächung der Virulenz des Krankheitserregers ernsthaft zu erkranken größer. Bei Grunderkrankungen wie einer Immunschwäche ist z.B. eine Impfung mit dem Lebend-Influenza-Impfstoff laut STIKO kontraindiziert — aufgrund von Erkrankungen oder infolge einer immunsuppressiven Therapie. Auch bei bestimmten Krankheiten wie schwerem Asthma wird vor der Anwendung gewarnt.

Hinweis(e)

Die genetischen Veränderungen der attenuierten Impfstofferreger entstehen meist spontan nach mehrfachen Passagen unter bestimmten Bedingungen. Prinzipiell können auch gentechnisch veränderte Erreger verwendet werden, bei denen  gezielt Genabschnitte eliminiert wurden oder die fremde Genabschnitte durch Rekombination erhalten haben.   

Bis 1998 wurde eine Lebendvakzine als Schluckimpfung in Deutschland gegen Poliomyelitis eingesetzt. Mittlerweile wird nur noch Impfstoff mit abgetöteten Erregern verabreicht. Die Polio-Erkrankung wurde dank ihrer Hilfe seit 1988 weltweit um 99 Prozent reduziert. Diese Impfung birgt minimale Risiken. So kann es zu Vakzine-assoziierten paralytischen Poliomyelitis-Erkrankungen (VAPP) kommen. Die Häufigkeit dieser Lähmungen liegt bei ein bis zwei Fällen pro eine Million Erstimpfungen.

Literatur
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  1. Hof H (2019) Aktive Immunisierung. In: Hof H, Schlüter D, Dörries R, Hrsg. Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme S.743 
  2. Minor PD (2015) Live attenuated vaccines: Historical successes and current challenges. Virology 479-480:379-392.
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Zuletzt aktualisiert am: 27.12.2020