Synonym(e)
Erstbeschreiber/Historie
Im Jahre 1936 entdeckte Eduard C. Kendall (1886-1972) Cortison, im darauffolgenden Jahr auch Cortisol. Bis 1946 waren 39 verschiedene Corticoide der Nebennierenrinde isoliert und definiert (Kaiser 2002).
Therapeutisch setzte Philip S. Hench (1896-1965) im Jahre 1948 erstmals Cortison bei einer schwer immobilisierten Patientin mit chronischer Polyarthritis ein. Bereits nach einer Woche war die Patientin wieder mobil (Kaiser 2002).
Kendall und Hench erhielten 1950 den Nobelpreis (Kaiser 2002).
Definition
Kortisol ist ein Steroid der Nebennierenrinde, das in der Zona fasciculata produziert wird (Herold 2025). Kortisol stellt den wichtigsten Vertreter der Glukokortikoide dar und spielt eine Rolle hinsichtlich des Stoffwechsels, des Immunsystems und des psychischen Verhaltens (Birbaumer 2010).
Auch interessant
Allgemeine Information
Zu den wichtigsten Kortikosteroiden gehören neben Kortisol auch noch Aldosteron und weniger Kortikosteron. Besonders in der Leber kommt Kortisol als inaktives Kortison vor (Herold 2025).
Die tägliche Sekretionsrate liegt bei 20-30 mg/24 h, die Plasmakonzentration bei 6-25 µg/100 ml (Herold 2025).
Die Freisetzung des Kortisols wird reguliert von einem der 4 glandotropen Hormone des Hypophysenvorderlappens (Birbaumer 2010).
Kortisol ist im Blut größtenteils gebunden:
- an das Transportprotein Transcortin zu 75 %
- an Albumin zu 15 %
- in freier Form zu 10 % (Herold 2025)
Synthetische Glukokortikoide hingegen werden nicht an Transcortin gebunden (Herold 2025).
Im 24h-Urin werden 1044 µg Kortisol ausgeschieden (Kasper 2025).
Die Halbwertszeit von Kortisol liegt bei ca. 90 min, die des synthetischen Kortisols ist um ein vielfaches länger (Herold 2025).
Die Ausscheidung des Kortisols erfolgt nach Metabolisierung in der Leber über die Nieren (Herold 2025).
Der zirkadiane Tagesrhythmus des Kortisols zeigt einen Anstieg in den frühen Morgenstunden mit Spitzenwerten gegen ca. 08:30 Uhr. Anschließend fallen die Werte langsam ab. Ein Abfall unter den rhythmuskorrigierten Mittelwert (MESOR) findet sich in den frühen Abendstunden, Tiefstwerte um Mitternacht (Kasper 2025).
Wenn dieses Sekretionsmuster unterbrochen wird, kann der Kortisolspiegel chronisch ansteigen. Dies wiederum kann zu folgenden Erkrankungen führen:
- Apoplex
- psychischen Störungen (Vignesh 2024)
Wirkungen von Kortisol:
- Anregung der Glukoneogenese in der Leber (Birbaumer 2010)
- stimuliert die Glukoneogenese (Neumeister 2010)
- antiphlogistisch
- antiallergisch
- immunsuppressiv
- erniedrigt die Erregbarkeitsschwelle (führt damit zu erhöhter Krampfbereitschaft)
- kann zu Beginn zu einer Euphorie führen, in der Langzeittherapie zu Depressionen (Birbaumer 2010)
Gemessen werden kann Kortisol im Blut, Speichel und Urin. Allerdings zeigt sich hierbei immer nur eine Momentaufnahme des Kortisolwertes. Die langfristige Kortisolbelastung lässt sich durch eine neue Methode, die Bestimmung der Konzentration von Kortisol im Haar (HCC), messen. Bei dieser Messung kann die kumulative Kortisolbelastung über Monate und sogar über Jahre hinaus gemessen werden und so wichtige Erkenntnisse erbringen bei z.B.:
- Störungen der HPA-Achse
- psychische Gesundheit (Anstieg des Kortisolspiegels bei z.B. einschneidenden Lebensereignissen, Ausdauertraining, Schichtarbeit, Depressionen und Abfall des Kortisolspiegels bei z.B. generalisierten Angststörungen (Wester 2015).
Es hat sich bei Untersuchungen von Herrera et al. (2022) gezeigt, dass Frauen mit primären und metastasierenden Mammakarzinomen basal erhöhte Kortisolspiegel aufweisen. Kortisol induziert in vivo Metastasen eines Mammakarzinoms, stärkt aber andererseits die Blut-Hirn-Schranke gegenüber Mikroben und peripheren Immunzellen. Von daher ist bei Patienten mit bekanntem Mammakarzinom bei der Behandlung mit Glukokortikoiden Vorsicht geboten (Herrera 2022).
Pathophysiologie
Die Freisetzung des Kortisols wird durch ACTH stimuliert. Kortisol wirkt katabol, es fördert die Lipolyse, Glukoneogenese und Protolyse (Pschyrembel).
Die Affinität des Glukokortikoids Kortisol zum Mineralokortikoidrezeptor (MLR) ist genauso hoch wie die des Aldosterons. Im distalen Nephron wird Kortisol durch das Enzym 11ßHSD-2 in Kortison umgewandelt (Kasper 2015).
Komplikation(en)
- Cushing-Syndrom durch übermäßige Kortisolproduktion bei z. B. Vorliegen eines Hypophysentumors oder eines ektopischen Tumors (Kasper 2015)
- Nebenniereninsuffizienz bei z. B. Morbus Addison (Kasper 2015)
Therapie
Es gibt bislang keinerlei Pharmaka, die eine vergleichbar große therapeutische Indikationsbreite aufweisen wie Kortikoide (Kaiser 2002).
Zu den wichtigsten Indikationen einer Therapie mit Kortisol gehören rheumatische sowie allergische Erkrankungen (Seifert 2021), Asthma bronchiale und Kollagenosen (Schwabe 2019).
Therapeutisch wird Kortison außerdem immunsuppressiv eingesetzt (Ludwig 2020)
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio
Kopernio- Birbaumer N, Schmidt R F (2010) Biologische Psychologie. Springer Medizin Verlag Heidelberg 132-133
- Herold G et al. (2025) Innere Medizin. Herold Verlag 780
- Herrera R A, Deshpande K, Martirosian V, Saatian B, Julian A, Eisenbarth R, Das D, Iyer M, Neman J (2022) Cortisol promotes breast-to-brain metastasis through the blood-cerebrospinal fluid barrier. Cancer Rep (Hoboken). 5 (4) e1351
- Kaiser H, Kley H K (2002) Cortisontherapie: Cortikoide in Klinik und Praxis. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 5-6, 116
- Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 306, 64e-7, 1619, 1755, 2310
- Ludwig M (2020) Repetitorium Facharztprüfung Innere Medizin. Elsevier Urban und Fischer Verlag Deutschland113
- Neumeister B, Böhm B O (2010) Klinikleitfaden Labordiagnostik. Urban und Fischer Verlag 310
- Pschyrembel online. Kortisol. Doi: https://www.pschyrembel.de/Kortisol/K059R
- Schwabe U (2019) Corticosteroide. Arzneiverordnungs-Report 623-630
- Seifert R (2921) Corticosteroide. Arzneiverordnungs-Report 389-395
- Vignesh V, Castro-Dominguez B, James T D, Gamble-Turner J M, Lightman S, Reis N M (2024) Advancements in Cortisol Detection: From Conventional Methods to Next-Generation Technologies for Enhanced Hormone Monitoring. ACS Sens. 9 (4) 1666-1681
- Wester V L, van Rossum E F C (2015) Clinical applications of cortisol measurements in hair. Eur J Endocrinol. 173 (4) M1-10




