Die Gruppe der familiären Kardiomyopathien zählt zu den primären Kardiomyopathien (Brieler 2017).
Zu den familiären Kardiomyopathien gehören:
- 1. Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM)
Die HCM stellt mit einer Inzidenz von 1 : 500 die häufigste familiäre Kardiomyopathie dar (Stiefelhagen 2020). Sie ist in ca. 50 % familiär bedingt und wird autosomal dominant vererbt (Kaltenbach 2013). Es handelt sich hierbei um eine Erkrankung des Sarkomers, was zu einer konzentrischen, asymmetrischen und apikalen Myokardhypertrophie führt (Sieverding 2020).
Es sind Todesfälle beim Sport ab dem 10. Lebensjahr beschrieben (Moog 2014).
- 2. Arrhythmogene (rechts)- ventrikuläre Kardiomyopathie (A[R]VC):
Die A(R)VC wurde ursprünglich als eine Erkrankung des rechten Ventrikels beschrieben. Inzwischen hat sich aber gezeigt, dass ein oder beide Ventrikel betroffen sein können (Kasper 2015).
Die Erkrankung ist mit einer Inzidenz von 1 : 5.000 eher selten (Stiefelhagen 2020). Bei der A(R)VC zeigt sich bei ca. 30 % eine familiäre Häufung (Kaltenbach 2013).
Der Erbgang ist überwiegend autosomal- dominant mit genetischer Heterogenität und variabler klinischer Expression (Greten 2010). Die Mutation betrifft Zellkontaktproteine (Stiefelhagen 2020). Dadurch kommt es zu elektroanatomischen Auffälligkeiten (Sieverding 2020). Todesfälle beim Sport sind hierbei ebenfalls ab dem 10. Lebensjahr beschrieben (Moog 2014).
- 3. Long- QT- Syndrom (LQT):
Es findet sich bei der häufigeren Form, auch als Romano- Ward- Syndrom bezeichnet, ein autosomal- dominanter Erbgang und bei der selteneren Variante, dem Jervell- und Lange- Nielsen- Syndrom, autosomal- rezessiv (Greten 2010).
Die Erkrankung tritt meistens in der späten Kindheit bzw. frühen Adoleszenz auf. Mädchen sind häufiger betroffen (Greten 2010).
Das Syndrom wird für Ertrinkungsunfälle bei Kindern verantwortlich gemacht (Moog 2014)
- 4. Brugada- Syndrom:
Beim Brugada- Syndrom handelt es sich um eine genetisch heterogene Erkrankung. Bei ca. 20 % der Erkrankten liegt ein Defekt im Bereich des Ionenkanals vor (Greten 2010).
Dadurch kann es insbesondere im Rahmen hochfieberhafter Infekte zu lebensbedrohlichen Arrhythmien kommen (Moog 2014).
- 5. Dilatative Kardiomyopathie (DCM):
DCM ist die häufigste Form aller Kardiomyopathien und in 25 % familiär bedingt (Stiefelhagen 2020 / Wappler 2011). Kasper (2015) gibt die familiäre Beteiligung mit 30 % an, Die Inzidenz liegt bei 1 : 2.500 (Kaltenbach 2013).
Es findet sich ein überwiegend autosomal dominanter Erbgang, seltener ein autosomal- rezessiver, X- chromosomaler (Kaltenbach 2013) bzw. mitochondrialer. Bislang wurden als Träger der Mutation > 40 Gene identifiziert (Soares 2017). Männer erkranken i. d. R. 10 Jahre früher als Frauen an der Kardiomyopathie, allerdings asymptomatisch (Kasper 2015).
Bei ca. 30 % besteht eine Mutation der DCM- assoziierten Gene (Meder 2017).
- 6. Restriktive Kardiomyopathie (RCM):
Es handelt sich um eine seltene Erkrankung, die im Zusammenhang mit Sklerodermie, Sarkoidose, Morbus Fabry, Morbus Gaucher, Morbus Hurler etc. auftreten kann (Greten 2010). Hierbei kommt es zu einer herabgesetzten Dehnbarkeit des Myokards und Mutationen des Troponin I (Sieverding 2020).
Die RCM manifestiert sich überwiegend in Reizleitungsstörungen (Meder 2017)
- 7. Non- Compaction- Kardiomyopathie (NCCM), auch als Linksventrikuläre Non- Compaction- Kardiomyopathie (LVNC) bezeichnet:
Die Inzidenz der NCCM liegt bei 1 : 1.000. Die Erkrankung wird autosomal- dominant vererbt. Die NCCM zeigt genetische und phänotypische Überlappungen mit der hypertrophen Kardiomyopathie und der dilatativen Kardiomyopathie (Stiefelhagen 2020).
Ca. 5 % der Kardiomyopathien bei Kindern sind auf eine NCCM zurückzuführen. Die Erkrankung führt zu einem erhöhten Risiko für thromboembolische Ereignisse und zu Arrhythmien (Hänselmann 2020).
- 8. Ionenkanalerkrankungen / Primäre Arrhythmiesyndrome:
Dazu zählen z. B. das Long- Q- Syndrom, das Brugada- Syndrom (Schimpf 2013).
Meistens handelt es sich um mutierte Natrium- und Kaliumionenkanäle (Engelhardt 2022).
Es liegen hinsichtlich der Ionenkanalerkrankungen in keinem anderen Gebiet so viele Erkenntnisse über direkte Zusammenhänge zwischen genetischer Ursache und klinischem Phänomen vor. Dennoch besteht weiterhin auf Grund der Vielzahl der Veränderungen im EKG eine Verunsicherung bezüglich der Relevanz der Befunde (Ziakos 2019).
Der Erbgang ist in den überwiegenden Fällen autosomal- dominant (Beckmann 2011).
Vor Vollendung des 40. Lebensjahres erleiden 3 von 100.000 Personen einen plötzlichen Herztod. Bei mehr als der Hälfte lässt sich im Nachhinein ein erbliches Arrhythmiesyndrom feststellen (Schaaf 2018).
- 9. Mitochondriale Kardiomyopathien:
Mitochondriale Erkrankungen stellen eine heterogene Gruppe multisystemischer Erkrankungen dar.
Bei der mitochondrialen Kardiomyopathie kommt es zu einer Störung des mitochondrialen Proteinimportes in die innere Mitochondrienmambran kommt (Wachoski- Dark 2022). Dadurch werden Herzstruktur und / oder Herzfunktion gestört und manifestieren sich in hypertropher bzw. dilatativer Kardiomyopathie, Herzinsuffizienz, Arrhythmien und linksventrikulärer myokardialer Noncompaction (Meyers 2013).
Die Mutationen betreffen die mtDNA bzw. die nDNA. Die Inzidenz mitochondrialer Erkrankungen liegt bei 1 : 10.000. Es besteht ein Vererbungsmuster mit autosomal- dominanter, - rezessiver und X- chromosomaler Vererbung (Meyers 2013). Diese Mitochondriale Kardiomyopathie zählt zu den seltenen Formen einer Kardiomyopathie (Gerok 2007).
- 10. Syndromale Kardiomyopathien:
Die syndromalen Kardiomyopathien können im Rahmen folgender Erkrankungen auftreten wie z. B. M. Fabry oder M. Danon. Es besteht ein X- chromosomaler Erbgang (Meder 2017). Diese Form der Kardiomyopathie führt zu einer Dilatation mit Störungen der Erregungsleitung (Meder 2017).
- 11. Familiäre Amyloid- Kardiomyopathie
Diese wird autosomal- dominant vererbt. Es bestehen hierbei Mutationen des Transthyretin. Häufig ist das Reizleitungssystem betroffen (Erdmann 2009).
Klinisch findet sich durch Amyloid- Ablagerungen eine restriktive Kardiomyopathie (Roskamm 2013). Bei dieser Erkrankung finden sich monoklonale Proteine im Urin (Caspary 2013)