Epitheliale Inflammasome

Zuletzt aktualisiert am: 25.11.2023

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Definition

Inflammasome Instrumente des angeborenen Immunsystems, die für die Aktivierung von Entzündungsreaktionen verantwortlich sind. Inflammasome sind zytosolische (intrazelluläre) Multi-Proteinkomplexe (Martinon F et al. 2002), die vorwiegend in Immunzellen, so in dendritischen Zellen und Makrophagen, aber auch in Epithelien  der Haut und der Schleimhäute (Darm- Harnblasenepithelien) vorkommen. Die Aktivierung des Inflammasoms fördert die proteolytische Spaltung, Reifung und Sekretion der proinflammatorischen Zytokine Interleukin 1β (IL-1β) und Interleukin 18 (IL-18) sowie die Spaltung von Gasdermin D. Das aus der Gasdermin-D-Spaltung resultierende N-terminale Fragment, löst eine entzündungsfördernde Form des programmierten Zelltods der Pyroptose aus und ist für die Sekretion der reifen Zytokine verantwortlich, vermutlich durch die Bildung von Poren in der Plasmamembran (Broz P et al. 2016). Darüber hinaus können Inflammasome auch eine besondere Form des programmierten Zelltods, die PANOptose auslösen, die wesentliche Merkmale von Apoptose, Pyroptose und Nekroptose aufweist (Zhuang L et al.2023).

Die Aktivierung von Inflammasomen wird durch verschiedene Arten von zytosolischen Mustererkennungsrezeptoren (PRRs) ausgelöst, die entweder von Mikroben stammen (pathogen-assoziierte molekulare Muster/PAMPs) oder von der Wirtszelle selbst erzeugt wurden (schädigungsassoziierte molekulare Muster/DAMPs). Zu den an Inflammasomen beteiligten Mustererkennungsrezeptoren gehören sog. NLRs (nucleotide-binding oligomerization domain and leucine-rich repeat-containing receptors) sowie AIM2 (absent in melanoma 2), IFI16 (IFN-inducible protein 16) und Pyrin (Broz P et al. 2016).

Über ihre Caspase-Aktivierungs- und Rekrutierungsdomäne (CARD) oder über die Pyrin-Domäne (PYD) interagieren die Inflammasom-Rezeptoren mit dem Adaptorprotein ASC, das dann über seine CARD-Domäne Caspase-1 durch proteolytische Spaltung aktiviert (Broz P et al. 2016). Die aktivierte Caspase-1 spaltet schließlich die unreifen pro-inflammatorischen Zytokine pro-IL-1beta und pro-IL-18 sowie Gasdermin D in ihre aktiven Endstufen. V.a. IL 1beta  und IL 18 sind für die Entzündungssignalisierung bzw. den pyroptotischen Zelltod verantwortlich.

Neben diesen s.g. kanonischen Inflammasomen wurden auch nicht-kanonische Inflammasom-Komplexe beschrieben, die unabhängig von Caspase-1 wirken. Tierexperimentell können nicht-kanonische Inflammasome durch direkte Erkennung von zytosolischem bakteriellem Lipopolysaccharid (LPS) aktiviert werden. In menschlichen Zellen sind die entsprechenden Caspasen des nicht-kanonischen Inflammasoms die Caspase 4 und die Caspase 5 (Broz P et al. 2016).

Bisher wurden Inflammasome v.a. in professionellen Immunzellen des angeborenen Immunsystems, wie Makrophagen und Neutrophilen nachgewiesen. Inzwischen weisss man jedoch dass Inflammasom-Komponenten in epithelialen Barrieregeweben exprimiert werden (Winsor N et al. 2019). Im Falle einer Dysregulation der Inflammasom-Aktivierung kann dies zu erheblichen Störungen der angeborenen Immunität führen, zu chronischen Entzündungszuständen, Tumorbildungen, Stoffwechsel- und neurodegenerativen Erkrankungen (Ippagunta SK et al. 2011).

Allgemeine Information

Die Aktivierung epithelialer Inflammasomen als Reaktion auf eindringende Krankheitserreger hat wichtige zellautonome Auswirkungen auf die infizierte Zelle selbst sowie auf ihre Kommunikation mit anderen Zelltypen auf lokaler und globaler Ebene (Sellin ME et al. 2018). Diese nachgelagerten Folgen der Inflammasom-Aktivierung können in drei Kategorien unterteilt werden (Sellin ME et al. 2018).

  1. Tod der Epithelzelle selbst
  2. Freisetzung löslicher proinflammatorischer Moleküle
  3. Rekrutierung und Aktivierung von Effektorzellen.

Darüber hinaus induziert die Aktivierung des epithelialen Inflammasoms eine Kontraktion der Epithelschichten und verhindert den Integritätsverlust in späteren Stadien der Infektion (Fattinger SA et al. 2021). Um die Integrität der Epithelbarriere aufrechtzuerhalten, müssen der Zelltod und die anschließende Elimination der infizierten Zelle koordiniert ablaufen, damit die Lücke im Epithel durch benachbarte Zellen verschlossen werden kann. Der Tod von Epithelzellen kann auf direkte, zellautonome Weise durch die Inflammasom-Aktivierung selbst sowie durch die lokale Rekrutierung anderer todauslösender Zelltypen oder eine globale Entzündung ausgelöst werden, was zu einem erhöhten Epithelumsatz führt, der sowohl infizierte als auch nicht infizierte Zellen entfernt. Die wichtigste Folge des Absterbens epithelialer Zellen ist die Verringerung der epithelialen Krankheitserregerbelastung, um die Barriereintegrität aufrechtzuerhalten (Sellin ME et al. 2018). Die Aktivierung von Inflammasomen löst die Spaltung, Aktivierung und Sekretion von proinflammatorischem IL-1β und IL-18 aus. Dies führt zur Rekrutierung von verschiedenen Arten von Effektorzellen, wodurch die  angeborene Immunantwort koordiniert wird. Die Expression von Pro-IL-1β hängt von der Signalübertragung durch Toll-like-Rezeptoren ab. Daher produzieren Darmepithelzellen selbst nur sehr geringe Mengen an IL-1β. Pro-IL-18 hingegen wird konstitutiv von verschiedenen Arten von Epithelzellen exprimiert und bei Inflammasom-Aktivierung leicht sezerniert. Das vom Epithel abgesonderte IL-18 kann die Produktion von IFN-γ durch verschiedene Zelltypen induzieren. Von besonderer Bedeutung ist, dass vom Inflammasom induziertes IL-18 auch an der Rekrutierung natürlicher Killerzellen (NK) beteiligt ist, die in frühen Stadien der angeborenen Immunantwort eine entscheidende Rolle spielen. Darüber hinaus kann IL-18 auch die Effektorfunktionen von NK-Zellen stimulieren, die sich an der Infektionsstelle angesammelt haben. Die aktivierten NK-Zellen können dann dazu beitragen, die Krankheitserregerlast zu begrenzen und sich im Vergleich zur epithelautonomen Induktion des Zelltods zu späteren Zeitpunkten an systemischen Stellen auszubreiten. Schließlich sezernieren NK-Zellen auch IFN-γ, um andere entzündliche Zelltypen zu rekrutieren.

Jedenfalls sondert das Harnblasenepithels bei bakteriellen Infektionen hohe Mengen IL-1β ab. Dabei zeigt sich, dass die IL-1beta-Sekretion vom NLRP3-Inflammasom und Caspase-1 abhängt und das sezernierte proinflammatorische Zytokin für die Rekrutierung von Mastzellen an der Infektionsstelle erforderlich ist. Die Mastzellen induzieren dann eine lytische Form des Zelltods im Epithel. Neben NK-Zellen und Mastzellen sind Neutrophile weitere wichtige angeborene Immuneffektorzellen, die das infizierte Gewebe infiltrieren, nachdem Krankheitserreger die Epithelbarrieren durchbrochen haben. Sowohl IL-1β als auch IL-18, die als Reaktion auf die Aktivierung des Inflammasoms sezerniert werden, sind an der Rekrutierung von Neutrophilen beteiligt. Diese sind in der Lage die eindringenden Krankheitserreger zu immobilisieren und zu eliminieren. Darüber hinaus sezernieren sie Entzündungsmediatoren wie IFN-gamma und Interleukin-22.

Literatur
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  1. Broz P et al. (2016) Inflammasomes: mechanism of assembly, regulation and signalling. Nature Reviews. Immunology 16: 407–420.
  2. Fattinger SA et al. (2021) Epithelium-autonomous NAIP/NLRC4 prevents TNF-driven inflammatory destruction of the gut epithelial barrier in Salmonella-infected mice. Mucosal Immunology 14: 615–629.
  3. Ippagunta SK et al. (2011) The inflammasome adaptor ASC regulates the function of adaptive immune cells by controlling Dock2-mediated Rac activation and actin polymerization. Nature Immunology 12: 1010–1016
  4. Martinon F et al. (2002) The inflammasome: a molecular platform triggering activation of inflammatory caspases and processing of proIL-beta. Molecular Cell 10: 417–426.
  5. Martinon F et al. (2006) Gout-associated uric acid crystals activate the NALP3 inflammasome. Nature 440: 237–241.
  6. Sellin ME et al. (2015) Inflammasomes of the intestinal epithelium. Trends in Immunology 36: 442–450.
  7. Sellin ME et al. (2018) Consequences of Epithelial Inflammasome Activation by Bacterial Pathogens. Journal of Molecular Biology. Mechanisms of Inflammasome Activation 430 : 193–206.
  8. Winsor N et al. (2019) Canonical and noncanonical inflammasomes in intestinal epithelial cells. Cellular Microbiology 21: e13079.
  9. Zhuang L et al.(2023) A comprehensive analysis of PANoptosome to prognosis and immunotherapy response in pan-cancer. Sci Rep 13:3877.

Weiterführende Artikel (3)

Interferon gamma; Interleukin-22; NLRP3-Inflammasom;
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