Calreticulin

Zuletzt aktualisiert am: 20.10.2021

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Definition

Calreticulin (CALR) ist ein hochkonserviertes Chaperonprotein, das vor allem im endoplasmatischen Retikulum vorkommt und an einer Vielzahl von zellulären Prozessen beteiligt ist, unter anderem an der Zelladhäsion. Außerdem ist es an der Qualitätskontrolle der Proteinfaltung und der Kalziumhomöostase beteiligt.

Allgemeine Information

Calreticulin und Calnexin sind in Lage  gezielt an Oligosaccharide zu binden, die endständige Glukosereste enthalten um sie abzubauen. In der physiologische  Zellfunktion ist das Abschneiden von Glukoseresten vom Kern-Oligosaccharid, das während der N-gebundenen Glykosylierung hinzugefügt wurde, ein wesentlicher Teil der Proteinverarbeitung.

Neben der Aufrechterhaltung der zellulären Proteostase unterstützen diese zelleigenen CALR-Funktionen Ca2+-abhängige Prozesse wie Adhäsion und Integrin-Signalisierung und gewährleisten eine normale Antigen-Präsentation auf MHC-Klasse-I-Molekülen (Fucikova J et al. 2021).

Transkription: Calreticulin ist auch im Zellkern zu finden, was darauf hindeutet, dass es eine Rolle bei der Transkriptionsregulation spielen könnte. Calreticulin interagiert mit der DNA-Bindungsdomäne des Glucocorticoidrezeptors und verhindert, dass der Rezeptor an sein spezifisches Glucocorticoid-Reaktionselement bindet.

Calreticulin kann die Bindung des Androgenrezeptors an sein hormonresponsives DNA-Element hemmen und die Transkriptionsaktivitäten des Androgenrezeptors und des Retinsäure-Rezeptors in vivo sowie die Retinsäure-induzierte neuronale Differenzierung hemmen. Somit kann Calreticulin als wichtiger Modulator bei der Regulierung der Gentranskription durch nukleare Hormonrezeptoren wirken.

Calreticulin-Mutationen bei essenzieller Thrombozythämie und primärer Myelofibrose (PMF): Calreticulin-Mutationen wurden bei JAK2-negativen/MPL-negativen Patienten mit essenzieller Thrombozythämie und primärer Myelofibrose nachgewiesen, wodurch CALR-Mutationen die zweithäufigste Mutationen bei den myeloproliferativen Neoplasien sind. Alle Mutationen (Insertionen oder Deletionen) betrafen das letzte Exon und führten zu einer Leserasterverschiebung des resultierenden Proteins. Die neue Proteinstruktur führt zu Funktionsverlusten.

Embryonale Herzentwicklung: Tierexperimentelle Studien konnten zeigen, dass Calreticulin im Embryo für die Entwicklung des Herzens von wesentlicher Bedeutung ist.

Weitere klinische Bedeutung:

  • Calreticulin bindet an Antikörper des systemischen Lupus erythematodes und des Sjögren-Syndroms bei denen Anti-Ro/SSA-Antikörper aufteten. Erhöhte Autoantikörpertiter gegen humanes Calreticulin werden bei Säuglingen mit komplettem kongenitalem Herzblock gefunden.
  • Krebszellen, die einer immunogenen Apoptose erliegen exprimieren  CALR auf ihrer Oberfläche. Dadurch wird die Aufnahme dieser Zellen durch professionelle Phagozyten gefördert. CALR-Mutationen beeinträchtigen die zelluläre Homöostase in gesunden und pathologischen Geweben,  v.a. weil sie die natürliche und therapiebedingte Immunüberwachung beeinträchtigen. Damit wird einer Onkogenese Vorschub geleistet.
  • CD47 blockiert das Calreticulin. Dieser Blockademechanismus scheint bei der Onkogenese eine Rolle zu spielen. Daher könnten Antikörper, die CD47 blockieren, für die Karzinomtherapie nützlich sein (Chao MPet al. 2010).  

Hinweis(e)

Ein ähnlich wie Calreticulin der molekularen Proteinkontrolle dienendes Chaperon ist Calnexin. Calnexin ist jedoch im Gegensatz zu Calreticulin membrangebunden.

Literatur
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  1. Araki M et al. (2020) The role of calreticulin mutations in myeloproliferative neoplasms. Int J Hematol 111:200-205.
  2. Araki M et al. (2017) Novel molecular mechanism of cellular transformation by a mutant molecular chaperone in myeloproliferative neoplasms. Cancer Sci 108:1907-1912.
  3. Chao MPet al. (2010) Calreticulin is the dominant pro-phagocytic signal on multiple human cancers and is counterbalanced by CD47. Science Translational Medicine 2 : 63ra94.
  4. Fucikova J et al. (2021) Calreticulin and cancer. Cell Res 31:5-16. 
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