Budesonid

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 23.02.2021

This article in english

Synonym(e)

CAS-Nummer: 51333-22-3

Definition

Budesonid gehört zur Wirkstoffgruppe der synthetischen, nicht-halogenierten Glukokortikoide und wird v.a. zur lokalen Behandlung von Erkrankungen der Atemwege und des Gastrointestinaltraktes eingesetzt.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Budesonid wirkt primär antiphlogistisch, indem es an Glukokortikoid-Rezeptoren (GRK) bindet. Im Zytosol führt die Bindung des Glukortikoids an den Rezeptor zu einem Glukokortikoid-Rezeptor-Komplex. Die Bindungsaffinität von Budesonid an den Rezeptor ist etwa 18-mal stärker als die von Prednisolon und 70mal stärker als die von Kortisol (Hydrocortison). Budesonid beeinflusst zahlreiche Zelltypen wie Mastzellen, Eosinophile, Neutrophile, Makrophagen und Lymphozyten. Zudem hemmt der Wirkstoff (abhängig von Applikation und Wirkort) die antigenstimulierte Ausschüttung zahlreicher proinflammatorischer Signalmoleküle wie Interleukine, RANTES, TNF-α, IFN-γ und GM-CSF oder Eotaxin-3. Infolge kommt es zu einer signifikanten Abnahme der entzündungsbedingten Infiltration der Schleimhäute von Magen, Darm, Speiseröhre oder Atemwegen.

Die Pharmakokinetik von Budesonid richtet sich nach Art und Applikationsform (beispielsweise als Aerosol, Rektalschaum, Nasenspray, Schmelztablette oder magensaftresistente Hartkapsel) des Arzneimittels. Grundsätzlich bindet der Wirkstoff in hohem Maß an Plasmaproteine und wird gut im Gewebe verteilt. Nach oraler Gabe beträgt die systemische Verfügbarkeit etwa 10 Prozent. Budesonid wird hauptsächlich über das Cytochrom-P-450-System metabolisiert. Die durchschnittliche terminale Eliminationshalbwertszeit liegt nach oraler Gabe bei circa 3 bis 4 Stunden, die mittlere Halbwertszeit bei ca. 2.8 h

Anwendungsgebiet/Verwendung

Budesonid ist ein Wirkstoff mit antiphlogistischen, antiallergischen, antiexsudativen und antiödematösen Eigenschaften. Es wirkt vor allem lokal und wird beispielsweise in Form von Nasensprays, Bronchial-Aerosolen, Rektalschäumen oder Schmelztabletten angewandt.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Darreichungsformen mit veränderter Wirkstofffreisetzung zur oralen Anwendung:

Morbus Crohn und kollagene Kolitis bei Erwachsenen (über 18 Jahre): Die empfohlene Tagesdosis ist 1-mal täglich 9 mg Budesonid morgens, etwa eine halbe Stunde vor dem Frühstück. Der volle Effekt wird nach 2 – 4 Wochen erreicht und die Anwendungsdauer beträgt in der Regel 8 Wochen.

Akute mikroskopische Kolitis: Die empfohlene Dosis beträgt einmal täglich 9 mg Budesonid. Die Dauer der Anwendung beträgt im Allgemeinen 8 Wochen.

Autoimmunhepatitis bei Erwachsenen (>18 Jahre): die empfohlene Tagesdosis beträgt 3-mal täglich 3 mg Budesonid. Nach Erreichen der Remission wird eine Tagesdosis von 2-mal täglich 3 mg Budesonid morgens und abends empfohlen. Bei Patienten, die Azathioprin vertragen, sollte Budesonid mit Azathioprin kombiniert werden.

Eosinophile Ösophagitis bei Erwachsenen (über 18 Jahre): Die empfohlene tägliche Dosis beträgt 2 mg Budesonid als eine 1-mg Schmelztablette morgens und abends. Kinder und Jugendliche: Budesonid sollte Kindern unter 12 Jahren aufgrund der geringen Erfahrung und des möglicherweise erhöhten Risikos einer Nebennierensuppression in dieser Altersgruppe nicht gegeben werden. Dosierungsempfehlungen werden nicht gegeben.

Patienten mit Nierenerkrankungen: Da Budesonid nicht über die Nieren ausgeschieden wird, können Patienten mit leichter bis mittelgradiger Nierenfunktionsstörung unter Vorsicht ohne Dosisreduktion behandelt werden. Die Anwendung bei Patienten mit einer schweren Niereninsuffizienz wird nicht empfohlen.

Patienten mit Lebererkrankungen: Vorsicht ist bei Patienten mit leichter bis mäßiger Funktionseinschränkung der Leber geboten. Kontrolle der Leberfunktionswerte.

Absetzen der Behandlung: Die Behandlung mit Budesonid sollte nicht abrupt beendet werden. Am Ende der Behandlung sollte Budesonid mit verlängertem Dosisintervall über einen Zeitraum von bis zu zwei Wochen gegeben werden. Danach kann die Behandlung beendet werden.

Rektale Anwendung: Im Handel sind ein Rektalschaum und eine Rektalsuspension mit demselben Anwendungsgebiet verfügbar. Vor dem Einsatz ist die unterschiedliche Art der Anwendung zu beachten.

Akutbehandlung der Colitis ulcerosa bei Erwachsenen, die auf das Rektum und das Colon sigmoideum beschränkt ist: Über die Rektalsuspension sollte einmal täglich 2 mg Budesonid rektal abends vor dem Zubettgehen eingeführt werden, während über den Rektalschaum einmal täglich 2 mg Budesonid rektal morgens oder abends angewendet werden kann. Die Dauer der Anwendung richtet sich nach dem Krankheitsbild. In der Regel wird die volle Wirkung nach 2 – 4 Wochen erreicht.

Inhalative Anwendung (Pulver zur Inhalation und Druckgasinhalation):

Asthma bronchiale: Grundsätzlich gehört Budesonid zur Langzeitbehandlung des Asthma bronchiale. Bei stabilen Patienten mit leichtem bis mäßigem Asthma kann von der Zweimal-pro-Tag-Dosierung auf eine Einmal-pro-Tag-Dosierung umgestellt werden.

Erwachsene und Kinder/Jugendliche über 12 Jahren: 200 - 400 µg ein- oder zweimal täglich. Die empfohlene Höchstdosis beträgt 800 µg zweimal täglich.

Kinder von 6 – 12 Jahren: 200 µg zweimal oder 200 - 400 µg einmal täglich. Die empfohlene Höchstdosis beträgt 400 µg zweimal täglich. Die einmal tägliche Dosis sollte am Abend inhaliert werden.

Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD):  Erwachsene: 2 × täglich 200 – 400 µg Budesonid pro Tag.

Asthma bronchiale:  Säuglinge ab dem 6. Monat, Kleinkinder sowie Kinder bis zu 12 Jahren: 0,5 – 1 mg Budesonid zweimal täglich. Erwachsene und Jugendliche über 12 Jahre: 1 – 2 mg Budesonid zweimal täglich. Erhaltungsdosis: Die Erhaltungsdosis ist individuell und auf die niedrigste Dosis, die den Patienten noch beschwerdefrei hält, einzustellen.

Pseudokrupp: Bei Kleinkindern und Kindern mit Pseudokrupp beträgt die übliche Dosis 2 mg Budesonid als Suspension und wird entweder als einmalige Dosis oder in zwei 1-mg-Dosen im Abstand von 30 Minuten angewendet. Die Anwendung kann alle 12 Stunden für maximal 36 Stunden oder bis zur klinischen Besserung wiederholt werden.

Nasale Anwendung: Im Handel sind Nasensprays mit 50 µg, 32 µg und 64 µg Budesonid pro Sprühstoß erhältlich. Die entsprechenden Anwendungsgebiete sind zu beachten.

Rhinitis allergica: Erwachsene sowie Kinder ab 6 Jahren: Als Standarddosis wird zweimal täglich 50 µg bzw. 64 µg Budesonid oder einmal täglich 128 µg Budesonid pro Nasenloch empfohlen. Bei Kindern sollte die Behandlung unter Anleitung der Eltern erfolgen.

Nasenpolypen: Erwachsene sowie Kinder ab 6 Jahren: Als Standarddosis wird zweimal täglich 64 µg Budesonid pro Nasenloch oder einmal täglich 128 µg Budesonid pro Nasenloch empfohlen.

Schwangerschaft/Stillzeit

Schwangerschaft: In Tierstudien verursachte Budesonid in hohen Dosen Anomalien in der Entwicklung des Fötus. Die klinische Relevanz für den Menschen ist unklar. Eine Anwendung von Budesonid oral sowie rektal in der Schwangerschaft sollte vermieden werden, es sei denn, es liegen überzeugende Gründe für die Behandlung vor. Es liegen nur wenige Daten zum Ausgang der Schwangerschaft bei Anwendung von oral verabreichtem Budesonid beim Menschen vor, jedoch ist die Bioverfügbarkeit nach oraler Gabe niedrig.

Die Daten zur inhalativen Anwendung von Budesonid bei einer sehr großen Anzahl von exponierten Schwangerschaften ergaben keine Hinweise auf ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko für den Fötus und Neugeborene. Sowohl für Fetus als auch Mutter ist eine adäquate Asthmatherapie während der Schwangerschaft sehr wichtig. Vor der Anwendung von Budesonid während der Schwangerschaft ist jedoch eine Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich. Eine inhalative Anwendung sollte so kurz wie möglich erfolgen, zudem ist die geringste wirksame Dosis an Budesonid einzusetzen. Nasales Budesonid sollte in der Schwangerschaft, vor allem im ersten Trimester, nur nach ärztlicher Anweisung eingesetzt werden.

Stillzeit: Budesonid geht in die Muttermilch über. Eine inhalative Erhaltungstherapie mit Budesonid bei stillenden Frauen mit Asthma führt zu einer vernachlässigbaren systemischen Exposition von gestillten Säuglingen. Die Plasmaproben-Konzentrationen von Budesonid bei Säuglingen lagen jedoch alle unter der Bestimmungsgrenze. Basierend auf Daten zu inhalativem Budesonid und der Tatsache, dass Budesonid innerhalb der therapeutischen Dosisintervalle nach nasaler, inhalativer, oraler und rektaler Verabreichung lineare pharmakokinetische Eigenschaften aufweist, ist eine niedrige Exposition des Säuglings bei therapeutischen Dosen von Budesonid zu erwarten. Die Entscheidung für das Stillen oder Abstillen bzw. über einen Verzicht auf Budesonid muss sorgfältig gegen den Nutzen des Stillens für das Kind und den Nutzen der Therapie für die Mutter abgewogen werden.

Unerwünschte Wirkungen

Die Nebenwirkungen von Budesonid richten sich nach Art und Ort der Applikation. Bei oraler, inhalativer oder nasaler Anwendung kommt es häufig zu lokalen oralen und oropharyngealen Candidosen.

Sehr häufig: Cushing-Syndrom, zum Beispiel mit Vollmondgesicht, Stammfettsucht, verminderter Glukosetoleranz, Diabetes mellitus, Hypertonie, Natriumretention mit Ödembildung, vermehrter Kaliumausscheidung, Inaktivität bzw. Atrophie der Nebennierenrinde, Striae cutis distensae, Steroidakne und Störung der Sexualhormonsekretion wie Amenorrhoe, Hirsutismus und/oder Impotenz. 

Häufig:  Dyspepsie, Erhöhung des Infektionsrisikos, Muskel- und Gelenkschmerzen, Muskelschwäche und –zuckungen, Osteoporose, Kopfschmerzen, Depressionen, Gereiztheit, Euphorie, Petechien, verzögerte Wundheilung, Hautatrophie

Gelegentlich: Ulcus ventriculi, Ulcus dodeni, psychomotorische Hyperaktivität, Angst.

Selten: Glaukom, Katarakt, verschwommenes Sehen, Pankreatitis, Osteonekrose, Aggression, Ekchymosen.

Sehr selten: Wachstumsverzögerung bei Kindern, Obstipation, Pseudotumor cerebri einschließlich Papillenödem bei Jugendlichen, Erhöhung des Thromboserisikos, Vaskulitis (Entzugssyndrom nach Langzeittherapie),Müdigkeit, Unwohlsein.

Wechselwirkungen

Budesonid kann bei gemeinsamer Gabe von Herzglykosiden die Glykosidwirkung durch einen hypokaliämischen Effekt verstärken. Die gleichzeitige Gabe von Saluretika erhöht möglicherweise das Risiko einer erhöhten Kaliumausscheidung.

Bei einer gleichzeitigen Behandlung mit CYP3A-Inhibitoren muss mit einem erhöhten Risiko systemischer Nebenwirkungen gerechnet werden. 

Die gleichzeitige orale Gabe von einmal täglich 200 mg Ketoconazol kann die Plasmakonzentrationen von Budesonid um das 6-fache erhöhen. Bei Einnahme von Ketoconazol etwa 12 Stunden nach der Einnahme von Budesonid wurden erhöhte Konzentrationen um circa das 3-fache beobachtet. Noch erlaubt die Datenlage keine Dosierungsempfehlung. Deshalb wird diese Kombination auch nicht empfohlen.

 Wahrscheinlich können auch andere starke CYP3A4-Inhibitoren wie Ritonavir, Itraconazol, Clarithromycin und Grapefruitsaft die Plasmakonzentration von Budesonid erhöhen. Eine gleichzeitige Anwendung ist deshalb zu vermeiden.

CYP3A4-Induktoren: CYP3A4-Induktoren wie Carbamazepin und Rifampicin können sowohl die systemische als auch die lokale Verfügbarkeit von Budesonid verringern. Mitunter muss die Budesonid-Dosierung angepasst werden.

Steroidbindende Kunstharze: Wechselwirkungen mit steroidbindenden Kunstharzen, wie Colestyramin und mit Antazida können nicht ausgeschlossen werden. Bei gleichzeitiger Einnahme von Budesonid könnte dessen Wirkung abgeschwächt werden. Daher sollten diese Präparate nicht gleichzeitig eingenommen werden. Empfohlen wird ein zeitlicher Abstand von mindestens 2 Stunden.

Östrogene: Bei Frauen, die gleichzeitig Östrogene oder orale Kontrazeptiva eingenommen haben, sind erhöhte Plasmaspiegel und eine verstärkte Wirkung von Glukokortikoiden wie Budesonid möglich.

Kontraindikation

Budesonid darf nicht bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff angewendet werden. Je nach Applikationsform verbietet sich auch die Anwendung bei schwerer Leberfunktionsstörung wie Leberzirrhose.

Masern: Patienten mit einem durch Budesonid beeinträchtigten Immunsystem, die mit Masern in Kontakt gekommen sind, sollten so schnell wie möglich postexpositionell normales Immunglobulin erhalten.

Impfstoffe: Patienten, die dauerhaft Budesonid erhalten, sollten keine Lebendimpfstoffe verabreicht bekommen. Die Antikörperbildung nach Verabreichung anderer Impfstoffe kann verringert sein.

Leberfunktionsstörungen: Bei einer primär biliären Zirrhose (PBC) im Spätstadium (mit Leberzirrhose) sowie bei stark eingeschränkter Leberfunktion ist mit einer erhöhten systemischen Verfügbarkeit von Budesonid zu rechnen. Die Empfehlung einer Behandlung muss sorgfältig abgewogen werden.

Sehstörung: Bei lokaler oder systemischer Anwendung von Glukokortikoiden wie Budesonid können Sehstörungen auftreten. Bei Symptomen wie verschwommenem Sehen oder anderen Sehstörungen sollte der Patient an einen Ophthamologen zur Bewertung möglicher Ursachen weitergeleitet werden. Diese umfassen unter anderem Katarakt, Glaukom oder seltene Erkrankungen, wie die zentrale seröse Chorioretinopathie (CSC), die nach der Anwendung systemischer oder topischer Glukokortikoide auftreten können.

Präparate

  • Aquacort® 50 Mikrogramm Nasenspray
  • Budenobronch® 0,5 mg/2 ml Suspension für einen Vernebler
  • InfectoPharm Arzneimittel u. Consilium GmbH
  • Budenobronch® 1,0 mg/2 ml Suspension für einen Vernebler
  • Budenofalk® 3 mg 2care4 magensaftresistente Hartkapseln
Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 23.02.2021