Kompressionstherapie

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 09.01.2017

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Definition

Physikalische Behandlungsmethode bei Krankheiten der Venen und der Lymphgefäße sowie anderen Ödemerkrankungen. Unterschieden werden eine Entstauungs- und Erhaltungsphase. 

In der Entstauungsphase kommen immer wieder neu anzupassende Verbandssysteme (z.B. Kurzzugbinden mit Polsterung, Mehrkomponenten-Fertigsysteme oder Wrap-Verbände) zum Einsatz. In der Erhaltungsphase haben sich Kompressionsstrumpfversorgungen bewährt. 

Wirkungen

Wirkung am Bein:

  • Erhöhte fibrinolytische Aktivität.
  • Verminderung des Pendelflusses in oberflächlichen Varizen.
  • Verringerung des vermehrten intravasalen Blutvolumens, Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit.
  • Abnahme des extrazellulär-infiltrierten Ödems bzw. Senkung des Gewebedrucks am komprimierten Bein, Erhöhung des Rücktransportes der Gewebeflüssigkeit.
  • Antiinflammatorische Eigenschaften an der Venenwand.
  • Schmerzreduktion.

Merke! Vor Anlegen einer medizinischen Kompressionstherapie soll die arterielle Situation der Fuß- und/ oder Großzehenarterien ünberprüft werden. Der systolische Druck gemessen über der A. tib. anterior, A. tib. posterior und A. dorsalis pedis sollte mindestens 60 mmHg, der Druck an den Großzehenarterien mindestens 30mmHg betragen. CAVE: falsch hohe Werte bei einer Mediasklerose z.B. im Rahmen des Diabetes mellitus! Klinische Zeichen einer kritischen Ischämie wie z.B. Ruheschmerzen oder akrale Ulzerationen sind eine absolute Kontraindikation für eine med. Kompressionstherapie.  

Indikation

Varikose:

  • Varikose primär und sekundär
  • Varizen in der Schwangerschaft
  • Unterstützung der Sklerosierungstherapie
  • nach venenchirurgischen Eingriffen.

Thromboembolie:

  • Thrombophlebitis (superfiziell) sowie Zustand nach abgeheilter Phlebitis
  • tiefe Beinvenenthrombose
  • Zustand nach Thrombose
  • postthrombotisches Syndrom
  • Thromboseprophylaxe bei mobilen Patienten.

Chronische Veneninsuffizienz (CVI):

  • CVI der Stadien I bis III nach Widmer bzw. C1S-C6 nach der CEAP -Klassifikation
  • Ulkusprävention und Ulkustherapie
  • Leitveneninsuffizienz
  • Angiodysplasie.

Ödeme:

  • Lymphödeme
  • Ödeme in der Schwangerschaft
  • posttraumatische Ödeme
  • postoperative Ödeme
  • zyklisch idiopathische Ödeme
  • Lipödeme ab Stadium II
  • Stauungszustände infolge Immobilitäten (arthrogenes Stauungssyndrom, Paresen und Teilparesen der Extremität).

Andere Indikationen:

  • Zustand nach Verbrennungen
  • Narbenbehandlung.

Merke! Ein Kompressionsverband kann einen ödematösen Zustand bessern, ein Kompressionsstrumpf kann einen Zustand halten!

Durchführung

Für die moderne Kompressionstherapie stehen mittlerweile verschiedene Materialien zur Verfügung:

Abzugrenzen davon sind die nicht medizinisch genormten Kompressionsmittel: Reisekompressionsstrümpfe, Sportkompressionsstrümpfe sowie sog. Stützstrümpfe.

 

Merke! Vor Anlegen einer medizinischen Kompressionstherapie soll die arterielle Situation der Fuß- und/ oder Großzehenarterien ünberprüft werden. Der systolische Druck gemessen über der A. tib. anterior, A. tib. posterior und A. dorsalis pedis sollte mindestens 60 mmHg, der Druck an den Großzehenarterien mindestens 30mmHg betragen. CAVE: falsch hohe Werte bei einer Mediasklerose z.B. im Rahmen des Diabetes mellitus! Klinische Zeichen einer kritischen Ischämie wie z.B. Ruheschmerzen oder akrale Ulzerationen sind eine absolute Kontraindikation für eine med. Kompressionstherapie.  

Kontraindikation

Fortgeschrittene AVK, dekompensierte Herzinsuffizienz, septische Phlebitis, Phlegmasia coerulea dolens.

Relative Kontraindikationen sind nässende Dermatosen, Unverträglichkeiten bzw. Allergien auf das verwendete Material, periphere Polyneuropathien, chronische Polyarthritis (rheumatoide Arthritis).

Merke ! Die Möglichkeiten der modernen Kompressionstherapie ermöglichen heute unter Beachtung der individuellen Situation eine Versorgung nahezu aller Patienten mit Ausnahme der ABSOLUTEN Kontraindikationen. Bestehen relative Kontraindikationen ermöglich meist eine entsprechende Materialauswahl (z.B. Flachstrick, Abpolsterung) und Druckreduktion die Durchführung der Kompressionstherapie. Die Indikation sollte hier jedoch immer individuell und von einem in der Kompressionstherapie erfahrenen Behandler gestellt werden. 

Präparate

Kurzzugbinden: Kurzzugbinden haben eine geringe Dehnbarkeit von 40-90%. Sie zeichnen sich durch einen Arbeits- und niedrigen ruhedruck aus. Bei Pütter-Verbänden oder Sigg-Verbänden werden Kurzzugsbinden benutzt. Sie sind  regelmäßig zu kontrollieren und ggfls. neu anzupassen.  

Langzugbinden:  Langzugbinden haben eine hohe Dehnbarkeit von 150-200% und erzeugen einen hohen Ruhe-sowie einen niedrigen Arbeitsdruck. Auf Grund ihrer Elastizität können sie sich den Veränderungen des Extremitätenumfangs  und  –form variabel anpassen. Sie können über mehrere Tage verbleiben.

Unelastische Binden: Sie  bestehen meist aus Zinkleimverbänden,  die seit gut 1 Jahrhundert  verwendet werden. Auf Grund ihrer „Unelastizität“ verfügen sie über einen hohen Arbeitsdruck und einem  geringen Ruhedruck. Sie verbleiben meist mehrere Tage.

Mehrkomponenten-Systeme:  Mehrkomponenten-Systeme werden von versch. Firmen als vorgefertigte Systeme angeboten. Sie bestehen aus 2-4 Komponenten, so aus Polster- Kompressions- und Fixierbinden, einige Systeme sind mit optischen Hilfsmarkierungen versehen, die für die Erzielung eines optimalen Anpressdruck hilfreich sind.

Ulkus-Strumpfsysteme:  Ulkuskompressionsstrümpfe (s.u. /de/gefaessmedizin/ulkuskompressionsstrumpf-22916" title="Ulkuskompressionsstrumpf) sind indiziert für Patienten mit einem Ulcus cruris venosum im Anschluss an die Entstauungspase. Sie werden nach Vermessung der Unterschenkel angepasst. 

Medizinische Kompressionsstrümpfe: sie werden nach RAL-Norm gefertigt, bieten einen von distal nach proximal abnehmenden Anpressdruck. Entsprechend ihres Ruheanpressdrucks im Knöchelbereich werden sie in 4 Klassen geteilt. Sie können nach Maß- oder als Serie gefertigt, in Rund- oder Flachstrickweise hergestellt werden. s. auch /de/gefaessmedizin/kompressionsstrumpf-medizinischer-2159" title="Kompressionsstrumpf medizinischer

Wrap-Verbände: Mit diesen Kompressionsbandagen kann der Druck segmental über mehrere Klettsysteme justieren. Ein Nachjustieren ist jederzeit möglich. /de/gefaessmedizin/wrap-verbande-22918" title="Wrap-Verbände

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Braun S et al. (2003) Therapie des Ulcus cruris venosum. Hautarzt 54: 1059-1064
  2. Dissemond J (2016) Kompressionstherapie als individualisierte Therapie beim Ulcus cruris. Vasomed 28: 24-26
  3. Hechmat-Dehkordi A et al. (2010) Neue, erfolgreiche Therapie beim venösen Ulkus cruris mit der segmental-adaptiven Kompressionsmanschette (SAKM). Akt Dermatol 36: 474-479
  4. Hohlbaum GG (1987) Zur Geschichte der Kompressionstherapie (I). Phlebologie und Proktologie 16: 241-255
  5. Junger M, Sippel K et al. (2003) Kompressionstherapie bei chronischer venöser Insuffizienz 54: 1045-1052
  6. Macdonald JM et al. (2003) Lymphedema, lipedema, and the open wound: the role of compression therapy. Surg Clin North Am 83: 639-658
  7. Wienert V et al. (1996) Leitlinien zum phlebologischen Kompressionsverband (PKV). Phlebologie 65: 207-208
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