Cumarinnekrose Y44.2

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 18.05.2025

This article in english

Synonym(e)

coumarin induced necrosis; Coumarin necrosis; Cumarininduzierte Hautnekrosen; Cumarin-Nekrose; Kumarinnekrose; Warfarinnekrosen; Warfarin-Nekrosen

Definition

Seltene, paradoxerweise durch eine antikoagulative Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten (s.u. Cumarinen) ausgelöste Hyperkoagulabilität mit flächigen, hämorrhagischen Nekrosen. 

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: 0,1%, v.a. bei hereditärem Protein-C-Mangel.

Ätiopathogenese

In der Einleitungsphase einer Phenprocoumontherapie fallen die Protein C-Werte und FVII, bedingt durch kürzere Halbwertszeiten schneller ab als die anderen Faktoren des Prothrombinkomplexes, so dass vorübergehend ein Zustand der Hyperkoagulopathie resultiert. Bei präexistentem PC-Mangel kann es somit v.a. in der Initiierungsphase dieser Therapie zu thrombembolischen Komplikationen oder einer Cumarinnekrose kommen.

Manifestation

V.a. bei Frauen auftretend. Bekannte Risikofaktoren sind: Protein-C-Mangel, Adipositas, nicht adäquate überlappende Gabe von Heparinen, Östrogenmangelzustände.   

Lokalisation

Mammae, Abdomen, Oberschenkel, Gesäß.

Klinik

2-10 Tage nach Therapiebeginn umschriebene, häufig einem Livedo-Muster folgende, sattrote bis blau-rote, zackig begrenzte Flecken; rasche Konfluenz. Es resultieren großflächige, sukkulente, rot-blaue bis blau-schwarze schmerzhafte Läsionen. Ausbildung großflächiger hämorrhagischer Blasen. Innerhalb der nächsten Tage entwickeln sich auf die Läsion begrenzte flächenhafte, tief reichende, schmerzhafte Ulzera.

Labor

Protein-C-Erniedrigung.

Histologie

Fettgewebsnekrosen; im Frühstadium: Nachweis von hyalinen Thromben in den Venolen des Koriums und des subkutanen Fettgewebes; fibrinoide Nekrosen der Gefäßwände, Erythrozytenextravasate.

Komplikation(en)/Assoziierte Erkrankungen

Septische Wundinfektionen mit der Gefahr eines Multiorganversagens.

Externe Therapie

Symptomatische stadiengerechte Lokaltherapie mit Nekrosektomie, granulationsfördernden Wundverbänden (z.B. Varihesive E) und steriler Abdeckung, s.u. Wundbehandlung. Abheilung nach mehreren Wochen unter Bildung tief eingezogener Narben.

Interne Therapie

Prophylaxe und Therapie:

  • Heparinüberlappung (Bridging) zu Beginn der Warfarintherapie
  • Keine hohen Initialdosen
  • Sofortiges Absetzen der Cumarinpräparate bei Auftreten der Nekrose
  • Gegebenenfalls Gabe von Vitamin K, Frischplasma, Protein C-Konzentrat.
  • Umstellen der Cumarinpräparate auf Heparin. Antagonistische Wikrung durch Vit. K (z.B. Konakion-Lösung) 1–5 Trp. bei leichter, 5–10 Trp. bei schwerer Ausprägung in Abhängigkeit von Gerinnungsstatus und Grunderkrankung). Der Effekt der Therapieumstellung ist umstritten. Vermutlich lässt sich der Krankheitsverlauf damit nicht beeinflussen. Bei Beibehaltung der Cumarin-Therapie muss es im Verlauf nicht zu weiteren Nekrosen kommen.

 

Verlauf/Prognose

Krankheitsverlauf durch Absetzen der Therapie nicht beeinflussbar. Abheilung nach mehreren Wochen. Bildung tiefeingezogener Narben.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Goerge Tet al.(2014) Ausgedehnte Coumarinnekrose-eine Vaskulopathie unter oraler Antikoagulation. JDDG 12: 263-264
  2. Greinacher A et al. (2003) Heparininduzierte Thrombozytopenie. Dtsch Ärztebl 100: 2220-2229
  3. Harenberg J et al. (2001) Cutaneous reactions to anticoagulants. Recognition and management. Am J Clin Dermatol 2: 69-75
  4. Jorg I et al. (2002) Anticoagulant-related skin reactions. Expert Opin Drug Saf 1: 287-294
  5. Loop M et al. (2004) Late onset of clinical symptoms and recurrent ecchymotic skin lesions in a 12-year-old girl with a severe double heterozygous protein C deficiency. J Pediatr Hematol Oncol 26: 2-4
  6. Luderschmidt, Schramm C (1990) Cumarinnekrose. Phlebologie 43: 622-623

Verweisende Artikel (2)

Protein C; Purpura fulminans;

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 18.05.2025