Synonym(e)
Arthritis atypische infantile rheumatoide; Arthritis chronische juvenile seronegative; Arthritis chronische systemische juvenile; Arthritis leucocytotica (Bessau); atypische infantile rheumatoide Arthritis; Chauffard-Ramon-Syndrom; Chauffard-Raymond-Syndrom; Chauffard-Still-Syndrom; chronische Arthritis; Dreier-Syndrom; juvenile; Morbus Still; Rheumatoide Arthritis atypische infantile; seronegative; systemische
Definition
Besondere Verlaufsform der primär chronischen Polyarthritis (rheumatoide Arthritis) im Kindesalter mit Lymphadenopathie, re- und intermittierendem Fieber, Karditis, Leber- und Milzvergrößerung, Anämie und rezidivierenden polymorphen Exanthemen.
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Vorkommen/Epidemiologie
Häufigste Erkrankung des rheumatischen Formenkreises im Kindesalter. Inzidenz: 5-20/100.000 Kinder/Jahr; Prävalenz: 30-200/100.000 Kinder.
Ätiopathogenese
Unbekannt. Störungen der Immunregulation sowie virale und bakterielle Infektionen werden diskutiert.
Manifestation
Erkrankungsbeginn im 1.-4. Lebensjahr (Erkrankungsbeginn im Erwachsenenalter ist möglich).
Klinisches Bild
- Arthritis/Polyarthritis: Arthralgien, Arthritiden mit bilateraler Schwellung der Hand-, Knie- und Fußgelenke und Myalgien. Sich langsam über Monate entwickelnde symmetrische Polyarthritis großer und kleiner Gelenke. Bei einem Teil der Patienten erfolgt eine Chronifizierung der Polyarthritis, die zu Funktionseinbußen und Gelenkdestruktionen führt.
- Intermittierende Fieberschübe bis 40°C mit 1-2 Spitzen/Tag, die über Wochen persistieren können. Diagnosegebend ist eine Begleitung dieser Symptome durch 1 oder mehrere der nachfolgenden Kriterien (1-4):
- Flüchtiges, urtikarielles, morbilliformes oder skarlatiniformes Exanthem (hohe Rezidivfreudigkeit) an Extremitäten, Stamm und Gesicht.
- Generalisierte, nicht schmerzhafte Lymphadenopathie (25%)
- Hepatosplenomegalie (10-15%)
- Pleuritis und Perikarditis (7-20%).
- Gefürchtet ist die Myokarditis, die zur Herzinsuffizienz führen kann.
- Augenveränderungen: Iridozyklitis, Hornhautdegeneration, später Katarakt.
Labor
BSG-Beschleunigung; Rheumafaktor: negativ; Erhöhung von α1- und α2-Globulinen in der Serum-Elektrophorese; bei längerem Krankheitsverlauf IgG-Vermehrung; hypochrome Anämie; Leukozytose (Neutrophilie); Thrombozytose.
Diagnose
Röntgenologisch zeigen sich gelenknahe Osteoporosen und periostale Reaktionen als Frühveränderungen. Bei fortgeschrittenen Verläufen Nachweis von randständigen Usuren und Gelenkspaltverschmälerungen. Frühzeitiger Schluss der Epiphysenfugen.
Komplikation(en)
Wachstumsverzögerung. Eine schwere Komplikation der systemischen Form kann eine ausgeprägte Anämie sein. Eine der ernsthaftesten Langzeitkomplikationen ist die sekundäre Amyloidose (etwa 4%), die zur Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Proteinurie führt und eine hohe Letalitätsrate zur Folge hat.
Therapie
Nichtsteroidale Antiphlogistika, evtl. Kortikoide oder Basistherapeutika, entsprechend der primär chronischen Polyarthritis. Physiotherapie.
Verlauf/Prognose
- Schubweiser Verlauf, möglicher Wachstumsstillstand nach Erreichen des Erwachsenenalters.
- Mit schwer wiegenden Krankheitsverläufen assoziierte prognostische Faktoren:
- Manifestation der systemischen Form vor oder bei Erreichen des 6. Lebensmonats
- Weibliches Geschlecht
- Rheumafaktor-Nachweis: positiv
- Persistierende Morgensteifheit
- Tendosynoviitis
- Subkutane Knötchen
- ANCA-Nachweis: positiv
- Frühzeitiger Befall der kleinen Hand- und Fußgelenke
- Plötzlich auftretende Hauterosionen.
Hinweis(e)
Das (infantile) Stiil-Syndrom wird, ebenso wie das adulte Stiil-Syndrom, zu dem erweiterten Kreis der sog. autoinflammatorischen Syndrome gezählt.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

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Verweisende Artikel (13)
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