Rothmund-Thomson-Syndrom Q82.85

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 11.12.2022

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Erstbeschreiber

Die Erstbeschreibung des Syndroms  erfolgte im Jahr 1886 durch den deutschen Augenarzt August von Rothmund. 1936 veröffentlichteder britische Mediziner Matthew Sydney Thomson zwei Krankheitsfälle, die sich später als identisch mit Rothmunds Erstbeschreibung  herausstellten. Die Erkrankung wurde nach beiden Wissenschaftlern als Rothmund-Thomson-Syndrom benannt.

Definition

Im englischsprachigem Schrifttum werden das Rothmund-Syndrom und das Thomson-Syndrom unter diesem Begriff zusammengefasst. S.a.unter Poikilodermie; s.a. unter Genodermatosen, tumorassoziierte

Das Rothmund-Thomson-Syndrom (RTS) ist gekennzeichnet durch poikilodermatische Hautveränderungen mit spärlichen Haaren, Wimpern und/oder Augenbrauen. Weiterhin Skelett- und Zahnanomalien, jugendlicher Katarakt und ein erhöhtes Krebsrisiko, insbesondere das Osteosarkom betreffend. Bei den betroffenen Personen wurde über eine Vielzahl gutartiger und bösartiger hämatologischer Anomalien berichtet.

Die Poikilodermie entwickelt sich typischerweise zwischen dem dritten und sechsten Lebensmonat (gelegentlich erst im Alter von zwei Jahren) mit Erythemen, umschriebenen Schwellungen und Blasenbildung im Gesicht. Später breiten sich diese charakteristischen Hautveränderungen auf Gesäß und Extremitäten aus.

Als Endzustand nach Monaten bis Jahren ist ein charakteristisches Poikilodermie-Muster mit netzartigen Hypo- und Hyperpigmentierungen, Teleangiektasien, fokalen Atrophien.  Hyperkeratotische Läsionen treten bei etwa einem Drittel der Betroffenen auf. Zu den Skelettanomalien zählen Dysplasien des Radius und der Ulna, eine fehlende oder hypoplastische Patella sowie eine Osteopenie.

Vorkommen/Epidemiologie

Das Rothmund-Thomson-Syndrom ist eine sehr seltene Krankheit (<400 Patienten sind weltweit publiziert). Hinsichtlich der Prävalenz liegen keine zuverlässigen Daten vor. Dem autosomal-rezessiven Erbgang entsprechend sind die meisten Fälle von RTS keine Einzelfälle, sondern treten familiär gehäuft, überwiegend in blutsverwandten Familien oder kleinen Gemeinden auf.

Ätiopathogenese

Mutation des Gens RTS, RECQL4, das auf dem Genlokus 8q24.3 kartiert ist, mit konsekutiver Störung der DNA-Helicase RECQL4.

Klinisches Bild

Zu den RASopathien zugehöriges Krankheitsbild mit Poikilodermie der normal intelligenten Patienten,  Skelettfehlbildungen (Säbelscheidentibia, kleine Hände und Füße, hypoplastische Daumen und Zahanomalien), Wachstumsretardierung, Nageldystrophie, Hypotrichosen,  palmare seltener palmo-plantare vorwiegend papulöse Hyperkeratosen (s.a. tumorassoziierte Genodermatosen). Häufig tritt Photosensitivität hinzu mit spinozellulären Karzinomen und Basalzellkarzinomen.  50% der Patienten weisen bereits in der Kindheit eine Kataraktbildung aus. Es liegt ein erhöhtes Risiko für Osteosarkome vor.      

Therapie

Laser: Laser-Behandlung (Argon-, gepulster Farbstoff-Laser) führt zu kosmetischen Verbesserungen bei Teleangiektasien im Gesicht.

Dermabrasio: Durch Schleifungen der Haut werden nur mäßige Erfolge erzielt.

Weiterhin: Blande Hautpflege z.B. mit Asche Basis Creme, Linola Creme, Eucerin cum aq., ggf. mit Harnstoff-haltigen Präparaten.

Lichtschutz: Textiler bzw. chemisch/physikalischer Lichtschutz mit potenten Lichtschutzmitteln (LSF > 30, z.B. Anthelios, Contralum ultra), da Sonnenexposition die Hautveränderungen auf Dauer vermutlich verstärkt.

Hinweis(e)

Die Unterscheidung nach Thomson-Syndrom und Rothmund-Thomson-Syndrom ist heute nicht mehr üblich. Insofern setzt sich der Name  Rothmund-Thomson-Syndrom durch. Dieses Syndrom, wie auch das Baller-Gerold-Syndrom, sowie das RAPADILINO-Syndrom sind mit Mutationen im  RECQL4-Gen assoziiert. Aufgrund der vielfältigen sich überschneidenden Anzeichen und Symptome dieser Syndrome, wird vermutet dass es sich hierbei um ein einziges genotypisch gleichartiges Syndrom mit unterschiedlichen Phänotypen und sich überlappenden Symptomen handelt. 

Literatur
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  1. Baller F (1950) Radiusaplasie und Inzucht. Z. Menschl. Vererb. Konstitutionsl 29: 782-790.
  2. Cohen MM et al. (1996) Is there a Baller-Gerold syndrome? (Editorial) Am. J. Med. Genet. 61: 63-64.
  3. Gerold M (1959)  Frakturheilung bei einem seltenen Fall kongenitaler Anomalie der oberen Gliedmassen. (Healing of a fracture in an unusual case of congenital anomaly of the upper extremities). Zbl. Chir. 84: 831-834.
  4. Kääriäinen H et al. (1989) RAPADILINO syndrome with radial and patellar aplasia/hypoplasia as main manifestations. In: American journal of medical genetics 33: 346–351.
  5. Lu H et al. (2011) Human RecQ Helicases in DNA Double-Strand Break Repair. Front Cell Dev Biol9:640755.
  6. Megarbane A et al. (2000) Overlap between Baller-Gerold and Rothmund-Thomson syndrome. Clin. Dysmorph. 9: 303-305.
  7. Siitonen HA et al. (2003) Molecular defect of RAPADILINO syndrome expands the phenotype spectrum of RECQL diseases. In: Human Molecular Genetics 21: 2837–2844.
  8. Van Maldergem L et al. (2006) Revisiting the craniosynostosis-radial ray hypoplasia association: Baller-Gerold syndrome caused by mutations in the RECQL4 gene. J Med Genet 43: 148-152.
  9. Van Maldergem L et al. (2022) In: Adam MP et al. GeneReviews [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993–2022.

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