Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom D59.1

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 13.12.2023

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Synonym(e)

CAPS; Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom

Definition

Das Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrom (CAPS) ist eine seltene erbliche autoinflammatorische Erkrankung, die klinisch durch kutane (urtikarielle Exantheme) und systemische Entzündungen des Bewegungsapparats (Arthralgien) und des Zentralnervensystems gekennzeichnet ist. Diese Episoden können durch Kälte, Fatigue und andere Stressoren oder auch spontan ausgelöst werden. CAPS tritt in einer weniger schwer verlaufenden Variante als familiäre Kälteurtikaria (familiäres kälteinduziertes autoinflammatorisches Syndrom [FCAS]) auf.

Vorkommen/Epidemiologie

Extrem selten. In Deutschland sind etwa 80 Patienten erkrankt.

Ätiopathogenese

Ursächlich liegt dem Syndrom eine autosomal-dominant vererbte Gain-of-Function-Mutation (GOF-Mutationen) im NLRP3-Gen zugrunde (alias CIAS1-Gen/Cold-induced autoinflammatory syndrome Gen/Genlokus: 1q44/>170 Mutationen sind inzwischen bekannt). Diese „Zugewinn-Mutationen“ führen zu einer abnormalen Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms, denn Cryopyrin ist ein wichtiger Teil des NLRTP3-Inflammasoms. Weiterhin interagiert Cryopyrin mit anderen Komponenten, aktiviert die Caspase-1 und führt zu einer unphysiologisch gesteigerten Freisetzung von IL-1β sowie zu einer Gasdermin-D-abhängigen Pyroptose. Die gesteigerte Freisetzung von Interleukin-1 führt zu chronisch rezidivierenden Fieberschüben. Urtikaria (auch papulöse Exantheme) und Arthralgien. S.a.u. Kälteurtikaria, familiäre.

 

Klinisches Bild

Die Symptome innerhalb von CAPS überschneiden sich klinisch. Patienten können Merkmale von mehr als einer Erkrankung aufweisen. In einer retrospektiven Kohorte von 136 CAPS-Patienten mit systemischer Beteiligung aus 16 Ländern (Levy R et al. 2013) waren die häufigsten klinischen Merkmale Fieber (84 % der Fälle, oft mit gleichzeitigen konstitutionellen Symptomen wie Müdigkeit, Unwohlsein, Stimmungsstörungen oder Gedeihstörung), urtikariellen Exanthemen denen häufig eine neutrophile Dermatitis zugrunde liegt (Gusdorf L et al. 2018) ( 97 % der Fälle), insbesondere nach Kälteeinwirkung, und Beteiligung des Bewegungsapparates (Myalgie, Arthralgie und/oder Arthritis oder seltener Gelenkkontraktur, Patellaüberwucherung, Knochendeformität, Knochenerosion und/oder Osteolyse - 86 % der Fälle). Zu den selteneren Merkmalen gehörten eine ophthalmologische Beteiligung (Konjunktivitis und/oder Uveitis oder seltener Sehnervenatrophie, Katarakt, Glaukom oder Sehstörungen), neurosensorischer Hörverlust und eine neurologische Beteiligung (morgendliche Kopfschmerzen, Papillenödem und/oder Meningitis oder seltener Krampfanfälle, Hydrozephalus oder geistige Behinderung) und AA-Amyloidose (4 % der Fälle).

Therapie

Die meisten Patienten mit CAPS haben einen kontinuierlichen Krankheitsverlauf, eine Bedarfstherapie wird nur bei Patienten mit geringer Erkrankung empfohlen Aktivität. Nach Feststellung der Diagnose erhalten die Patienten entweder eine Bedarfsbehandlung (nur bei geringer Krankheitsaktivität oder saisonaler Erkrankung empfohlen) oder eine kontinuierliche Behandlung.

Die gezielte Blockade von Interleukin-1 durch Anakinra, Canakinumab, Gevokizumab und Rilonacept führt zu einer entscheidenden Besserung der Symptomatik.

Nach 3 Monaten sollten die Patienten auf das Erreichen des Ziels untersucht werden. Zu den Behandlungsentscheidungen gehören die Fortsetzung, Dosisanpassungen, Medikamentenänderungen oder Strategieänderungen. Es werden Überwachungsempfehlungen und -intervalle dargestellt (AIDAI: Autoinflammatory Diseases Activity Index (Piram M et al. 2014); ADDI: Autoinflammatorischer Disease Damage Index zur Beurteilung des Ausmaßes von Organschäden ; PGA und PPGA: Globale Beurteilung durch Arzt und Patient anhand einer visuellen Analogskala.

Hinweis(e)

In den letzten Jahren wurden zwei weitere Phänotypen von hereditären NLRP3-Mutationen beschrieben, die autosomal-dominante Taubheit 34 (DFN34) und die Keratitis fugax hereditaria (KFH), die ausschließlich durch eine Cochlea- bzw. vordere Augen-beschränkte Autoinflammation gekennzeichnet sind. Die Ursache dieser Organbegrenzungen ist unklar. Mit diesen Phänotypen erweitert sich das klinische und genetische Spektrum NLRP3-assoziierter autoinflammatorischer Erkrankungen.

Literatur
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  1. Booshehri LM et al. (2019) CAPS and NLRP3. J Clin Immunol 39:277-286.
  2. Cordero MD et al. (2018) Gain of function mutation and inflammasome driven diseases in human and mouse models. J Autoimmun  91:13-22.
  3. Gusdorf L et al. (2018) Neutrophilic urticarial dermatosis: A review. Ann Dermatol Venereol 145:735-740.
  4. Levy R et al. (2015) Phenotypic and genotypic characteristics of cryopyrin-associated periodic syndrome: a series of 136 patients from the Eurofever Registry". Annals of the Rheumatic Diseases 74: 2043–2049.
  5. Moltrasio C et al. ( 2022) NLRP3 inflammasome and NLRP3-related autoinflammatory diseases: From cryopyrin function to targeted therapies. Front Immunol 13:1007705.
  6. Piram M et al. (2014) Validation of the auto-inflammatory diseases activity index (AIDAI) for hereditary recurrent fever syndromes. Ann Rheum Dis 73:2168–2173.
  7. Romano M et al. (2022) The 2021 EULAR/American College of Rheumatology points to consider for diagnosis, management and monitoring of the interleukin-1 mediated autoinflammatory diseases: cryopyrin-associated periodic syndromes, tumour necrosis factor receptor-associated periodic syndrome, mevalonate kinase deficiency, and deficiency of the interleukin-1 receptor antagonist. Ann Rheum Dis 81:907-921.

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