EHEC Infektionsschutz und Hygienemaßnahmen

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 12.09.2022

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Allgemeine Information

Präventive Maßnahmen zur Vermeidung von EHEC-Infektionen:

Vermeidung durch Tierkontakt: Besonderes Augenmerk sollte auf Maßnahmen zur gelegt werden. Für Streichelzoos oder Bauernhöfe mit Publikumsverkehr gelten spezielle Empfehlungen (Epid. Bull. 1/2005). Der wesentliche Aspekt hierbei ist die enge Supervision von Kindern; Finger sollten nach Tier- oder Bodenkontakt nicht in den Mund gesteckt, sondern gründlich mit warmem Wasser und Seife gereinigt werden. Speisen und Getränke sollten nur außerhalb der Tierkontaktzonen eingenommen werden.

Vermeidung von Mensch-zu-Mensch-Übertragungen:  Weitere Präventionsmaßnahmen betreffen die Vermeidung von Mensch-zu-Mensch-Übertragungen  und den sicheren Umgang mit Lebensmitteln.

Hinweise für den Umgang mit Lebensmittel: Rohe Lebensmittel tierischer Herkunft und andere leicht verderbliche Lebensmittel (z.B. Fleisch, Mettwurst, Wurstaufschnitt, Milch und Milcherzeugnisse, Feinkostsalate) sollten stets bei Kühlschranktemperatur gelagert werden.  Bei der Zubereitung von Lebensmitteln (insbesondere Fleisch) sollte beachtet werden, dass die Speisen gut durchgegart sind (Kerntemperatur mindestens 70°C für 10 min). Zudem sollten Fleisch und andere rohe Lebensmittel zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen möglichst nicht zeitgleich mit anderen, unmittelbar zum Verzehr bestimmten Lebensmitteln, auf keinen Fall jedoch unter Verwendung derselben Arbeitsgeräte und Arbeitsflächen zubereitet werden, solange letztere nicht vor Weiterverwendung gründlich gereinigt wurden. Die Hände sollten zwischenzeitlich ebenfalls gewaschen werden.

Milch sollte nicht in rohem Zustand, sondern nur nach Wärmebehandlung verzehrt werden. Die Abgabe von Rohmilch, Rohrahm oder nicht ausreichend erhitzter Milch an Verbraucher ist in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung rechtlich untersagt. Deren Verarbeitung (z.B. zu Milcherzeugnissen) ist in diesen Einrichtungen zwar rechtlich zulässig, aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes wird jedoch davon abgeraten. Insbesondere Kinder und ältere Menschen sollten Lebensmittel tierischer Herkunft grundsätzlich nur durchgegart oder nach Anwendung eines anderen Bakterien abtötenden Verfahrens zu sich nehmen. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass sich auch Schwangere und immunsupprimierte Personen daran halten sollen. Auf den Genuss von Lebensmitteln tierischer Herkunft, die weder bei der Herstellung noch vor dem Verzehr erhitzt oder einem anderen Bakterien abtötenden Verfahren unterzogen werden können, z.B. frische Mettwurst oder Rohmilchkäse, sollten diese Personen (auch wegen der Möglichkeit anderer bakterieller Kontaminanten) verzichten. Wenn nicht bekannt ist, ob es sich im konkreten Fall um ein Rohfleischerzeugnis bzw. um ein Rohmilchprodukt handelt, sollten entsprechende Informationen eingeholt werden.

Vermeidung der Weiterverbreitung – Maßnahmen für Patienten, Ausscheider und Kontaktpersonen

In Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens: Maßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung von EHEC beruhen neben der Beachtung der Lebensmittelhygiene (s. hierzu die entsprechenden Hinweise des Bundesinstituts für Risikobewertung) auf vier Säulen:

  1. strikte Einhaltung der Händehygiene und weiterer Maßnahmen der Standardhygiene,
  2. Isolierung der Patienten,
  3. regelmäßige Desinfektion aller Handkontaktflächen und des Sanitärbereiches,
  4. hygienischer Umgang mit kontaminierter Wäsche.

(s.a. Hinweise unter www.rki.de, Rubrik Infektionsschutz, Stichwort Krankenhaushygiene, Unterverzeichnis Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene).

Im Haushalt: Die Erreger werden mit dem Stuhl und ggf. auch mit dem Urin ausgeschieden und können bereits in geringer Anzahl zu einer Erkrankung führen. Zur Vermeidung von Sekundärinfektionen ist die strenge Einhaltung von Hygienemaßnahmen erforderlich. Dies bedeutet, dass insbesondere in Küche und Sanitärbereich äußerste Reinlichkeit geboten ist. Außer durch die direkte Aufnahme von verunreinigten Speisen können die Bakterien auch über die Hand oder verunreinigte Küchenutensilien übertragen werden. Dies ist besonders bedeutsam, wenn die so kontaminierten Speisen anschließend nicht erhitzt werden. Aufmerksamkeit gebührt auch dem Umgang mit entsprechend verunreinigter Bett- und Unterwäsche.

Das Risiko kann daher vermindert werden, wenn Hände und Küchenzubehör vor der Zubereitung von Speisen, insbesondere solchen, die anschließend nicht gekocht werden, gründlich mit Wasser und Seife gewaschen und sorgfältig abgetrocknet werden. (Die Empfehlungen des BfR finden sich unter: www.bfr.bund.de > A–Z Index > EHEC.) Mit Stuhl oder Erbrochenem kontaminierte Gegenstände, Kleidungsstücke oder Flächen sollten umgehend gewaschen oder gereinigt werden; bei Kontakten damit sollten die im Haushalt üblichen Schutzhandschuhe getragen werden.

Die Wäsche sollte bei Temperaturen über 60 °C mit einem Vollwaschmittel  gewaschen werden. Darüber hinaus sollte die frühzeitige räumliche Trennung der erkrankten Person von den Haushaltskontakten erwogen werden. Da die Übertragung von Indexpersonen auf Kontaktpersonen häufig sehr früh im Erkrankungsverlauf stattfindet, ist diese Maßnahme umso wirkungsvoller, je frühzeitiger sie erfolgt.

Übertragungen von gastroenteritischen Infektionen im Haushalt betreffen häufig (Geschwister) Kinder. Da sie zudem das höchste Risiko zur Ausbildung eines HUS tragen, sollte der primäre Fokus der Maßnahmen zur Vermeidung der Weiterverbreitung im Haushalt auf Kinder ausgerichtet sein. Hierbei spielt insbesondere die Zeitnähe der Maßnahmen eine wichtige Rolle.

In Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen inkl. Säuglings­heimen und Kindergärten: Gemäß § 34 www.rki.de, Rubrik Infektionsschutz, Stichwort Krankenhaushygiene, Unterverzeichnis Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygienedürfen Personen, die an EHEC erkrankt oder dessen verdächtig sind, in Gemeinschaftseinrichtungen keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bzw. als in Gemeinschaftseinrichtungen Betreute die Gemeinschaftseinrichtung nicht betreten. Dies gilt auch für Haushaltsmitglieder von EHEC-Erkrankten und für Ausscheider von EHEC.

Gemäß § 34 Abs. 7 kann die für die Gemeinschaftseinrichtung zuständige Behörde im Einvernehmen mit dem Gesundheitsamt Ausnahmen von diesem Verbot zulassen, wenn Maßnahmen durchgeführt werden oder wurden, mit denen eine Übertragung der Erkrankung verhütet werden kann.

Dabei soll berücksichtigt werden, dass nur stx2-positive EHEC-Stämme mit dem Risiko einer HUS-Entwicklung assoziiert sind. Personen, die mit einem nachweislich stx2-negativen, also nicht-HUS-assoziierten EHEC-Stamm infiziert sind oder waren, können in der Regel 48 Stunden nach klinischer Genesung ohne Stuhlkontrollen wieder zur Gemeinschaftseinrichtung zugelassen werden. Personen mit Nachweis eines stx2-positiven, also HUS-assoziierten EHEC oder Nachweis eines EHEC ohne stx-Gendifferenzierung, sollen dagegen erst nach zweimalig negativen Stuhlkontrollen wieder zugelassen werden. Entsprechendes gilt für Ausscheider und Kontaktpersonen. Für weitere Informationen siehe die Empfehlungen des RKI für die Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 34 IfSG.

Die Einschränkung der Tätigkeit bzw. des Besuchs der Gemeinschaftseinrichtung gilt, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit nicht mehr zu befürchten ist. Das ärztliche Urteil kann das Urteil des behandelnden Arztes oder eines Arztes des zuständigen Gesundheitsamtes sein. Das ärztliche Urteil kann mündlich erfolgen. § 34 IfSG fordert keine schriftliche Bescheinigung über das ärztliche Urteil, dennoch kann diese zur Absicherung aller Beteiligten zweckmäßig sein.

In Lebensmittel­betrieben und Einrichtungen zur Gemeinschafts­verpflegung:  Gemäß § 42 IfSG dürfen Personen, die an einer infektiösen Gastroenteritis erkrankt oder dessen verdächtig sind, sowie Personen, die EHEC ausscheiden, beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen bestimmter, in § 42 Abs. 2 aufgelisteten Lebensmittel nicht tätig sein oder beschäftigt werden, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen. Dies gilt auch für Beschäftigte in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung.

Hinweis auf EU-Verordnung 852/2004 über Lebensmittelhygiene: Gemäß Anhang 2 Kapitel VIII ("Persönliche Hygiene") Nr. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004, die allgemeine Lebensmittelhygienevorschriften für Lebensmittelunternehmer enthält, ist Personen, die an einer Krankheit leiden, die durch Lebensmittel übertragen werden kann, oder Träger einer solchen Krankheit sind, sowie Personen mit beispielsweise infizierten Wunden, Hautinfektionen oder –verletzungen oder Diarrhö der Umgang mit Lebensmitteln und das Betreten von Bereichen, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, generell verboten, wenn die Möglichkeit einer direkten oder indirekten Kontamination besteht.

Maßnahmen bei Ausbrüchen: Bei EHEC-Ausbrüchen ist eine schnelle Identifizierung und Eliminierung der Infektionsquelle erforderlich. Bei Verdachts-, Krankheits- oder Todesfällen muss daher das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich informiert werden und auf schnellstem Weg die Meldung erfolgen. Wenn der Verdacht auf eine Infektion durch bestimmte Lebensmittel oder Tiere besteht, sollte das Gesundheitsamt die zuständige Lebensmittelbehörde und das zuständige Veterinäramt unverzüglich informieren. Umgekehrt ist es erforderlich, dass Veterinär- und Lebensmittelbehörde auch das Gesundheitsamt unverzüglich informieren, wenn sie Kenntnis von Erkrankungen bei Menschen erhalten, die im Zusammenhang mit Lebensmittelverzehr oder Tierkontakt stehen bzw. wenn Befunde aus Lebensmittel- oder Tieruntersuchungen vorliegen, die Erkrankungen beim Menschen befürchten lassen.

Gesetzliche Grundlage: Meldepflicht gemäß IfSG: Dem Gesundheitsamt wird gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an enteropathischem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) sowie gemäß § 7 Abs. 1 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis von EHEC, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet. Des Weiteren ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 IfSG der Verdacht auf und die Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis meldepflichtig, wenn die betroffene Person Umgang mit Lebensmitteln hat oder in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung (z.B. Küchen, Gaststätten) beschäftigt ist (siehe Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen), oder wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.

Die Meldungen müssen dem Gesundheitsamt spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis vorliegen. In § 8 IfSG werden die zur Meldung verpflichteten Personen benannt (s.u. https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__8.html).

Benachrichtigungspflicht gemäß IfSG

  • Leiterinnen und Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen haben gemäß § 34 Abs. 6 IfSG das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich zu benachrichtigen wenn in ihrer Einrichtung betreute oder betreuende Personen an EHEC-Enteritis erkrankt oder dessen verdächtig sind,
  • wenn in ihrer Einrichtung betreute oder betreuende Personen EHEC ausscheiden oder
  • wenn in den Wohngemeinschaften der in ihrer Einrichtung betreuten oder betreuenden Personen nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung an oder ein Verdacht auf EHEC-Enteritis aufgetreten ist.

Übermittlung: Das Gesundheitsamt übermittelt gemäß § 11 Abs. 1 IfSG an die zuständige Landesbehörde nur Erkrankungs- oder Todesfälle und Erregernachweise, die der Falldefinition gemäß § 11 Abs. 2 IfSG entsprechen.

Hinweis(e)

Bezüglich Fragen zu Infektionsschutz und –prävention: zuständiges Gesundheitsamt (https://tools.rki.de/plztool/).

Beratung zur Epidemiologie: Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Fachgebiet 35 - Gastroenterologische Infektionen, Zoonosen und tropische Infektionen, Seestraße 10, 13353 Berlin, Tel.: 030 18754 3432

Beratung zur Spezialdiagnostik: Nationales Referenzzentrum für Salmonellen und andere bakterielle Enteritiserreger, Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionskrankheiten, Fachgebiet 11 - Bakterielle darmpathogene Erreger und Legionellen. Burgstraße 37, 38855 Wernigerode. Tel.: 030 18754 4522 / -4206

Weitere Beratung zur Spezialdiagnostik: Konsiliarlaboratorium für Hämolytisch-Urämisches Syndrom (HUS). Institut für Hygiene am Universitätsklinikum Münster Robert-Koch-Str. 41, 48149 Münster. Tel.: 0251 83 55361

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Robert Koch-Institut: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2018. Robert Koch-Institut, Berlin, 2018
  2. Robert Koch-Institut (2004): Risikofaktoren für sporadische STEC(EHEC)-Erkrankungen. Ergebnisse einer bundesweiten Fall-Kontroll-Studie. Epid Bull  50:433–436
  3. Robert Koch-Institut (2005): Risikofaktoren für sporadische STEC-Erkrankungen: Empfehlungen für die Prävention. Epid Bull 1:1–3
  4. Tarr PI et al. (2005) Shiga-toxin-producing Escherichia coli and haemolytic uraemic syndrome. Lancet 365:1073-1086

Verweisende Artikel (1)

EHEC;

Weiterführende Artikel (2)

EHEC; Infektionsschutzgesetz;
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