Deucravacitinib

Zuletzt aktualisiert am: 15.10.2023

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Synonym(e)

L04AA56

Definition

Deucravacitinib ist ein selektiver Tyrosinkinase-2 (TYK2)-Inhibitor, der JAK-STAT-Signalwege unterbricht, die an proinflammatorischen Reaktionen beteiligt sind. Durch die spezifische Hemmung von TYK2 kann Deucravacitinib entzündliche Prozesse lindern. Deucravacitinib ist zur Behandlung der Psoriasis zugelassen.

Die Tyrosine Kinase 2 spielt sowohl eine strukturelle als auch eine katalytische Rolle bei der Signalisierung zahlreicher Interleukine und Interferone (IFN-alpha/beta). Sie assoziiert mit heterodimeren Zytokinrezeptorkomplexen und aktiviert Mitglieder der STAT-Familie wie STAT1, STAT3, STAT4 oder STAT6. Die heterodimeren Zytokinrezeptorkomplexe bestehen aus (1) einer TYK2-assoziierten Rezeptorkette (IFNAR1, IL12RB1, IL10RB oder IL13RA1) und (2) einer zweiten Rezeptorkette, die entweder mit JAK1 oder JAK2 verbunden ist. Als Reaktion auf die Bindung von Zytokinen an Rezeptoren werden die Rezeptoren (IFNAR1, IL12RB1, IL10RB oder IL13RA1) phosphoryliert und aktiviert, wodurch Andockstellen für STAT-Mitglieder entstehen . Die rekrutierten STATs werden ihrerseits von TYK2 (oder JAK1/JAK2 an der zweiten Rezeptorkette) phosphoryliert, bilden Homo- und Heterodimere, wandern in den Zellkern und regulieren auf Zytokine/Wachstumsfaktoren reagierende Gene. TYK2 reguliert die Aktivität von STAT3 negativ, indem es die Phosphorylierung an einem spezifischen Tyrosin fördert, das sich von der für die Signalgebung verwendeten Stelle unterscheidet.

Eine genetisch bedingte TYK2-Hemmung ist mit einem geringeren Risiko für eine Vielzahl von Autoimmunkrankheiten verbunden. Die Assoziationen mit Hypothyreose und Psoriasis wurden in der MR-Analyse der gewebespezifischen TYK2-Genexpression bestätigt, und die Assoziationen mit systemischem Lupus erythematodes, Psoriasis und rheumatoider Arthritis wurden in der Kolokalisationsanalyse beobachtet. Es gibt nominelle Assoziationen zwischen einer genetisch bedingten TYK2-Hemmung und einem erhöhten Risiko für Prostata- und Brustkrebs, jedoch nicht in gewebespezifischen MR-Expressions- oder Kolokalisationsanalysen.

Die Wirksamkeit von TYK2-Inhibitoren bei Plaque-Psoriasis wurde durch zahlreiche RCTs bestätigt (Yuan S et al. 2023). Fünfzehn Studien berichteten über Daten zur Wirksamkeit der Behandlung mit TYK2-Inhibitoren bei versch. Zielkrankheiten. Bei der Plaque-Psoriasis fanden alle Studien (n = 7) eine Verbesserung der Krankheitsaktivität, gemessen anhand des Psoriasis Area and Severity Index, in den Interventionsgruppen mit unterschiedlichen Dosierungen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Ebenso verbesserte sich die Krankheitsaktivität in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis (n = 2), Alopecia areata (n = 2), atopischer Dermatitis (n = 1) oder aktiver nichtsegmentaler Vitiligo (n = 1), obwohl nur wenige Studien zu diesen Krankheiten durchgeführt wurden.

TYK2-Inhibitoren verbesserten bestimmte klinische Messwerte für den Schweregrad der Colitis ulcerosa, wie z. B. die Verbesserung des modifizierten endoskopischen Mayo-Scores und des Mayo-Sub-Scores für rektale Blutungen in der Interventionsgruppe; es gab jedoch keine eindeutigen Hinweise auf eine Wirkung auf die klinische Remission.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Deucravacitinib ist ein oraler, selektiver, allosterischer Tyrosinkinase 2 (TYK2)-Inhibitor. TYK2-Inhibitoren stellen eine neue Klasse kleiner Moleküle mit einem einzigartigen Wirkmechanismus dar. TYK2 ist eine intrazelluläre Kinase und vermittelt die Signalübertragung von Interleukin-23 (IL23) und anderen Zytokinen, die an der Psoriasis-Pathogenese beteiligt sind. Deucravacitinib bindet hochselektiv an TYK2 und hemmt dadurch die Signalübertragung von IL23, IL12 und Typ-1-Interferonen (IFN) sowie deren nachgeschaltete Funktionen. Dadurch werden inflammatorische Prozesse bei Plaque-Psoriasis kontrolliert.

Pharmakokinetik

Resorption: Nach oraler Einnahme von Deucravacitinib stiegen die Plasmakonzentrationen (Cmax) und die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC) proportional über einen Dosisbereich von 3 mg bis 36 mg bei gesunden Probanden. Die absolute orale Bioverfügbarkeit betrug 99% und die mediane Zeitspanne bis zur maximalen Konzentration (Tmax) lag zwischen zwei bis drei Stunden. Eine Mahlzeit mit hohem Fett- und Kaloriengehalt verringerte Cmax und AUC von Deucravacitinib um 24% bzw. 11% und verlängerte Tmax um eine Stunde, dies hatte jedoch klinisch signifikante Auswirkungen auf die Absorption und Exposition des Medikaments.

Verteilung: Das Verteilungsvolumen von Deucravacitinib im Steady-State beträgt 140 L. Die Bindung von Deucravacitinib an Proteine liegt zwischen 82 und 90%, und das Verhältnis der Konzentration im Blut zu Plasma beträgt 1,26.

Metabolismus: Deucravacitinib wird hauptsächlich durch N-Demethylierung mittels Cytochrom P-450 (CYP) 1A2 zu seinem Hauptmetaboliten BMT-153261 metabolisiert, der eine vergleichbare pharmakologische Aktivität zum Ausgangsstoff aufweist. Deucravacitinib wird auch durch CYP2B6, CYP2D6, Carboxylesterase (CES) 2 und Uridin Glucuronyltransferase (UGT) 1A9 metabolisiert.

Elimination: Nach einer Einzeldosis von radioaktiv markiertem Deucravacitinib wurden etwa 13% der Dosis unverändert im Urin und etwa 26% in den Fäkalien wiedergefunden. Die terminale Halbwertszeit von Deucravacitinib betrug 10 Stunden. Die renale Clearance von Deucravacitinib variierte zwischen 27 und 54 mL/min.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Deucravacitinib (Sotyktu®) ist der der erste TYK2-Inhibitor aus der Wirkstoffgruppe der Januskinase-Inhibitoren. Er wird oral angewendet und ist zur Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis, die für eine systemische Therapie infrage kommen zugelassen.

Schwangerschaft/Stillzeit

Die Anwendung von Deucravacitinib bei Schwangeren wurde bisher nur in begrenztem Umfang untersucht. Obwohl Tierversuche keine Anzeichen für negative Auswirkungen zeigten, sollte Deucravacitinib aus Sicherheitsgründen während der Schwangerschaft nicht verwendet werden.

Stillzeit: Es ist nicht bekannt, ob Deucravacitinib oder seine Stoffwechselprodukte in die Muttermilch übergehen. Tierversuche weisen jedoch darauf hin, dass dies möglich ist. Daher kann ein Risiko für gestillte Säuglinge nicht ausgeschlossen werden. Bevor eine Entscheidung über das Fortsetzen des Stillens oder der Behandlung mit Deucravacitinib getroffen wird, sollte das Wohl des Kindes und der Nutzen der Therapie für die Mutter sorgfältig abgewogen werden.

Dosierung und Art der Anwendung

Die empfohlene (Orale) Dosis beträgt 6 mg Deucravacitinib einmal täglich. Falls nach 24 Wochen keine Besserung erkennbar ist, sollte eine Beendigung der Behandlung in Betracht gezogen werden.

Für ältere Patienten ab 65 Jahren oder Patienten mit Nierenfunktionsstörungen, einschließlich dialysepflichtiger Patienten ist keine Dosisanpassung nötig.

Bei Patienten über 75 Jahren ist jedoch Vorsicht geboten, da die klinische Erfahrung begrenzt ist.

Bei leichter oder mittelschwerer Leberfunktionsstörung ist keine Dosisanpassung notwendig, während die Anwendung bei schwerer Leberfunktionsstörung nicht empfohlen wird.

Unerwünschte Wirkungen

Potenzielle unerwünschte Wirkungen von TYK2-Inhibitoren: Die häufigsten Beschwerden bei Personen, die mit TYK2-Inhibitoren behandelt werden, sind Kopfschmerzen, Infektionen der oberen Atemwege (18,9 %), am häufigsten Nasopharyngitis. Weiterhin Übelkeit, Durchfall und erhöhte Kreatinin- und Leberenzymwerte im Blut. Zwei RCTs berichteten über Karzinombildungen (Prostata- und Mammakarzinom) als mögliche unerwünschte Wirkung von TYK2-Inhibitoren (Yuan S et al. 2023).

Wechselwirkungen

Deucravacitinib beeinflusst die Plasmaexposition von Rosuvastatin, Methotrexat, Mycophenolat-Mofetil oder oralen Kontrazeptiva nicht wesentlich.

Ebenso konnten keine signifikanten Auswirkungen auf die Deucravacitinib-Plasmaexposition festgestellt werden, wenn Medikamente , die CYP-Enzyme oder -Transporter hemmen oder induzieren, wie Ciclosporin, Fluvoxamin, Ritonavir, Diflunisal, Pyrimethamin, Famotidin oder Rabeprazol, gleichzeitig angewendet wurden.

Kontraindikation

Deucravacitinib darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile sowie bei klinisch bedeutsamen aktiven Infektionen wie z. B. aktiver Tuberkulose.

Präparate

Deucravacitinib (Sotyktu®); 

Zugelassen ist Deucravacitinib seit dem 24.03.2023 zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis bei Erwachsenen, die für eine systemische Therapie infrage kommen. Wichtige Grundlage der Zulassung sind die Ergebnisse der Phase-III-Studien POETYK PSO-1 und POETYK PSO-2. In den Studien zeigte die einmal tägliche Gabe von Deucravacitinib im Vergleich zu Placebo und der zweimal täglichen Gabe von Apremilast eine überlegene Wirksamkeit nach 16 sowie nach 24 Wochen, mit einem anhaltenden Ansprechen über 52 Wochen (Lé AM et al. 2022; Estevinho T et al. 2023).

Hinweis(e)

Deucravacitinib kann das Infektionsrisiko erhöhen. Die Behandlung sollte erst begonnen werden, wenn aktive Infektionen abgeklungen oder angemessen behandelt sind.In klinischen Studien wurden bösartige Erkrankungen wie Lymphome und Hautkrebs bei Patienten unter Deucravacitinib beobachtet. Es ist unklar, ob dies mit der Hemmung von Tyrosinkinase 2 (TYK2) zusammenhängt. Der Zusammenhang zwischen Deucravacitinib und Karzinomrisiko ist noch unklar. Langzeituntersuchungen zur Sicherheit laufen. Es ist weiterhin unklar, ob TYK2-Hemmung mit Nebenwirkungen wie schweren kardiovaskulären Ereignissen, tiefer Venenthrombose und Lungenembolie in Verbindung steht. In klinischen Studien wurde kein erhöhtes Risiko festgestellt, aber Langzeituntersuchungen laufen.

Literatur
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  1. Estevinho T et al. (2023) Deucravacitinib in the treatment of psoriasis. J Dermatolog Treat 34:2154122.
  2. Lé AM et al. (2022) Deucravacitinib for the Treatment of Psoriatic Disease. Am J Clin Dermatol 23:813-822.
  3. Müller M et al. (1993) The protein tyrosine kinase JAK1 complements defects in interferon-alpha/beta and -gamma signal transduction. Nature 366:129-135
  4. Rani MR et al. (1999) Catalytically active TYK2 is essential for interferon-beta-mediated phosphorylation of STAT3 and interferon-alpha receptor-1 (IFNAR-1) but not for activation of phosphoinositol 3-kinase. J Biol Chem 274:32507-32511
  5. Yuan S et al. (2023) Mendelian randomization and clinical trial evidence supports TYK2 inhibition as a therapeutic target for autoimmune diseases. EBioMedicine 89:104488.
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Zuletzt aktualisiert am: 15.10.2023