Defensine

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 26.06.2025

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Definition

Ubiquitäre antimikrobielle Peptide mit Funktion als "endogene Antibiotika". Vorkommen in allen tierischen Organismen und Pflanzen.

Defensine gehören ebenso wie Cathelicidine zu den antimikrobiellen Peptiden, die eine wesentliche Rolle bei der angeborenen Immunität spielen.

Beim Menschen sind bisher 10 Defensine beschrieben worden. Beta-Defensin-2 (HBD-2) und das humane Beta-Defensin-3 (HBD-3) sind in der Haut gebildete Defensine, die eine breite Wirksamkeit gegenüber Bakterien und Hefen aufweisen. Die Peptide werden nur "bei Bedarf" produziert.

Allgemeine Information

Defensine bestehen aus 33-47 Aminosäuren und haben 3 intramolekulare Disulfidbrücken.

Die Expression von Defensinen erfolgt über NOD-Rezeptoren.

Zahreiches Vorkommen auf Haut- und Schleimhautoberflächen von Säugetieren.

Granulae neutrophiler Granulozyten bestehen bis zu 30% aus Defensinen.

Die körpereigene Produktion von Defensinen steigt bei Entzündungsreaktionen an.

Vermuteter Wirkungsmechanismus: Defensine haben sehr viele kationische und hydrophobe Aminosäurereste. Die positiven Ladungen reagieren mit negativ geladenen Phospholipid-Gruppen der externen Bakterienzellmembran. Ein sog. elektrostatischer "Peptid-Teppich" wird durch diese Anziehungskräfte induziert, dieser führt zur Porenbildung in der Membran von Bakterien und schließlich zu deren Zerstörung.

Pathophysiologie

Die gesunde Haut verfügt über ein vielfältiges Mikrobiom und ein starkes Immunsystem zur Abwehr von Infektionen. Hierbei spielen die Defensine eine wesentliche Rolle. Sie aktivieren Orphan G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (Mrgpra2a/b) auf neutrophilen Granulozyten. Dieser Defensin-Mrgpra2-Signalweg ist ein wichtiger Signalweg zwischen Epithelzellen und Neutrophilen. Er spielt eine große Rolle für die Immunität der Haut und die Homöostase des Hautmikrobioms (Dong X et al. 2022).

Die Mrgpr-Familie der GPCRs ist inzwischen als wichtiger Regulator der angeborenen Immunfunktionen akzeptiert (Arifuzzaman et al. 2019). Tierexperimentell zeigen die Mrgpra2a- und a2b-Proteine eine hochspezifische Expression in Neutrophilen von Mäusen und waren für ihre antibakteriellen Funktionen von entscheidender Bedeutung. Es ist jedoch anuzunehmen , dass neben Neutrophilen auch andere Immunzellen zur Defensin-vermittelten Immunität beitragen und dass neben Mrgpra2 noch weitere Defensin-Rezeptoren der Neutrophile bedeutsam sind (Tseng PY et al. 2022). Neutrophile sind in der naiven Haut kaum  vertreten, werden jedoch nach Infektionen oder nicht-mikrobiellen neutrophilen Entzündungen unmittelbar und schnell aus dem Blutkreislauf rekrutiert (Arifuzzaman et al. 2019).

Diese Erkenntniss hat auch Auswirkungen auf die Pathologie von Hautkrankheiten (z.B. Psoriasis). Untersuchungen der Hautmikrobiota haben wichtige Erkenntnisse über die Funktionen der kommensalen Mikrobiota während der Entwicklung des Immunsystems des Wirts und über die kausalen Zusammenhänge zwischen Dysbiose und entzündlichen Hauterkrankungen geliefert (Dong X et al. 2022). Allerdings sind die Wirtsfaktoren, die die Mikroumgebung für die Mikrobiota bestimmen, noch weitgehend unklar. Es ist u.a. bekannt, dass physikalische und chemische Eigenschaften der Hautoberfläche wie Feuchtigkeit und Säuregehalt einen tiefgreifenden Einfluss auf die Zusammensetzung des Mikrobioms haben (Grice et al. 2011). Der Einfluss des Immunsystems des Wirts, dessen primäre Funktion in der Interaktion mit der mikrobiellen Welt besteht, ist jedoch noch weitgehend unbekannt. Defekte in der Defensinproduktion und der Neutrophilenrekrutierung wurden mit Hauterkrankungen in Verbindung gebracht, die mit einer schweren Dysbiose des Mikrobioms einhergehen (Chiang et al. 2019).

Durch tierexperimentelle Untersuchungen kann dargestellt werden, dass es einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen der genetischen Deletion des Defensin-Mrgpra2-Signalwegs und Hautdysbiose gibt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass normale Haut eine Grundimmunaktivität aufrechterhält und die Zusammensetzung des Mikrobioms auf der Hautoberfläche stark beeinflusst (Dong X et al. 2022; Matsumoto et al. 2021). Die Wechselwirkung zwischen Epithel und Neutrophilen über AMPs und deren GPCRs ist ein wichtiger Bestandteil dieser grundlegenden Immunaktivität. Wie genau dieses System ein ausgewogenes Mikrobiom aufrechterhält, das die Besiedlung durch kommensale Bakterien ermöglicht und gleichzeitig die Ausbreitung pathogener Bakterien einschränkt, ist derzeit noch nicht geklärt.

Literatur
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  1. Arifuzzaman M et al. (2019) MRGPR-mediated activation of local mast cells clears cutaneous bacterial infection and protects against reinfection. Sci Adv 5:eaav0216.
  2. Chiang CC et al. (2019) Neutrophils in psoriasis. Front Immunol. 10:2376
  3. Dong X et al. (2022) Keratinocyte-derived defensins activate neutrophil-specific receptors Mrgpra2a/b to prevent skin dysbiosis and bacterial infection. Immunity 55:1645-1662.e7.
  4. Gerdol M et al. (2020).Functional insights From the evolutionary diversification of big defensins. Front Immunol 11:758
  5. Grice EA et al. (2011) The skin microbiome. Nat Rev Microbiol 9:244-253
  6. Kabashima K et al. (2019) The immunological anatomy of the skin. Nat Rev Immunol 19:19-30
  7. Matsumoto M et al. (2021).Interaction between Staphylococcus Agr virulence and neutrophils regulates pathogen expansion in the skin. Cell Host Microbe 29:930-940.
  8. Rieg S et al. (2006) Generation of multiple stable dermcidin-derived antimicrobial peptides in sweat of different body sites. J Invest Dermatol. 126: 354-365
  9. Tseng PY et al. (2022) Specific β-defensins stimulate pruritus through activation of sensory neurons J. Invest Dermatol 142:594-602.
  10. Wehkamp J et al. (2007) Defensins and cathelicidins in gastrointestinal infections. Curr Opin Gastroenterol 23: 32-38
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Zuletzt aktualisiert am: 26.06.2025