Synonym(e)
Definition
Zweithäufigste Form der Urtikaria, die nach körperlichen, seelischen oder thermischen Belastungen bei offenbar erhöhter Acetylcholin-Empfindlichkeit auftritt. Diese Urtikariaform ist nicht selten mit anderen Urtikariaarten oder auch Nahrungsmittelallergien kombiniert.
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Lokalisation
Klinisches Bild
Nach einer relevanten körperlichen, mit Schwitzen verbundenen Anstrengung, aber auch nach heißem Duschen oder Baden, seltener nach emotionalen Stresszuständen, kommt es am Rumpf (Prädilektionstelle) und an den Extremitäten zu einem disseminierten, urtikariellen, juckenden Exanthem.
Im Gegensatz zu anderen Formen der Urtikaria zeigen sich kleinherdige, eher spitzkegelig als flache, kaum 0,1-0,2 cm große, follikulär gebundene Quaddeln. Diese sind meist von einem Reflexerythem umgeben, können aber auch einen abgeblassten Halo aufweisen. Die Patienten geben meist einen kräftigen Juckreiz an.
Diagnose
S.u. Physikalische Urtikaria.
Als Provokationsteste kommen heiße Halbkörpervollbäder (40-41 °C für 10-20 Min.), doppelseitige Armbäder (40-44 °C für 20-25 Min.), Treppensteigen und heißer Tee bis zum Schwitzen infrage. Klinisch und labortechnisch sind Nahrungsmittelallergien abzuklären.
Therapie allgemein
Prophylaxe ist zugleich Therapie! Meidung emotionaler Stresssituationen und starker körperlicher Belastung. Keine schweißtreibenden Nahrungsmittel bzw. Genussmittel wie z.B. Alkohol, Kaffee, Tee.
Die Refraktärphase (Erschöpfungsphase der Mastzellen) kann zur Induktion einer Toleranz genutzt werden, d.h. die Pat. können angeleitet werden, sich regelmäßig Reizen auszusetzen, die keine schwere Symptomatik hervorrufen. Leichte körperliche Arbeit im Sinne eines Hardenings. Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten ist sinnvoll. S.a. Urtikaria, physikalische.
Externe Therapie
Symptomatisch mit juckreizstillender Lotio alba aquosa ggf. mit Zusatz von 2-5% Polidocanol R200 oder 1% Menthol-Lösung.
Alternativ:Glukokortikoid-haltige Cremes oder Lotionen wie 0,5-2% Hydrocortison-Creme oder Lotion R123 R120 .
Antihistaminika-haltige Gele (z.B. Fenistil, Tavegil, Soventol) helfen häufig wenig.
Bestrahlungstherapie
Interne Therapie
Erfolge mit Desloratadin (z. B. Aerius) 5-10 mg/Tag p. o., Cetirizin (z. B. Zyrtec) 10 mg/Tag p.o. oder Levocetirizin (z. B. Xusal) 10 mg/Tag p. o. sind beschrieben. Ggf. müssen die Antihistaminika aus therapeutischen Gründen "überdosiert" werden (z. B. Cetirizin 20 mg/Tag p.o.).
Bei sedierenden Antihistaminika ist das Mittel der 1. Wahl Hydroxyzin (z. B. Atarax 1-3 Tbl./Tag p. o.). Alternativ: Dimetinden (z. B. Fenistil 2mal/Tag 1 Drg. p. o.) oder Clemastin (z. B. Tavegil 2mal/Tag 1 Tbl. p. o.).
Durchschnittlich gute Wirkung auf Juckreiz und Quaddelbildung erzielt der Mastzellstabilisator Ketotifen (z. B. Zaditen) initial 1 mg/Tag über 3-4 Tage, danach auf 2mal/Tag 1 mg und später auf 2mal/Tag 2 mg p. o. steigern.
Auch Danazol (z. B. Danadrol [über die internationale Apotheke erhältlich]) wird erfolgreich eingesetzt, 100-600 mg/Tag p. o., später 100-300 mg/Tag p. o., erhaltend oder kontinuierlich. Unter 200 mg/Tag kommt es zur kompletten Rückbildung des Juckreizes.
Alternativ können parasympatholytisch wirksame Medikamente wie Secalealkaloide (z. B. Dihydroergotamin 2mal/Tag 2,5 mg p. o.) versucht werden.
Alternativ oder zusätzlich Benzodiazepine wie Oxazepam (z. B. Adumbran) 25-50 mg/Tag.
Alternativ bei Versagen sämtlicher Theapieversuche ist ein Versuch mit dem Anti-IgE-Antikörper Omalizumab (Xolair; 300 mg/14 Tage s. c.) erwägenswert.
Verlauf/Prognose
Die durchschnittliche Dauer der cholinergen Urtikaria beträgt 7,5 Jahre. Verläufe über mehrere Jahrzehnte wurden beschrieben.
Hinweis(e)
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

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Verweisende Artikel (19)
Anaphylaktischer Schock; Anstrengungsurtikaria; Anstrengungsurtikaria; Cholinergische Urtikaria; Hydrocortison-Creme 0,5–2,0% (W/O); Hydrocortison-Emulsion hydrophile 0,5–1%; Kuhmilchallergie; Menthol-Lösung 1%; Omalizumab; Polidocanol-Zinkoxidschüttelmixtur 3/5 oder 10% (NRF 11.66.) [weiß/hautfarben]; ... Alle anzeigenWeiterführende Artikel (29)
Anaphylaktischer Schock; Antihistaminika, systemische; Benzodiazepine; Cetirizin; Clemastin; Creme; Danazol; Desloratadin; Dimetinden; Glukortikosteroide topische; ... Alle anzeigenDisclaimer
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